Casals Forum ist Wirklichkeit und begeistert mit Architektur, Akustik und als Ausbildungsstätte

Empfang der Bürgerinnen und Bürger im Crespo-Foyer mit Einblick in den kurz zuvor offiziell feierlich eröffneten Konzertsaal, das Casals Forum. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Vor zweieinhalb Jahren hat die Kronberg Academy beschlossen, am 22. September 2022 das Casals Forum zu eröffnen. Der große Moment war vergangenen Freitag mit der Pressekonferenz am Mittag fast auf den Tag genau gekommen. Während das Chamber Orchestra of Europe in dem 550 Plätze großen Konzertsaal probte, herrschte im Foyer geschäftiges Treiben. An manchen Stellen im Foyer wurden bereits die Stehtische für den feierlichen Empfang der Bau- und Stiftungsförderer am Nachmittag positioniert, an anderer Stelle noch die letzten Muschelkalkplatten im Boden verankert, Wände gestrichen, im Treppenaufgang die letzten mundgeblasenen Glasröhren mit Lichtern bestückt – eine von Vogelschwärmen inspirierte Lichtinstallation des niederländischen Kollektivs Studio Dirft.

360 Grad um den organisch geformten Saalkörper zieht sich das Foyer, bietet Blickachsen nach innen und nach außen. Trotz Staub und vieler noch unfertiger Details, wie bei einem anschließenden Rundgang unschwer zu übersehen war, wurden Anmut und Schönheit des Casals Forums bereits sichtbar und spürbar. „Es ist nicht alles fertig geworden, das haben Sie sicherlich schon bemerkt“, so leitete Raimund Trenkler, Bauherr, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Kronberg Academy Stiftung, die Pressekonferenz denn auch ein. Und doch gleiche es einem Wunder, heute hier zu sitzen und das Casals Forum eröffnen zu dürfen. „Etwas Großartiges ist entstanden, ein Gemeinschaftswerk“, sagte er, in einem Prozess, der von der Idee bis heute zehn Jahre in Anspruch genommen habe. Trenkler machte die Freude deutlich, dass es ihm gelungen ist, seine Vision tatsächlich in die Wirklichkeit transformiert zu haben – mit der Schaffung eines Quartiers, in dem Musik entsteht. Dass der Weg dahin kein einfacher war, Trenkler und sein Team ihn jedoch beharrlich und mit viel Überzeugungskraft erfolgreich bis zu diesem Tag beschritten haben, wurde in den Beiträgen des Architekten Volker Staab und des Akustikers Martijn Vercammen deutlich, die offen darüber „plauderten“, wie viele Nerven die Zusammenarbeit gekostet hatte. Es sei ein „herausfordernder Prozess“ gewesen, gab Trenkler zu, der ihn viele schlaflose Nächte gekostet habe, aber heute fühle er sich mit allen verbunden, die mit am Tisch sitzen. Dazu gehörten auch die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn, sowie Martin Eifler, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien. Fakt war, dass sich die Zusammenarbeit von Architekt und Akustiker, verbunden mit den Ansprüchen der Kronberg Academy, die sich entschieden hatte, beim Konzertsaal keine Kompromisse eingehen zu wollen, zunächst als schwierig erwies. Dem Architekten schwebte ein Weinbergsaal vor, wie man ihn aus der Philharmonie von Hans Scharoun in Berlin kennt. Der Akustiker sah den idealen Klang am besten in einer rechteckigen Saalform verwirklicht. Als Vercammen ihm dann auch noch kleine, runde, barocke Balkone in seine Pläne hineingezeichnet habe, habe er die Nase voll gehabt, verriet Staab. „Doch bekanntlich erzeugt Reibung ja Energie, die wir letztendlich positiv eingesetzt haben.“ Schließlich habe jeder die Expertise des anderen anerkannt. So konnte ein Saal entstehen, dessen geschwungene Wände das Ergebnis des Spannungsfeldes zwischen den akustischen Anforderungen und den Gestaltungsvorstellungen sind. Im Ringen um die Synthese wurde ein Konzertsaal geschaffen, der in seiner freien und kompakten Form einzigartig ist und auch die vom Architekten gewünschte intime und konzentrierte Atmosphäre eines Kammermusiksaals bereithält. Staab: „Im Grunde verlangte es von unserer Seite ein recht fundiertes Verständnis für die akustischen Phänomene, die in einem Konzertsaal walten. Erst dann konnten wir mit den Anforderungen kreativ umgehen. Vor allem als uns klar wurde, dass konvexe Flächen für die Streuung des Klanges wünschenswert sind, fanden wir eine Lösung, wie wir den Rechtecksaal und den Weinbergsaal vermählen konnten.“

Martin Eifler verwies auf das Alleinstellungsmerkmal des Casals Forums, als Bau und in seiner Intension „ziemlich einzigartig“, wobei ihm die Vorstellungskraft für das komplexe Ganze beim ersten Spatenstich noch gefehlt habe. Wohl sei der Kammermusiksaal die „Krone“, aber das Studienzentrum mit Musikern aus aller Welt sei mit Sicherheit das „Herzstück“ des Ensembles. Und genau diese Entwicklung eines Quartiers, in dem Musik entsteht, sei der Ansatz, warum sich der Bund hier ausnahmsweise beteiligt habe und das mit über 26 Millionen Euro, betonte er.

