Dank überraschender Gewerbesteuermehreinnahmen bleibt Kronberg handlungsfähig

Kronberg (pu) – Wenn die Stadt Kronberg trotz anhaltender Corona-Krise unerwartete Steuermehreinnahmen in erheblicher Millionenhöhe zu verzeichnen hat, ist das – aller Sorgen und Ungewissheit, was die Zukunft bringen mag, zum Trotz – ein Grund zur Freude. Vor diesem Hintergrund lud der Magistrat der Stadt Kronberg vor wenigen Tagen in die Stadthalle zum Gespräch ein. Im Mittelpunkt standen drei Themen: zum einen der „Bericht zum allgemeinen Finanzstatus“, der einen Tag zuvor dem Magistrat vorgelegt worden war, zum anderen ein „Corona-Hilfspaket“ für die heimische Wirtschaft sowie als drittes der Sachstand zu den Chancen einer Schwimmbadsaison 2020 (zu den Punkten zwei und drei siehe weitere Berichte in dieser Ausgabe).

Kurzer Rückblick

Nach sehr guten Haushaltsjahren 2017 und 2018 mit einem jeweiligen Jahresergebnisplus von über 5,5 Millionen Euro sowie einem positiv verlaufenen Jahr 2019 hatte es Bürgermeister und Stadtkämmerer Klaus Temmen (parteilos) trotz vieler positiver Aspekte für notwendig erachtet, den Parlamentariern ins Gewissen zu reden, bevor sie im November letzten Jahres den Plan für den Doppelhaushalt 2020/21 mit zu erwartenden Jahresergebnissen von 1,16 Millionen Euro (2020) und 1,27 Millionen Euro für 2021, beschlossen. Zum damaligen Zeitpunkt stieß es dem einen oder anderen Stadtverordneten sichtlich auf, dass der Rathauschef in seiner Haushaltsrede davon sprach, man dürfe sich nicht entspannt nach hinten lehnen. „Wir müssen gewappnet sein für widrige lokale, regionale, nationale wie globale Großwetterlagen. Wir wissen, dass oft, ohne auch nur eine Einflussmöglichkeit zu haben, sicher geglaubte Einnahmen wegbrechen oder nicht vorhersehbare Ausgaben entstehen“, so Temmens mahnende Worte.

Nur wenige Monate später, noch bevor der Hochtaunuskreis als zuständige Behörde den Doppelhaushalt 2020/2021 der Stadt Kronberg Ende März 2020 ohne Auflagen genehmigte, geschah durch die Corona-Pandemie das Unfassbare, das sämtliche finanzielle Planspiele durchkreuzte.

Die negative wirtschaftliche Entwicklung und damit zu erwartende sinkende Steuereinnahmen beschäftigen Bund, Land und Kommunen nunmehr gleichermaßen. Auch die Stadt Kronberg befasst sich intensiv mit diesem Szenario. Angesichts der die Schlagzeilen beherrschenden schlechten Nachrichten stellt sich vielen in der Bevölkerung neben der persönlichen Situation und Zukunftsperspektive die Frage, ob und inwieweit sich das künftige Leben in der Burgstadt dauerhaft verändern wird, ob nach erst vor wenigen Jahren überstandener Finanzkrise samt extrem angespannter Haushaltslage womöglich erneute drastische Einschnitte drohen.

Über den momentanen Stand der Dinge informierten deshalb Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos), Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos), der Abteilungsleiter der Verwaltungssteuerung, Jochen Schmitt-Laux sowie der städtische Wirtschaftsförderer Andreas Bloching.

Geschenk des Himmels

Die positivste Nachricht gleich vorweg: Dank überraschender Gewerbesteuermehreinnahmen von 23,8 Millionen Euro zum 15. Mai aufgrund betrieblicher Sondereffekte bei Kronberger Unternehmen verfügt die Stadt über „ein gewisses Polster“ und mehr finanziellen Handlungsspielraum als zu erwarten war. Klaus Temmen sprach von „einem absoluten Segen“, einem „Geschenk des Himmels“, das zwar unter anderem höhere Gewerbesteuer- und Heimatumlagen für 2020 sowie höhere Solidaritäts-, Kreis- und Schulumlagen für 2021 nach sich zöge (insgesamt 60 bis 70 Prozent Umlagen); im Ergebnis verblieben von den Mehreinnahmen dennoch voraussichtlich 7 bis 8 Millionen Euro in der Kommune.

