Chancen für die bunten Öko-Dienstleister – Helferteams für Erhalt der Obstbäume gesucht

Kronberg (hmz) – Die „Gemeine Plumpschrecke“, das „Sumpfhornklee-Widderchen“, die „Gehörnte Mauerbiene“, das „Schachbrett“ oder das „Landkärtchen“ – die Rede ist von bunten und anmutigen Öko-Dienstleistern wie Schmetterlingen, Bienen, Schwebfliegen, Käfern und anderen Insekten, deren Lebensräume zunehmend bedroht sind. Monokulturen, Pestizide und andere Giftstoffe, Versiegelung der Böden und fehlende Blumenwiesen – all das macht ihnen den Garaus. Seit langer Zeit ist ein massives Insektensterben im Gange. Und wenn diese sterben, leiden auch andere Arten. Die wunderschönen Fotos, die Klaus Dühr in seinem Vortrag „Streuobstwiesenpflege ist auch Artenschutz“ im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) zeigte, führten einmal mehr vor Augen, dass genau diese vor dem wachsenden Problem nicht verschlossen werden dürfen. „Dort, wo es ausgewiesene Schutzflächen gibt oder naturnahe Spielplätze, kehren seltene Arten wieder zurück. Diese Bereiche sollten mehr und mehr in Siedlungsräumen etabliert werden“, so Dühr, der sich selbst als ein „Naturgucker“ bezeichnet. Seit elf Jahren dokumentiert er mit seiner Kamera auf seinen Streifzügen durch die Gemarkungen die Gewinner und Verlierer der Klimakrise. Kronberg sieht er auf dem richtigen Weg. Wobei die Stadt Kronberg mit dem Amt für Umwelt und Naturschutz und seiner Dezernentin, Yvonne Richter, in Dührs Meinung „vorbildlicher Spitzenreiter“ in Sachen Artenschutz und Biodiversität sei.

Trachtlücke geschlossen

Gemeinsam für Schmetterlinge, Bienen, Käfer & Co – seit dem Jahr 2022 ist auch der OGV Mitglied im Kronberger Insektenbündnis, das neue Lebensräume, Nahrungsflächen und Nistmöglichkeiten für verschiedene Insektenarten entwickelt und optimiert. „Unser Verein praktiziert diese Anforderungen schon seit etlichen Jahren auf unseren Streuobstwiesen“, so der zweite Vorsitzende des Vereins, Peter Hickl. Unter der Leitung von Heiko Fischer, dem Ehrenvorsitzenden des OGV, wurde im vergangenen Jahr ein Sandarium angelegt, eine Fläche aus grobkörnigem Natursand für erdnistende Wildbienen und andere Hautflügler. 70 Prozent der Wildbienen nisten nämlich in der Erde. Zudem wurde auf der Erlebnis- und Jubiläumswiese jeweils ein Bienenbaum gepflanzt. Sie dienen als Nektarquelle für Bienen von Ende August bis Ende September. Dort schließt sich dann eine sogenannte Trachtlücke an, die dann blüht, wenn andere Bienennährgehölze bereits verblüht sind. Die Obstwiesen des OGV müssen das gesamte Jahr über gepflegt, die Bäume gewässert werden. Bislang hat Heiko Fischer den Hauptanteil dieser so wichtigen Arbeiten rund um die Baumpflege geleistet und die Rede ist hier von rund 120 Hochstämmen. Diese Verantwortung möchte er endlich in jüngere Hände legen. Der OGV ist jetzt auf der Suche nach Helferteams in den eigenen Reihen und auch außerhalb, um auch der nächsten Generation den Fortbestand dieser wertvollen Kulturlandschaft zu sichern.

