Kronberg (kb)– Die Zeit: Sie war ein wichtiges Thema in Erich Kästners Lyrik. Immer wieder begegnet man ihr, und immer wieder wird Kästners Leiden an der (damaligen) Zeit, einer Zeit des Abstiegs in die Abgründe des nationalistischen Egoismus, sichtbar. Die gesellschaftliche Dummheit siegt über die politische Vernunft. Besonders deutlich tritt das in seinem Gedicht „Ich bin die Zeit“ zutage. Die Zeit, sie begegnet uns in diesem Text als Person, eine Person, die versinkt in einer Betrachtung – der Menschheit, der Ereignisse, der Zukunft, verbunden mit der vagen Hoffnung auf Erneuerung.
„Betrachtung“ hat die junge Wiener Komponistin Marisa Algari ein neues Werk für gemischten Chor genannt. Sie vertont dabei Kästners Gedicht auf eine berührende Weise. Worte und Musik dehnen sich dabei in eine suchende Unendlichkeit.
Aus Anlass des 800. Geburtstages des großen Philosophen und Theologen des ausgehenden Mittelalters, Thomas von Aquin (1225 bis 1274), hat die Kirchengemeinde St. Johann Kronberg mit Unterstützung der EKHN-Stiftung und der Kronberg-Stiftung bei Naji Hakim ein Werk in Auftrag gegeben. Entstanden ist eine rund zehnminütige Komposition über den lateinischen Text „Gratiarum actiones pro Dei beneficiis“ (Danksagung für die Wohltaten Gottes) für Mezzo und Orgel. Dieser glutvolle Lobpreis Gottes ist ein bewegendes Dankgebet, das die sonst durchaus umstrittenen theologischen Thesen Thomas‘ nicht tangiert. Naji Hakim, französischer Komponist libanesischer Herkunft, schreibt dazu eine farbige Musik, die zwar eindeutig modern ist und viele französische Stilelemente des 20. Jahrhunderts aufnimmt, für die der Hörer jedoch keinen Code benötigt.
Diese und andere Werke werden am 1. und 2. Mai von der Mezzosopranistin Josephine Rösener, dem Percussionisten Andreas Kubitzki, dem Harfenisten Iván Cervantes, dem Kammerchor der Erlöserkirche Bad Homburg, Leitung Susanne Rohn, und dem Kammerchor St. Johann vocal aus Kronberg, Leitung Bernhard Zosel, (ur-)aufgeführt. Außerdem stehen Werke von Bernhard Zosel, Emmanuel Le Divellec, Peter Larsen, Rudolf Müller und Gunnar Mextorf auf dem Programm mit dem Titel „Siehe, es ist alles neu geworden“. Einige der Komponisten werden anwesend sein; so ergibt sich nach dem Konzert die Möglichkeit für Publikum und Musiker zum Gedankenaustausch über das Gehörte. „Siehe, es ist alles neu geworden!“ am 1. Mai um 19.30 Uhr in der Johanniskirche Kronberg, am 2. Mai, ebenfalls um 19.30 Uhr, in der Erlöserkirche Bad Homburg.