Leserbrief

Unsere Leserin Elke Lischke, Talweg, Kronberg, schreibt zum möglichen Glasfasernetzausbau Folgendes:
Liebes Kronberg,

es ist leider schon über zwei Jahre her, dass ich dir aus Sorge über dein immer beschämenderes Aussehen einen Brief schrieb. Eigentlich müsste ich dir seitdem jeden zweiten Tag mit einem sorgenvollen Brief auf den Füßen stehen.

Meine heutige Mahnung betrifft jedoch nicht dein Äußeres, sondern eher deine „inneren Werte“, eine wichtige Nervenbahn. Deshalb meine Frage: Hallo, Dornröschen, du liebliches Wesen im Vordertaunus! Schnarchst du noch oder kommunizierst du schon?

Ich kann es einfach nicht fassen: Einerseits gibst du dich zwar gern zeitgemäß und aufgeschlossen und möchtest dich mit deinem sündhaft teuren, neuen Musentempel in die Welt-Elite der herausragenden Kulturstätten/-städte einreihen. Andererseits scheinst du dich aber einer modernen Kommunikations-Technologie zu verweigern, für die in anderen Städten schon die Voraussetzungen geschaffen werden. Und das in Zeiten, wo gewisse Politiker, die ein freies Handeln in unserem Land fest im Blick haben, auf schnellere und nachhaltige Digitalisierung drängen. Da verstehe dich doch wer will! Ich nicht.

Ja, ich meine den Ausbau des Glasfasernetzes, der momentan noch (für bis zum 5. November eingegangene Anträge) zum Nulltarif angeboten wird. Danach wird ein Anschluss richtig teuer. Vor einigen Wochen erreichte mich aus dreitausend Kilometern Entfernung die ungläubige Anfrage: „Was ist los bei euch? Es sind in Kronberg erst 12 Prozent der erforderlichen mindestens 40 Prozent Anträge auf Glasfaser-Anschluss eingegangen, und das kurz vor Ende der Meldefrist?“ Deine Bürger, liebes Kronberg, scheinen in der Tat sehr (!) phlegmatisch mit dem Thema umzugehen, denn zwischenzeitig stieg die Abschlussquote auf atemberaubende 13 Prozent. Und nach Verlängerung der Antragsfrist auf den 5. November sowie dem großen, informativen „Glasfasertag“ in der Stadthalle stand in deinem Lokalblättchen vom 6. Oktober zu lesen, dass es nunmehr 15 Prozent Anträge seien, was deinen Bürgermeister von einem „spürbar gestiegenen Interesse“ lobhudeln ließ. Hm, 12 Prozent – 13 Prozent – dann 15 Prozent – „spürbar gestiegenes Interesse“? Da fehlen schon noch ein paar Prozentchen, wenn ich richtig rechne. Damit sind die bisherigen, händeringenden Antragsteller klar angeschmiert, denn so wirst du, verschlafenes Städtchen, deine Nervenbahnen nicht verbessern. So wirst du den Anschluss an die Welt verlieren. Da hilft dann auch das 60 Millionen Euro werte Casals Forum nicht.

Oder sitze ich da einer Werbung auf, bei der der Teufel im Detail steckt? Welche Gründe wabern durch deine Gemäuer, sich dem Glasfasernetz so zu verweigern, wie in Corona-Hochzeiten die Querdenker dem Impfen? Denken die Leute, die dich aus-/machen vielleicht so:

- Ach, ich mach doch nicht jeden Blödsinn mit!

- Schnelles Internet habe ich doch tagsüber im Büro in Frankfurt. Zu Hause will ich meine Ruhe haben.

- Ja, ja, erst heißt es „kostenlos“, und danach soll ich am Ende den kompletten Netzausbau in Kronberg alleine finanzieren!

- Die anderen werden die Abschlussquote schon erreichen. Dann bin ich mit versorgt, ohne selber etwas tun zu müssen.

- Hinter diesem vertrackten Glasfaser-Gesums steckt eindeutig Herr P. in M (R).

- Alles, alles Satanswerk! Ich will doch nicht zum gläsernen Menschen werden!

Letzteres sind wir doch längst, und jedes mal mehr, wenn wir im Supermarkt mit Karte oder Handy bezahlen.

Die Vorteile des Glasfasernetzausbaus liegen jedoch auf der Hand. Das merken alle, die auf deine Straßen hinausgehen müssen, um einen brauchbaren Handy-Empfang zu haben, oder denen ständig das Internet wegbricht, wenn sie im Home-Office am häuslichen Computer sitzen. Also, liebes Kronberg, rüttle dich! Schüttle dich, damit noch ein paar Antragsteller zum Wohle aller von dir herabrieseln!

Gelt, sei mir nicht böse, wenn ich dir ab und zu ins Gewissen rede.

Mit, unter VDSL-Bedingungen mühsam übermittelten, Grüßen

Deine Elke Lischke



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