Bücher, die von Herzen kommen, vorgestellt von Kronberger Bürgern

Sie stellten ihre Herzensbücher vor und hatten ihren Spaß, v.l.n.r.: Kristin Harbers, stellvertretende Vorsitzende des Freundeskreis Stadtbücherei Kronberg, Landrat Ulrich Krebs, AKS-Schüler Max Sinn, Uwe Johannsmann, Brigitta Hermann, Organisatorin der Texte und Töne zur Teezeit, Ann Kathrin Linsenhoff, stellvertretende UNICEF Vorsitzende Deutschland, AKS-Schülerin Lina Beck und Inge Freise, Geschichtenerzählerin und guter Burggeist.

Foto: Sura

Kronberg (aks) – Zum Welttag des Buchs am 23. April, der von der UNESCO 1995 zum weltweiten Feiertag für das Lesen, für Bücher und die Rechte der Autoren deklariert wurde, feierte die Stadtbücherei ein Lesefest mit „einem bunten Abend mit vielen bunten Büchern“, wie es die neue Leiterin der Stadtbücherei Monika Wystrach nannte. Bestens unterstützt von ihrem Team mit Daniela Barbu und Dorothe Starke führte sie launig und gut vorbereitet durch den Abend. Auch die Vorsitzende des Freundeskreis der Stadtbücherei, Mirja Haake, sowie ihre Stellvertreterin, Kristin Harbers, die an diesem Abend selbst ihr Herzensbuch vorstellen durfte, glauben fest daran, dass die Liebe zum Buch Menschen verbindet. Der Abend mit dem Motto „Herzensbücher“ gab ihnen recht – wieder einmal! Eine gute Idee, dass Kronberger Bürger ihre „Herzensbücher“ vorstellen, die gut ankommt: Bücher, die von Herzen kommen und zu Herzen gehen sollen. Dabei ist der Reigen so schillernd wie die Vorleser selbst. So einfach das klingt, Bücher als wirklich gute Unterhaltung in den Mittelpunkt zu stellen, so komplex und aufwendig ist die Organisation, die auch dieses Jahr dank des Engagements vieler mit einem vollen Lesesaal honoriert wurde. Es ging nicht nur um klassische Literatur, sondern auch um Fantasy, Krimis und spannende Romane.

