Keine Degen, keine Reifröcke – Weihnachtskonzert in St. Johann

Kronberg (kb) – Vivaldis „Gloria“ und der erste Teil des „Messiah“ von Georg Friedrich Händel (in englischer Sprache) erklingen im festlichen Weihnachtskonzert der Kantorei an St. Johann Sonntag, 15. Dezember (3. Advent) um 18 Uhr in der Johanniskirche.

Woran bloß erinnert diese Orchestereinleitung aus Vivaldis „Gloria in D“, RV 589? Richtig: im „Herbst“-Satz aus seinen Jahreszeiten-Concerti geht es ähnlich temperamentvoll und sprunghaft zu. Festliche Fanfaren in festlicher Tonart: schöner kann ein Konzert in der Weihnachtszeit nicht beginnen.

Es war eine kleine Sensation, als in den späten 1920er Jahren vierzehn Bände mit handschriftlichen Partituren Vivaldis entdeckt wurden. Sie gehörten zu einer umfangreichen Musikaliensammlung, die das Collegio San Carlo in San Martino der Turiner Nationalbibliothek zum Kauf anbot. Mit dabei: etwa 60 geistliche Werke von Antonio Vivaldi. Sie entstammen wohl der Zeit, als der Komponist mehrfach den Kapellmeister am „Ospedale della pietà“ in Venedig vertrat, unter anderem zwischen 1713 und 1717. In dieser Zeit ist auch das berühmte Gloria RV 589 entstanden, vermutlich zum Fest „Mariä Heimsuchung“ 1713 oder 1714. Die Hauptrolle in diesem Werk spielt der Chor, der mal mit eindringlichen akkordischen Passagen, bald mit kunstvoller Polyphonie in Erscheinung tritt. Trompete und Oboe verleihen dem Gloria, das die Ankunft des Messias feiert, festlichen Glanz.

Und der Messias ist es auch, der ein paar Jahrzehnte und etliche Breiten- und Längengrade weiter westlich aus der Taufe gehoben wurde: Georg Friedrich Händel hatte sein berühmtes Oratorium innerhalb von nur drei Wochen komponiert – obwohl der 56 Jahre alte, gichtkranke und nach einigen Misserfolgen frustrierte Komponist sich vorgenommen hatte, sich zu schonen und für die neue Saison kein neues großes Werk zu schreiben. Doch er hatte nicht mit seinem alten Librettisten-Freund Charles Jennens gerechnet. In einem Brief schrieb Jennens: „Ich hoffe, Händel wird sich überreden lassen und sein ganzes Genie und seinen ganzen Eifer daran setzen, dass dieses Werk größer wird als alle anderen Werke, die er bisher geschaffen hat. Denn auch das Thema ist größer als alle anderen Themen: der Messias“. Die Uraufführung fand in Irland statt: in der Dubliner Music Hall in der Fishamble Street wurde der „Messiah“ als „Entertainment“ und Benefizkonzert am 13. April 1742 für etliche karitative Organisationen präsentiert. Nach nicht weniger als sechs sensationell erfolgreichen Subskriptionskonzerten des „Messias“ muss der Ansturm bei weiteren Aufführungen so gewaltig gewesen sein, dass der „Dublin News Letter“ den Damen den Ratschlag gab, keine modischen Reifröcke zu tragen, und den Herren, auf Degen zu verzichten – damit mehr Zuhörer in den Saal passten. Und zum Werk selber schrieb die Zeitung: „Dieses Oratorium übertrifft bei weitem alles, was je in dieser Art in diesem oder einem anderen Königreich aufgeführt worden ist. Worte vermögen die Ergriffenheit des Publikums nicht auszudrücken.“

In London hingegen wurde das Oratorium ein Jahr später sehr kühl aufgenommen. Die freiheitliche Grundhaltung des Werks war den Vertretern von Klerus, Adel und Bürgertum ein Dorn im Auge. Es dauerte noch bis zum Ende der 1740er Jahre, bis dieses „Sacred Oratorio“ zum beliebtesten Chorwerk Händels avancierte.

„The Messiah“ ist ein Oratorium ohne Handlung, dicht am vorwiegend alttestamentarischen Text komponiert, eine vertonte Heilsgeschichte, in der Händel alle Register seiner Opernerfahrung zu ziehen verstand.

Mitwirkende sind: Jasmin Hörner, Sopran; Ruth Katharina Peeck, Alt; Jonas Boy, Tenor; Florian Küppers, Bass; Chor der Johanniskirche, ein Barockorchester. Die Leitung hat Bernhard Zosel.

Tickets sind im Vorverkauf erhältlich beim Evangelischen Pfarramt, Wilhelm-Bonn-Straße 1, 61476 Kronberg, Telefon 06173-1617, E-Mail: kirche-kronberg[at]t-online[dot]de.



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