Vorläufiger Jahresabschluss 2019

Bevor Temmen im weiteren Gesprächsverlauf auf die bis heute bekannten negativen finanziellen Auswirkungen bedingt durch die Corona-Pandemie einging, lenkte er den Blick auf den vorläufigen Jahresabschluss 2019, der im ordentlichen Ergebnis aktuell mit knapp 3 Millionen Euro Überschuss abschließt. Das sind 1,3 Millionen Euro über dem Planwert. Die Auflösung der im letzten Jahr gebildeten Rückstellungen in Höhe von 8,05 Millionen Euro und die Bildung neuer Rückstellungen für 2020/2021 (in Höhe von 6,82 Millionen) erfolgt dem Bürgermeister zufolge erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten. Dies werde zu einer weiteren Verbesserung des ordentlichen Ergebnisses von rund 1,2 Millionen Euro auf 4,18 Millionen Euro führen. Darüber hinaus könne sich das Auflösen weiterer Rückstellungen im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten ebenfalls noch positiv auf das Ergebnis 2019 auswirken.

2020

Nach Worten Klaus Temmens kann es belastbarere Aussagen zum Haushaltsjahr 2020 infolge der Unwägbarkeiten durch die sich bereits im ersten Quartal bemerkbar machende Corona-Krise „voraussichtlich erst im zweiten Halbjahr geben.“ In diesem Zusammenhang machte er darauf aufmerksam, die vorliegenden „Informationen zum allgemeinen Finanzstatus“ ersetzten mitnichten den ersten, im Juni geplanten „Finanzbericht“, der detailliertere Informationen zum vorläufigen Jahresergebnis 2019 und zum ersten Quartal 2020 sowie – soweit möglich – Prognosen zur Entwicklung des laufenden Haushaltsjahres und deren Belastbarkeit beinhalten wird.

Ein paar Zahlen (Stand 15. Mai) zu den wichtigsten Einnahmequellen der Stadt – der Gewerbesteuer sowie dem Anteil an der Einkommens- und Umsatzsteuer zum 1. Quartal – gab es dennoch.

Gewerbesteuer

Demzufolge mussten bis dato coronabedingte Vorauszahlungsänderungen von circa minus 1,6 Millionen Euro ebenso notiert werden wie Stundungsanträge für circa 250.000 Euro. Von weiteren Vorauszahlungsabsenkungen sei auszugehen, weitere Stundungsanträge lägen dagegen derzeit nicht vor. Darüber hinaus haben sich laut Temmen durch unternehmensbedingte Umstrukturierungen Vorauszahlungsänderungen von circa minus 2,6 Millionen Euro für die Jahre 2019 und 2020 ergeben.

Aus heutiger Sicht kann das noch aufgefangen werden, da wegen der unerwarteten Gewerbesteuermehrerträge von 23,8 Millionen Euro zum 15. Mai davon ausgegangen wird, dass das Gewerbesteueraufkommen auch bis zum Ende des Jahres über dem Planansatz von 21,5 Millionen Euro liegen wird. Ausblick: Bei vielen Kronberger Unternehmen stünden noch die Jahresabschlüsse der steuerstarken Jahre 2018/2019 aus, jedoch liegen laut dem Bürgermeister aktuell keine konkreten Erkenntnisse zu weiteren Gewerbesteuermehrerträgen vor.

Die Schwierigkeit der Einschätzung der künftigen Lage machte der Stadtkämmerer anhand der Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung der Bundesregierung deutlich: In seiner Prognose für die gesamte Bundesrepublik gehe dieser Arbeitskreis für das Jahr 2020 von einem Rückgang des Gewerbesteueraufkommens von 25 Prozent aus, für das Jahr 2021 wiederum von einem Zuwachs von 23,6 Prozent. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine bundesweite Prognose handelt, die wiederum nicht eins zu eins auf die lokalen Gegebenheiten übertragen werden kann.

Einkommen- und Umsatzsteuer

Die Erträge aus den Anteilen der Einkommen- und Umsatzsteuer für das 1. Quartal fallen im Vergleich zu den Werten der Vorjahre laut Temmen „weiterhin positiv“ aus, jedoch basierten diese Erträge auf der Einnahmesituation vor der Corona-Pandemie. Bezüglich einer Prognose hätten die kommunalen Spitzenverbände mitgeteilt, dass die weitere Bezifferung der Steuereinnahmen frühestens nach der angedachten zusätzlichen Steuerschätzung im September 2020 (üblich sonst nur Mai und November) möglich sein wird. Der Arbeitskreis Steuerschätzung der Bundesregierung habe am 14. Mai für die allgemeine Entwicklung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer einen Rückgang für das Jahr 2020 um 7,9 Prozent vorausgesagt. Im kommenden Jahr soll die Absenkung aber weitgehend kompensiert werden können.

Entwicklung der Liquidität

Nach Aussage des Bürgermeisters verfügte die Stadt Kronberg zum 31. Dezember 2019 über Einlagen auf Giro- und Festgeldkonten in Höhe von 33.533.758,01 Euro. Hiervon waren 8.250.000 Euro als Festgelder angelegt.