Bürgermeister Klaus Temmen begrüßte die zahlreichen Gäste in der Hainstraße 5 mit seinem Bekenntnis, „ich lese auch“, und fügte schmunzelnd hinzu „meinen Begrüßungstext!“ Von acht Kronbergern sind dieses Mal zwei Teenager dabei, alle beide Schüler der Altkönig-Schule. Max Sinn, Schüler der 5. Klasse, liebt die Fantasy-Romane von Kuromori. Er liest aus „Schwert des Schicksals“, das er selbst in zwei Tagen verschlungen hat und wo es um die Rettung der Menschheit in neun Tagen geht. Die 13-jährige Lina Beck, die unter anerkennendem Applaus eine Passage aus Cornelia Funkes „Tintenherz“ vorträgt, ist hoch konzentriert und doch ist die Einführung in diesen Bestseller mit seinen Helden nicht so einfach. Bevor es allzu kompliziert wird, siegt ihre Unbeschwertheit: „Ich fang einfach mal an“. Die beiden scheinen gar kein Lampenfieber zu kennen, so forsch und ausgesprochen talentiert übernehmen sie ihre Rolle als Vorleser. Sie scheinen die Aufmerksamkeit zu genießen, auch wenn Mitschüler nicht den Weg in die Bücherei gefunden zu haben scheinen. Zwei „Promis“ sind an diesem Abend mit von der Partie, die sich als Buch-Leser „outen“: Landrat Ulrich Krebs, der statt eines Herzensbuchs ein „Verstandesbuch“, wie er es nennt, mitgebracht hat: einen Krimi von Volker Kutscher, Autor der erfolgreichen TV-Serie „Berlin Babylon“, mit dem Titel „Der stumme Tod“. Was den CDU-Politiker an diesem Ausschnitt begeistert, ist, neben einer mords-spannenden Handlung in einer Villa am Wannsee, die Endphase der Weimarer Republik. Zum Schluss wird die beliebte Ex-Dressurreiterin und stellvertretende Vorsitzende von UNICEF Deutschland Ann Kathrin Linsenhoff sehnsüchtig erwartet, die trotz ihrer Heiserkeit aus Paulo Coelhos „Der Alchimist“ vorliest. Man spürt, dass ihr Herzensbuch ihr eine echte Herzensangelegenheit ist und sie leidenschaftlich gern den Anwesenden einige sinnvolle Weisheiten mit auf den Weg geben will. Sie ist überzeugt, „wenn wir alle etwas tun, geht es jedem etwas besser“ und so definiert sie ein Herzensbuch als ein Buch, das in die Handtasche gehört: „Wenn’s mal blöd ist, kann man es rausnehmen“. Im „Alchimist“ geht es um eine Schatzsuche, die sich als die Suche nach dem Glück entpuppt. Ihre Interpretation der Geschichte: „Man darf nie vergessen, was um einen herum ist, wenn man die Schönheit der Welt sehen möchte.“ Als Sportlerin habe sie gelernt, nach Stürzen immer wieder aufzustehen, es sei wichtig, an etwas zu glauben und seinen persönlichen Lebensweg zu gehen. Auch alle anderen Gäste haben schöne Geschichten aus ihren Herzensbüchern mitgebracht. Kristin Harbers, die stellvertretende Vorsitzende des Förderkreises der Stadtbücherei, ist begeistert von der inzwischen 90-jährigen englischen Schriftstellerin Jane Gardam. Das Buch „Weit weg von Verona“ erzählt von einer 13-Jährigen, einer „Schnell-Leserin mit großen Augen“, die in den 40er-Jahren in einem Badeort in England lebt und die im Lesesaal ihre Heimat findet, wo sie im Schnelldurchlauf alphabetisch die englische klassische Literatur erfassen will. Bei Thomas Hardy bleibt sie hängen, der sie mit seiner Behauptung, Glück finde nicht statt, weil es das nie tue, verunsichert. Inge Freise, die vielen in Kronberg durch ihr Engagement auf der Burg bekannt ist, stellt ihren Lieblingsautor Saint Exupéry vor, allerdings nicht mit seinem weltberühmten Werk „Der kleine Prinz“, sondern mit einem Text aus „Wind, Sand und Sterne“, der nach einer Bruchlandung 1935 in der Wüste Nordafrikas eine Begegnung mit sich selbst erlebt. Auch Brigitta Hermann ist in der Burgstadt keine Unbekannte, vielfältig sind ihre früheren und heutigen PR-Engagements. Seit 2015 steht die leidenschaftliche Chorsängerin für die Organisation und künstlerische Leitung der beliebten Veranstaltung „Texte und Töne zur Teezeit“ auf der Burg Kronberg. Dass sie ausgebildete Sprecherin ist, merkt man sofort. Es ist sehr unterhaltsam, ihrer Lektüre aus Lucinda Rileys „Die Sturmschwestern“ zu lauschen. Sie bekommt viel Applaus mit der hoch spannenden Reise durch Gegenwart und Vergangenheit von Alkione und ihren sechs Schwestern, die der verstorbene Stiefvater „Plejaden“, Siebengestirn, nannte. Uwe Johannsmann stammt hörbar aus Hamburg. Das Buch von Dörte Hansen „Altes Land“ hat es ihm angetan wegen des Lokalkolorits des alten Lands, wo die Protagonistin als Flüchtling nach dem Zweiten Weltkrieg als „Polackenkind“ auf einem Bauernhof in Ostpreußen landet und dort nicht gern gesehen ist. „Wie viele kommen noch?“, lautet die bittere Frage der Alteingesessenen. 60 Jahre später steht ihre Nichte Anne vor der Tür. Johannsmann ist ein exzellenter Vermittler dieser Flucht, die in Hamburg Blankenese endet. Sein Kapitel über „die Flüchtlinge“ ist gut gewählt und erstaunlich aktuell. Der fast dreistündige Leseabend vergeht wie im Flug, so spannend sind die vielen Herzensbücher, die von jungen und alten Lesefüchsen vorgestellt werden. Der Lesestoff sorgte bei allen für viel Plauderstoff und so ging der Abend in der Stadtbücherei gesprächig und gesellig zu Ende – mit vielen Büchern, die auf Herzensleser warten.



X