Wenn ein Kohlkopf zur Besonderheit wird – Arbeiten von Konstantin Totibadze bald im Badehaus zu sehen

Die bisweilen überlebensgroßen Leinwände zeigen jeweils voluminös nur eine einzige Vase, präzise und perfekt inszeniert.

Bad Soden (hmz) – Seine Bilder werden fast in der gesamten Welt von Kunstkennern geschätzt, in Auktionshäusern in New York und London versteigert und in Galerien neben namhaften Klassikern der Moderne ausgestellt. Wenn Konstantin Totibadze im August einige seiner Arbeiten im Badehaus in Bad Soden zeigt, ist das gleichsam ein Sprung von der großen in die kleine Welt nebenan. Was sich in seiner Wahl dieser Lokalität spiegelt, steht analog für das Wesen seiner Bilderwelt: Im Bildraum seiner großformatigen Arbeiten ist nicht alleine die Größe des Sujets dominant oder das bloße Abbilden äußerlicher Ähnlichkeiten. Sein Gefühl für Raum, Maß und Motiv ist subtiler und raffinierter. Seine Malerei scheint nicht nur ein gestalterisches Anliegen zu sein, vielmehr ein bekennender Akt der Menschlichkeit. Er bemüht sich, einfühlsam den Wesenskern des Dargestellten zu erfassen, der nicht von Variablen abhängig ist. Die bisweilen überlebensgroßen Leinwände zeigen jeweils voluminös nur eine einzige Vase, präzise und perfekt inszeniert. Über sie zieht sich der Glanz der Glasuren und ein Craquelée, das in seiner Gesamtheit an die japanische Kintsugi-Philosophie erinnert: die Eleganz der Unvollkommenheit. Die Größe der Vasen täuscht nicht über die kleinen Bruchstellen am Vasenrand hinweg. Die Vollkommenheit hat Risse. Und über die spiegelglatte Oberfläche rinnen kleine gemalte Wassertropfen, die die vermeintlich glatte Perfektion unterbrechen. Statt die Wirklichkeit lediglich zu beschreiben, macht sich Totibadze - selbst - ein Bild von ihr. Dazu genügen ihm die unauffälligsten Motive.

Altmeisterliche Manier

Er sucht das Einfache und Unscheinbare, das durch seine künstlerische Formulierung zum Besonderen, zum Wertvollen wird: Ein Kohlkopf, ein Trinkglas, Einmachgläser mit Gurken und Tomaten, Alltägliches und Gegenständliches setzt er in verblüffender Direktheit und altmeisterlicher Manier um und mit ihrer Gestaltung in Form und Farbe erlangen sie ihre ganz eigene Würde. Gemüse und Früchte fanden in der Kunst ihre ganz eigene Symbolik und nicht selten steckten in den vergangenen Jahrhunderten hinter den „Stillleben“ zaghafte Anspielungen auf Kirche und Gesellschaft. Giuseppe Arcimboldo scheute sich beispielsweise nicht, den Kopf des Kaisers Maximilian II. als Komposition aus Fischen und Meeresfrüchten darzustellen.

Konstantin Totibadze ist gebürtiger Georgier mit einer klaren Haltung zum russischen Einmarsch in die Ukraine. In seinen aktuellen Landschaftsbildern lebt die Tristesse in allen Grautönen. Das ist ein klares Statement, aber er wäre kein Bildkünstler, würden nicht genau diese Landschaften voller Überraschungen stecken, die Natur nämlich an Feldwegen, Hängen und Gewässern oder im wuchernden Gebüsch. Dem Gewachsenen belässt er dieses Leben, seine Ursprünglichkeit und seine Freiheit. Seine „Modernen Stillleben“ scheinen nicht zufällig zusammengewürfelte brillante Inszenierungen zu sein, wenn neben Bierflaschen, deftigem Schinken, Schnaps und Blumenvase ein Lippenstift steht. Sein Blick scheint hierbei auf die sinnlich wahrnehmbare Realität ausgerichtet zu sein: „Liebe und Geld“ nennt er das Bild, oder die „Königin“ eine weiße Vase. Alles entspringt jedoch der Imagination des Malers, geprägt durch seinen Erfahrungsschatz und sein subjektives Ideal. Caspar David Friedrich hatte einst empfohlen, nicht nur zu malen, was man vor sich sieht, sondern vor allem das, was man in sich sieht. Auch das bedeutet letztlich - „Maßfinden“.

Und seine Idee davon findet sich erst auf seiner Leinwand sichtbar ein. Konstantin Totibadze stammt aus einer Künstlerfamilie, sein Vater war ebenfalls Maler und leitete elf Jahre lang die Kunstakademie der Georgischen Republik. Zunächst studierte er Malerei in Moskau, dann in Tiflis. Nach längeren Aufenthalten in Paris und San Francisco ließ er sich in Moskau nieder und gründete dort mit seinem Bruder und zwei weiteren Partnern eine Galerie. Zahlreiche Galerien und Museen in Russland, Österreich, Frankreich, Deutschland und in den USA stellen seine Kunst aus. Werke von ihm befinden sich im staatlichen Museum für orientalische Kunst sowie im Museum für Moderne Kunst in Moskau. Weitere Bilder befinden sich in privaten Sammlungen in Europa, Japan und Hongkong sowie in den USA. Das Atelier des international bekannten Malers befindet sich seit einigen Jahren in der Friedrichstraße in Schönberg – gleich nebenan.

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