Kronberg Academy sagt Großkonzerte ab – Musik und Künstler hautnah erleben – in Corona-Zeiten nicht realisierbar

Vor zwei Jahren bei Chamber Music Connects the World war die Freude über das Musizieren in familiärer Atmosphäre noch ungetrübt; zu sehen sind v.l.n.r. Gidon Kremer, Anna Luisa Kramb und Stephen Waarts. Das diesjährige Kammermusikfestival im Mai musste bereits aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden.

Foto: Andreas Malkmus / Archiv Kronberg Academy

Kronberg (mw) – Wohin man auch schauen mag, die Corona-Pandemie schleicht sich in fast alle Themen des städtischen Lebens, da das Virus nun einmal vor keiner Tür haltmacht. So ist auch das kulturelle Leben Kronbergs nach wie vor weitgehend lahmgelegt. Die große Frage nach all den Lockerungen, die in diesen Tagen, wenn auch unter strengen Hygiene- und Abstandsregeln, verkündet werden: Wie geht es der Kronberg Academy Stiftung und wie sehen die Planungen angesichts der Corona-Pandemie für das zweite Halbjahr aus? Wie viele andere Kulturbetriebe auch, sieht sich auch die Kronberg Academy vor große Herausforderungen gestellt: „Es steht außer Frage, dass die Kronberg Academy angesichts der Pandemie künstlerischen und finanziellen Schaden davontragen wird“, erklärt der Gründer der Kronberg Academy und Vorsitzender des Vorstandes der Kronberg Academy Stiftung, Raimund Trenkler. „Das Ausmaß ist aktuell schwer zu beziffern.“ Bei allen dieses Jahr noch anstehenden Projekten sei immer neben der Wirtschaftlichkeit dieser auch die künstlerische Verantwortung zu beachten. „Es gilt immer abzuwägen zwischen Aufwand – bedingt durch die aktuellen Regeln – und dem zu erreichenden Ergebnis angesichts der derzeitigen Möglichkeiten“, erläutert die Pressebeauftragte der Kronberg Acacemdy, Barbara Kögler. Gleichzeitig sei man auch den Projektpartnern und natürlich der Gesundheit der Künstler aus aller Welt verpflichtet sowie der des Publikums und der eigenen Mitarbeiter. Auch wenn vieles wieder erlaubt sei, müsse die Durchführung jeder einzelnen Veranstaltung sorgfältig abgewägt werden. „Eine Rolle dabei spielt auch, ob das künstlerische Konzept eines Konzertes unter den derzeitigen Rahmenbedingungen überhaupt umgesetzt werden kann“, so Kögler. Die Veranstaltungen der Academy seien allein schon aufgrund der Teilnahme von Künstlern aus aller Welt schwer zu realisieren. „Es ist schwierig zu sagen, ob die Musikerinnen und Musiker überhaupt anreisen können“, so Kögler.

Absage aller Großveranstaltungen

Schweren Herzens hat sich die Kronberg Academy deshalb nach der Absage des Kammermusikfestivals „Chamber Music Connects the World“, das vom 1. bis 11. Mai hätte stattfinden sollen, nun entschieden, auch ihre weiteren Großveranstaltungen für 2020 abzusagen: Davon betroffen sind die Cello Meisterkurse & Konzerte im September (25. September bis 2. Oktober ) sowie der „Grand Prix Emanuel Feuermann“, ein etablierter Cellowettbewerb, den die Kronberg Academy gemeinsam mit der Universität der Künste in Berlin im November durchführen wollte. Er wird auf den November 2022 verschoben und zum 120. Geburtstag von Emanuel Feuermann ausgetragen. Das genaue Datum für diese Veranstaltung wird derzeit noch abgestimmt, so die Information aus der Kronberg Academy. Raimund Trenkler dazu: „Diese Entscheidung, die wir in Absprache mit unseren Projektpartnern getroffen haben, ist uns außerordentlich schwer gefallen. Das trifft uns alle sehr hart. Nach sorgfältiger Abwägung sind wir jedoch zu dem Schluss gekommen, dass unsere Veranstaltungen vor allem künstlerisch, aber auch betriebswirtschaftlich unter den aktuell geltenden gesetzlichen Auflagen nicht umsetzbar sind.“