Heiko Fischer hat sein Amt vor einem Jahr niedergelegt und seitdem hat der OGV keinen ersten Vorsitzenden mehr. Bislang in der Doppelspitze mit Heiko Fischer sieht sich Peter Hickl per se nicht in der Lage, „beides zusammen auch künftig zu leisten“. Auch wenn jetzt versucht würde, die Aufgaben neu zu strukturieren und zu verteilen. „Das kann keine Lösung für die Zukunft sein. Kaum jemand will noch Vereinschef werden. Das kann langfristig dazu führen, dass wir uns Gedanken über den Fortbestand des Vereins machen müssen“, so Hickl. Ihm sei bewusst, dass die Vereinsführung eine zeitintensive und keine leichte Aufgabe sei, aber er sieht genügend Potenzial im Verein, um das leisten zu können.

Derzeit gehören dem Vorstand Roland Mausolf, Gilles Vibert, Matthias Villnow (drei Beisitzer), Thomas Hirsch (Kassierer) und Wanda Kurz (Schriftführerin) an. Im laufenden Jahr wird Martin Kurtz, der zum neuen Kassenprüfer gewählt wurde, die Bücher des inzwischen 298 Mitglieder zählenden Vereins prüfen. Nach der einstimmig beschlossenen Satzungsänderung gibt es künftig eine Vertretungsregelung für den Fall, dass auch Peter Hickel die Amtsgeschäfte nicht mehr weiterführen kann. Heiko Fischer war für den Verein, wie er selbst sagt, „die Lokomotive“, und das 47 Jahre lang, davon 36 Jahre im Vorstand. Wer das „Lebenswerk“ des international anerkannten „Speierlings Papst“ kennenlernen möchte, sollte sich auf den Kronberger Obstwiesen umtun. Im Jahr 2000 entstand die Idee zur Anlage einer Streuobstwiese, der heutigen Erlebnisobstwiese mit dem Lehrpfad. Zuletzt wurde anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Vereins im Jahr 2008 die Jubiläumsobstwiese eingeweiht. Inzwischen dürften über 1.000 Teilnehmende in Baumschnittkursen die richtige Technik kennen gelernt haben, Fischers Devise: „Einmal ist keinmal, dreimal ist besser“, die so viel besagt wie: üben, üben, üben. Er ist Pomologe und hat sich nach seiner Pensionierung zum geprüften Baumwart für Obstgehölze ausbilden lassen.

So ganz wird er „seinen Bäumen“ nicht den Rücken kehren, dafür ist er viel zu tief mit ihnen verwurzelt. Bereits im letzten Jahr wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt, die nachgeholte Ehrung erfolgte bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung.

Hanspeter Borsch, ein unermüdlicher Streiter für den Erhalt der historischen „einzigartigen Kulturlandschaft“, wie er sagt, „will auch in Zukunft keine Ruhe geben und sich so lange er kann für sie einsetzen“. Er wurde aufgrund seiner besonderen Verdienste für den Verein zum Ehrenmitglied ernannt. Er hat einige Beiträge zur Jubiläums-Festschrift geleistet und die Chronik des Vereins seit der Gründung im Jahr 1883 lückenlos aufgearbeitet. Zum 200. Todestag von Johann Ludwig Christ im Jahr 2013 hat er gemeinsam mit dem OGV eine Gedenkfeier organisiert und vieles mehr.

Für ihre 25-jährige Mitgliedschaft wurden Wolfgang Haas, Rainer Zirn, Thomas Heierman, Wolfgang Biermann, Adolf Borsch, Helmuth Botschek und Bodo Rotter geehrt, wobei nicht alle anwesend waren.

Das Erbe Pfarrer Christs, der nicht nur einer der bedeutendsten Pomologen und Bienenkundler seiner Zeit war, sondern sich vor allem als volksnaher Lehrer gesehen hat, hat der Obst- und Gartenbauverein in die Zukunft geführt und genau um die wird es mehr denn je gehen. Der Mensch als Dienstleister für den Erhalt der Artenvielfalt und der Lebensräume.

Der Vorstand des OGV zusammen mit den geehrten langjährigen Mitgliedern

Fotos: Muth-Ziebe

Hanspeter Borsch (links) und Heiko Fischer



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