Kronberg (pu) – Die textlichen Ausführungen der Stadtverordnetenvorlage des Magistrats zum Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 155 „Bleichstraße-Bahnhofstraße“ (siehe weiteren Bericht in dieser Ausgabe) flankierte Dipl.-Ing. Olaf Bäumer vom Wiesbadener Büro Stadt.Quartier noch mit einer ergänzenden Präsentation zum Plangebiet, die zum einen vor Augen führte, „wo wir heute stehen“; zum anderen erläuterte er seine fachliche Sicht zu den am meisten umstrittenen Punkten Gebäudehöhen und Einfügung in das umliegende Gelände.
Streit um Gebäudehöhen
Auch am Ausschussabend war beispielsweise vor allem seitens der Fraktion der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB) die Rede von der möglichen Wahrnehmung einer Schluchtbildung in der Bahnhofstraße bei einer künftigen Bebauung auf den vier Grundstücken gegenüber dem Hotel. Aus diesem Grund favorisieren die Befürworter des aktuell formulierten B-Plan-Entwurfs die in dem Papier festgelegten Gebäudehöhen, während die Stadtplaner eine andere Auffassung vertreten und im Rahmen der Sitzung für vier Geschosse plus Dach an dieser Stelle warben. Auch beim Eckgebäude Kronberger Hof plädieren die Stadtplaner für ein Geschoss mehr als der Magistrat.
Das war nach den Worten Bäumers auch dessen ursprünglicher Vorschlag. „Da die Grundstücke gegenüber des Hotels nicht nur steil sind, sondern auch klein, würden von drei Geschossen zwei quasi im Erdreich versinken, weil sie in den Hang hineingebaut wären. Das heißt, wenn die Eigentümer diese Häuser nutzen wollen, benötigen sie vier Geschosse, um eine vernünftige Ausnutzung realisieren zu können.“
Seiner Präsentation vorweg schickte er seine „rein fachliche Bemerkung“, dass es bei diesem Gebiet darum gehe, nach städtebaulichen Kriterien das Bestmögliche zu finden. Dabei gelte es bei diesem sehr steilen Gelände, das hohe Anforderungen an die Architekten stelle, sowohl die Anliegen der Lokalpolitik als auch die der Grundstückseigentümer zu berücksichtigen.
Bei allem Verständnis, ausufernde Bauvorhaben verhindern zu wollen, müssten auch die Kommunalpolitiker bedenken, dass neu aufgestellte Bebauungspläne in bestehende Rechte der Eigentümer (bisher Paragraf 34 Baugesetzbuch) eingreifen und daraus resultierend das Risiko von Schadensersatzansprüchen oder Klagen steige.
Hase im Pfeffer begraben
Im Wissen der hitzigen Diskussion im Magistrat nahm FDP-Chef Holger Grupe diesen Ball auf: „Da liegt wohl der Hase im Pfeffer begraben!“ Des Weiteren stellte er klar, „gut und charmant, dass der Magistrat Gestaltung ausüben will, aber wir Parlamentarier wollen unseren Gestaltungswillen zum Ausdruck bringen und fassen letztendlich den Beschluss.“
Die von ihm in den Raum geworfene Frage, wie hoch denn das Risiko sei, versuchte die Fachbereichsleiterin Stadtplanung und Umwelt, Sandra Poschmann, zu beantworten: „Es ist immer schwierig zu sagen, was bei gerichtlichen Auseinandersetzungen herauskommt. Wir legen ihnen dar, was kritisch ist, denn es braucht gute städtebauliche Gründe, um die Bebauung so weit herunterzuzoomen!“ Die Abwägungen müssten in jedem Fall alle Belange berücksichtigen.
Die Co-Fraktionsvorsitzende der KfB, Alexa Börner, zeigte sich extrem verwundert und brachte ihr Befremden zum Ausdruck: „Es wird nur versucht, den Magistratswillen zu erschüttern, das ist ein sehr unschöner Vorgang, den ich so im ASU noch nicht erlebt habe!“
Diese Anschuldigungen wies Erster Stadtrat Siedler, in seiner Funktion auch Magistratsmitglied, postwendend zurück. „Als fachlich zuständiger Dezernent bin ich gehalten, Schaden von der Stadt abzuwenden!“ Volle Rückendeckung erhielt er vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Haas, der zum einen auf den alles andere als einfachen Spagat Siedlers zwischen Magistratssitz und Dezernentenposten verwies, zum anderen bemerkte: „Ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wenn die Risiken weder erkannt, noch wir drauf hingewiesen worden wären!“
Ausschuss-Vorsitzender Max-Werner Kahl (CDU) meldete angesichts der zahlreichen offenen Fragen noch Beratungsbedarf für seine Fraktion an und brachte mögliche Kompromisslösungen ins Spiel. Dem Vernehmen nach dürfte dies schwierig werden. „Ein halbes Geschoss können wir nicht realisieren, das ist pragmatisch nicht darstellbar“, machte Siedler deutlich.