Zum 15. Mai 2020 seien es Einlagen auf Giro- und Festgeldkonten von 54.501,716,81 Euro, 5.250.000 Euro als angelegtes Festgeld und 1.118.712,44 Euro als gesetzlich vorgeschriebene und gebundene Liquiditätsreserve gewesen.

Das hohe, durch die laufende Haushaltsbewirtschaftung ständig schwankende Liquiditätsvolumen zeige an, dass die Stadt Kronberg ohne Kredite ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen und Investitionszahlungen in den Haushaltsjahren 2020/2021 nachkommen könne. „Ein darüber hinausgehender Handlungsspielraum ist vorhanden, jedoch begrenzt“, erläuterte der Bürgermeister. Schließlich korrespondiere der Cashflow mit den im Haushaltsplan veranschlagten Mitteln. Auch unerwartete Gewerbesteuermehreinnahmen, wie jetzt erfolgt, würden durch daraus resultierende Mehrausgaben bei den Umlageverpflichtungen erheblich gebunden. Dementsprechend sei ein erheblicher Teil des Kassenbestands zu jeder Zeit bereits für entsprechende Auszahlungen vorgemerkt. „Zusammenfassend ist festzustellen, dass die aktuelle Liquiditätssituation der Stadt Kronberg als solide zu bezeichnen ist. Denn Zahlungsverpflichtungen können ohne Kredite bedient werden und darüber hinaus besteht ein gewisser Handlungsspielraum als weiterer Liquiditätspuffer in Zeiten von Corona“, so Temmen.

Kein Nachtragshaushalt

Trotz der noch unklaren Entwicklung werde aus heutiger Sicht für das Jahr 2020 – aufgrund der unerwarteten Gewerbesteuermehreinnahmen – ein zumindest ausgeglichenes Jahresergebnis erwartet. Daraus und der aktuellen Erlasslage des Landes Hessen vom 30. März resultierend sei derzeit nicht davon auszugehen, dass sich die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2020 ergebe. Klaus Temmen zufolge ist eine belastbare Einschätzung für das Jahr 2021 erst in der zweiten Jahreshälfte 2020 möglich, insbesondere, sobald die Orientierungsdaten des Landes Hessen veröffentlicht worden sind.

In die Zukunft investieren

Abschließend lenkte der Bürgermeister den Blick auf ein Zitat des Bundesfinanzministers Olaf Scholz vom 14. Mai, als der sagte: „Man kann eine Krise nicht wegsparen, man muss ihr entgegentreten!“ Dies vor Augen müsse auch die Stadt Kronberg trotz Corona weiter in die Zukunft investieren. „Die aktuelle finanzielle Situation der Stadt gibt uns hierfür den notwendigen Handlungsspielraum. Hierdurch trägt die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten den gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie Rechnung und leistet einen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung in der Kommune selbst und in der Region“, erklärte Temmen mit Nachdruck.

Um den finanziellen Handlungsspielraum zu erhalten, dürften die Risiken nicht außer Acht gelassen und es müsse, soweit möglich, Vorsorge getroffen werden. „Deshalb ist priorisiertes und strukturiertes Handeln und situationsgerechtes Haushalten notwendig“, so der Bürgermeister, der vor Aktionismus ebenso warnte wie vor einer Anhebung der Grundsteuer B. „Wir werden genau beobachten, wohin der Zug fährt!“

Prioritäten

In den nächsten Sitzungen werde der Magistrat die anstehenden Projekte priorisieren; abklopfen, welche unter Umständen verschoben werden könnten. „Das Ziel ist, möglichst viel Liquidität ins Jahr 2021 mitzunehmen“, betonte der Rathauschef. Das vorsichtige Haushalten gelte auch in puncto Personalpolitik. Wie der Bürgermeister auf Nachfrage informierte, werden vorerst lediglich laufende Bewerbungsverfahren zu Ende geführt beziehungsweise Stellen nur noch in kritischen Bereichen wie Kinderbetreuung, Ordnungspolizei und Finanzen wieder besetzt. Während die Stelle eines Klimaschutzmanagers auf jeden Fall ausgeschrieben werden soll, sobald die Fördermittelzusage vorliegt, soll es in der Stadtplanung sowie in der Stadtbücherei vorerst keine Neueinstellungen geben.

In dieser Momentaufnahme drängt sich der Eindruck auf, das Waldschwimmbad liege im Dornröschenschlaf. Doch der Schein trügt. Entgegen der Mutmaßungen und Befürchtungen des einen oder anderen Kronbergers, das beliebte Bad könnte allein aus finanziellen Gründen geschlossen bleiben, werden in diesen Tagen weitere Vorbereitungen getroffen, um nach einer möglichen Freigabe durch das Land Hessen für eine Öffnung entsprechend gewappnet zu sein.
Foto: Puck



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