Radverkehr: ADFC und Stadt teils unterschiedlicher Auffassung

Die gewünschte Anbindung zum Klinikum und der Stadt Bad Soden war einer von mehreren Punkten, die Dr. Klaus Lunau, verkehrspolitischer Sprecher des ADFC Kronberg, am Ausschussabend zur Sprache brachte Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Im Rahmen der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) gab der verkehrspolitische Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club in Kronberg (ADFC), Dr. Klaus Lunau, einen Überblick über aus Sicht des Clubs denkbare Veränderungen zum Thema „Ausbau Radverkehr und Radroutennetz in und um Kronberg“.

Die 1990 gegründete Interessenvertretung, die sich für die Belange der Radfahrer einsetzt, spart seit Jahren nicht mit Kritik gegenüber der Stadt. „Kenntnis der Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung und der Richtlinien zum Bau von Radverkehrsanlagen und deren Beachtung ist der Beitrag, den die Stadt Kronberg häufig schuldig bleibt. An diese Aufgaben erinnert der ADFC-Kronberg bei regelmäßigen Stadtberadelungen mit Vertretern der Stadt seit über 25 Jahren“, heißt es in einer Pressemitteilung der Pressesprecherin und Stellvertretenden Vorsitzenden Jutta Kabbe im Nachgang der Ausschusssitzung.

Aus diesem Grund sah man vonseiten des ADFC Veranlassung, die eigenen Vorstellungen einmal dem zuständigen Gremium vor Augen zu führen. Handlungsbedarf sieht man beispielsweise bei der Anbindung Kronberg-Oberursel wegen ungünstiger Wegeführung und unzureichender Ampelanlage. „An der Ampel Westerbachcenter fehlt eine Radfahrampel“, monierte Dr. Lunau. Suboptimal sei außerdem die Wegeführung im Bereich Waldsiedlung, unter anderem durch einen zu hohen Kantstein. „Bei den jüngsten Teerarbeiten hatte ich ja durchaus Hoffnung, dass diese Misere behoben wird, aber das war nicht der Fall“, bedauerte er. Sein Unverständnis brachte er zum Ausdruck, weil nach Meinung des ADFC Kronberg Anregungen, die im Verlauf von Ortsbegehungen mit Bürgermeister und Zuständigen in der Stadtverwaltung an diese weitergegeben worden seien, nicht umgesetzt werden. Als Beispiel nannte er die Idee einer Mittelinsel am Lindenstruth oder Vorschläge, in weiteren Einbahnstraßen das Radfahren gegen Einbahnstraßen zu erlauben, das heißt, Radfahrer sollen in mehr Einbahnstraßen als bisher gegen die Fahrtrichtung fahren dürfen.

Nicht zielführend

Dazu meldete sich Volker Humburg, Abteilungsleiter des Fachbereich / Referat „Einwohnerservice, Ordnungsangelegenheiten und Sicherheit & Straßenverkehr“ zu Wort, der den Vorwurf, die Stadt mache ihre Hausaufgaben nicht, entschieden zurückwies. „Den Punkt Mittelinsel am Lindenstruth haben wir mit Hessen mobil und der Polizei besprochen, dort hält man diese Lösung nicht zwingend für zielführend und notwendig zur Umsetzung. Zum Thema Freigabe weiterer Einbahnstraßen muss ich ganz klar sagen, es gibt einfach Straßen, wo das zu gefährlich ist, wie in der Kirchgasse, wo die Sichtbeziehung von Rad- und Autofahrern nicht ausreichend gegeben ist.“ Humburg sagte in aller Deutlichkeit, die Ordnungsbehörde und die Stadtverwaltung „tragen die Verantwortung und es ist wenig zielführend, wenn der ADFC immer wieder Punkte auf die Agenda nimmt, die wir bereits abschließend beurteilt haben!“

Dr. Lunau lenkte den Blick an diesem Abend darüber hinaus auf von der Lokalpolitik einträchtig beschlossene Anträge zur Verbesserung des Fahrradklimas in Kronberg, deren Umsetzung die Stadt bisher noch schuldig geblieben sei wie etwa zum gewünschten Radweg nach Bad Soden. „Das ist richtig, da sind wir bisher noch nicht durchgestartet, da müssen wir nach unseren zeitlichen Möglichkeiten einen Vertrag mit Hessen Mobil machen“, räumte dazu Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) ein. Das Thema Radfahren stehe selbstredend beim Baustein Mobilität des Stadtentwicklungskonzepts ebenso mit auf der Agenda wie beim Kreisentwicklungskonzept. „Wir hoffen, dass wir eine Dynamik reinkriegen und vorankommen.“ Derzeit werde die Ausschreibung für das Stadtentwicklungskonzept vorbereitet, die dann der Stadtverordnetenversammlung zur Abstimmung vorgelegt werde.

ADFC-Pressesprecherin und stellvertretende Vorsitzende Jutta Kabbe gibt sich mit diesen Antworten nicht zufrieden. Nach ihren vorliegenden Erkenntnissen hat sich das Fahrradklima, also die Zufriedenheit der Radfahrenden, „in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert, ebenso das Sicherheitsgefühl. Falschparker auf Radwegen, die schlechte Führung des Radverkehrs an Baustellen und die fehlende Breite von Radwegen sind die am meisten kritisierten Probleme. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass man Kinder nur mit schlechtem Gefühl allein mit dem Rad fahren lassen kann.“

Geld sei im Kronberger Haushalt und auch überorts für die Aufgaben reserviert. Kabbe weiter: „Als Ausrede wird nun Überlastung angegeben. Einige Kleinigkeiten wurden umgesetzt, wesentliche andere nicht. Viele Fahrrad-Piktogramme und farbliche Markierungen wie in Frankfurt, möchte man hier nicht.“ So bleibe die Verbindung in die Nachbarorte Bad Soden, Schwalbach, Eschborn, Oberursel und Königstein per Rad riskant oder wenig komfortabel und umständlich. Die Radverkehrsführung auf der L 3015 sei missverständlich (Schöne Aussicht) und daher unfallträchtig (Abbiegemöglichkeit nach Schwalbach an der Treppe und Benutzungspflicht auf dem zu schmalen Bürgersteig mit starkem Gefälle entlang des Linsenhoffgrundstücks). Der ADFC Kronberg überließ den Gremien überarbeitete Listen, die detailliert Aufschluss darüber geben, wo er Handlungsbedarf sieht und was schon geleistet wurde in Sachen Radverkehr.

Kampagne

Das Unsicherheitsgefühl der Radfahrerinnen und Radfahrer und die wachsende Unzufriedenheit mit der Rad-Infrastruktur nimmt der ADFC im 40. Jahr seines Bestehens zum Anlass, eine bundesweite Kampagne für #MehrPlatzFürsRad zu starten. Auch für nicht in ADFC organisierte Mitglieder besteht die Möglichkeit aktiv zu werden. Mehr Informationen auf www.mehrplatzfuersrad.de.



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