Im weiteren Verlauf der Diskussion wurden außerdem Bedenken hinsichtlich der von den Stadtplanern empfohlenen dreigeschossigen Bebauung direkt gegenüber dem Victoriaparks geäußert. Während beispielsweise Bäumer hervorhob, „eine Bebauung mit drei Geschossen passt gut und ist angemessen“, sehen die Kritiker darin unter anderem einen Widerspruch zur Enea-Planung. Geklärt werden sollen außerdem auf entsprechende Nachfrage von Bündnis90/Die Grünen-Vorstand Udo Keil noch die Abstände der künftigen Gebäude zu den Bürgersteigen beziehungsweise Straßenränder (Straßenraumbreite). „Je weiter die Bebauung nach hinten verlagert wird, desto gedämpfter wäre die Tunnelwirkung.“ Diese Maße liegen inzwischen vor. Nach Mitteilung des Stadtplanungsamts beträgt der Straßenraum zwischen Hotel und gegenüberliegender Bebauung 19 Meter. Die Attikahöhe des Hotels (aufsteigende Wand) ist circa 17 Meter im Westen, circa 19 Meter im Osten (unterschiedliche Wandhöhe aufgrund des stark abfallenden Geländes in Richtung Platz/Eingang Hotel). Die Traufhöhe (aufsteigende Wand) einer von den Stadtplanern empfohlenen gegenüberliegenden viergeschossigen Bebauung plus Dach (aufsteigende Wand) läge bei 13 Metern, die Firsthöhe bei 16,20 Metern (bei einer Dachneigung von circa 30 Grad). Der B-Plan würde laut Stadtplanungsamt allerdings auch steilere Dächer bis 45 Grad zulassen, sodass die Firsthöhe bei 19 Metern läge. Ein Kompromiss könnte, so Erster Stadtrat Robert Siedler, sein, die Firsthöhe auf 16,50 oder 17 Meter zu beschränken. Soll ein steileres Dach entstehen, müssten die Bauwilligen entsprechend die Wandhöhe reduzieren.
Visualisierung
Die Ausschussmitglieder beratschlagten in diesem Zusammenhang auch über den Antrag der KfB-Fraktion, die auf einen Parlamentsbeschluss am 18. Februar zielt mit dem Auftrag an den Magistrat, die vorgesehenen Baukörper zu visualisieren 0sund vorzugsweise ein 3 D-Modell bis zum 1. März auf der Internetseite der Stadt Kronberg zu veröffentlichen. Da das jedoch erst nach der Entscheidung über den B-Plan zum Tragen käme, in diesem kurzen zeitlichen Rahmen laut Stadtplanung nicht umsetzbar und kostenintensiv wäre, schlug der CDU-Stadtverordnete Prof. Helfried Moosbrugger als schnelle Lösung vor, das bestehende Modell vom Bahnhofsquartier entsprechend zu ergänzen. Das versucht man nun bis zur Parlamentssitzung zu realisieren.
Abwägen und Mut
Bürgermeister Christoph König gab den Ausschussmitgliedern schließlich für die Beratungen bis zur Stadtverordnetenversammlung mit auf den Weg: „Ich glaube, es gibt keine mathematisch zu ermittelnde Lösung. Sie kennen nun die Bedenken der Fachleute, die Probleme bei einer niedrigen Bebauung sehen. Wichtig ist, dass Sie die Basis kennen. Am Ende entscheidet die Stadtverordnetenversammlung, das heißt, Sie als Entscheider in einer extrem schwierigen Situation, müssen die verschiedenen Gesichtspunkte abwägen und mit Mut den Weg gehen, den sie für am tragfähigsten halten.“ Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt gab es keine Abstimmung.