Zuvor hatte bereits Ministerin Angela Dorn ihrer Begeisterung über das Ergebnis Ausdruck verliehen. Neben dem gesamten Team sei es zu großen Teilen Trenklers Persönlichkeit, seiner Begeisterungsfähigkeit, aber auch seiner Hartnäckigkeit zu verdanken, dass aus seiner Idee Wirklichkeit geworden ist. Sie sprach von einem „architektonischen Meisterwerk mit sehr viel Weitblick“. Die Gesellschaft dürfe sich freuen, mit etwas Einzigartigem in jeder Hinsicht – bezogen auf das Klangerlebnis, die Optik, die Technik und Nachhaltigkeit, einem ihrer Kenntnis nach „ersten CO2-neutralen Konzertsaal“ – beschenkt zu werden. Gerade in den aktuell schwierigen Zeiten sei diese Art von Arbeit im Sinne des Vermächtnisses von Pablo Casals, der wie Trenkler schon erinnert hatte, ein Kämpfer für den Frieden war.

Etwas Großes für alle, einen Ort für ein Miteinander zu schaffen, mache Mut und Hoffnung, und gerade in der Kunst brauche es eine solche Möglichkeit, wie sie hier mit Vision und Beharrlichkeit geschaffen worden sei, um sich zu entfalten.

„Ideen gibt es genug“

„Ganz entspannt bin ich natürlich erst, wenn alles fertig ist“, gab Trenkler im Rahmen der Pressekonferenz zu, der sich an diesem Tag auf das nicht-öffentliche Eröffnungskonzert für die Spender und die Einweihung der Skulpturen im Außenbereich freuen durfte. „Es sind unfassbare 25 Millionen Euro nur aus bürgerschaftlichem, internationalem Engagement zusammengekommen“, betonte er. Der gesamte Bau von Konzertsaal und Studienzentrum kostet rund 60 Millionen Euro. Es werde noch einige Monate dauern, bis das Dach und alle anderen kleineren Baustellen fertiggestellt seien, vor allem jedoch auch die Baumängel behoben wären.

Ideen für Konzerte und Nutzung des Saals, Gespräche und Anfragen gebe es schon reichlich, doch Trenkler machte klar, dass man sich hier mit der Projektierung noch Zeit lassen wolle. Schließlich sei das Ziel, einen „Werkraum der Musik“ zu schaffen, „keine kleine Elbphilharmonie“. Etwa 80 Konzerte im Jahr wären denkbar, jedoch kein permanenter, wöchentlicher Konzertbetrieb.

Das erste Musikerlebnis zum Auftakt des Wochenendes und der kommenden Musiktage mit insgesamt 27 Konzerten folgte auf dem Beethovenplatz zur feierlichen Enthüllung der Skulptur „C-Dur“ unter Anwesenheit des Künstlers Tony Cragg. Der Komponist Jüri Reinvere hatte sich von der Bronzeskulptur in der abstrakten Form von schwingenden Seiten inspirieren lassen. Diese neue Komposition wurde durch Valeriy Sokolov (Violine) und Ivan Karizna (Violoncello) an diesem Tag für die geladenen Gäste uraufgeführt. Für den britischen Künstler Cragg bietet die Skulptur die Ausdrucksform seiner Wahl, um die Bedeutung von Raum und Zeit in immer neuen Ausformungen zu gestalten; dieses Mal als Bindeglied von bildender Kunst und Musik. Um die musikalische Komposition wirklich zu verstehen, müsse er sie sich noch mehrmals anhören, sagte der Künstler, von der Presse dazu befragt, wie ihm diese denn gefallen habe. Bei der Begrüßung der Gäste auf dem Beethovenplatz hatte Cragg durchblicken lassen, dass er, wie so viele zuvor, Trenklers Begeisterungsfähigkeit erlegen sei. Nur deswegen wurden an diesem sonnigen Nachmittag von ihm zwei Skulpturen enthüllt statt nur einer. Die zweite trägt den Namen „Timbre“ und begrüßt die Besucherinnen und Besucher als gelungenes Bindeglied zwischen Victoriapark und dem Casals Forum.

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