Masters in Performance

„Unsere Veranstaltung Masters in Performance, die vom 12. bis 16. Juni geplant ist, werden wir durchführen, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit“, informiert die Pressebeauftragte. Diese Veranstaltung sei „die Sternstunde zum Semesterende“, bei der junge Solisten ihre Semester- und Abschlusskonzerte geben. Der Ausschluss der Öffentlichkeit hat hier verschiedene Gründe: Zunächst natürlich die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Abstands- und Hygieneregeln. Diese Regeln bedeuteten jedoch auch, dass die Leitidee der Kronberg Academy, „Musik und Künstler hautnah erleben“, derzeit kaum umzusetzen sei. „Eine lockere und unbefangene Atmosphäre ist kaum möglich“, so Kögler. Die Studenten werden ihre Abschlusskonzerte nicht nur unter veränderten Rahmenbedingungen geben, sie konnten die letzten Monate auch nicht, wie gewohnt, in engem Austausch mit ihren Lehrern arbeiten, sondern ausschließlich „virtuell gemeinsam arbeiten – etwas via Skype oder Face Time“, berichtet sie weiter. Die Studierenden haben auch die Möglichkeit, das eigene Spiel in Ton und Bild aufzunehmen, es an die Lehrenden zu schicken und es analysieren zu lassen. Mit einem intensiven persönlichen Austausch im Präsenzunterricht sei das trotzdem nicht vergleichbar und könne diesen auch nicht ersetzen.

Um bei den Abschlussprüfungen nun genügend Platz zu haben und die Sicherheit der Musiker, der Jury und aller weiteren Mitwirkenden zu gewähren, wird es keine öffentlichen Konzerte geben.

„Publikumskontakt“ online

Um jedoch weiterhin mit dem Publikum inKontakt zu bleiben, plant die Kronberg Academy eine Reihe von Aktionen, die durch die digitalen Medien möglich sind. Unter anderem soll ab Juni eine Interviewserie mit den Studierenden starten, die auf der Homepage der Kronberg Academy „ausgestrahlt“ wird beziehungsweise „abrufbar“ ist. Diese Serie wird einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen: „Wir stellen jeden unserer Studierenden im Rahmen eines Interviews vor – ihren bisherigen Werdegang, ihre Liebe zur Musik, ihre künstlerischen Ambitionen und ihre Träume. Wir geben sehr persönliche Einblicke in die Welt unserer jungen Talente aus unterschiedlichen Nationen, die später einmal in den Konzertsälen der Welt das Publikum begeistern wollen.“ Auf diese Weise hofft man, die Leitidee „Musik und Künstler hautnah erleben“ in Zeiten der Corana-Krise eben auf etwas andere Art und Weise umzusetzen.

Aufnahme des Studienbetriebs

Aktuell plant die Kronberg Academy, ihren Studienbetrieb Anfang Juni wieder aufzunehmen. „Wir kooperieren ja im Rahmen unserer Ausbildung mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main“ und man orientiere sich an deren Regelungen, auch bei der Organisation des Studienbetriebes.

Kartenrückgabe

Für alle Veranstaltungen, die aus den genannten Gründen abgesagt wurden, gilt: Kunden, die bereits Karten gekauft haben, können diese zurückgeben – die Art des Kartenerwerbs spielt dabei keine Rolle. „Wir erstatten den vollen Kartenpreis“, so Kögler. „Viele Kunden haben uns mitgeteilt, dass sie auf eine Rückerstattung verzichten und den Betrag stattdessen spenden wollen. Wir sind sehr dankbar für den solidarischen Zuspruch und freuen uns natürlich über jede Spende“, fügt sie hinzu.

Einzig und allein der Bau des Casals Forum läuft weitgehend ungestört von der Corona-Pandemie weiter. Im April hat die Abnahme der nachlaufenden Rohbauarbeiten am Tonstudio stattgefunden, informiert Raimund Trenkler. Auch die Erstellung der Technikfundamente und Maurerarbeiten in der Technikzentrale und den Aufzügen konnten inzwischen abgeschlossen werden. Die Montage der Fenster im Studien- und Verwaltungszentrum ist mit der Grobmontage ebenfalls fast abgeschlossen. „Als nächstes größeres Gewerk, neben vielen kleinen, steht die Bedachung im Sommer an. Wir liegen aktuell also im Zeitplan“, so Trenkler.



X