Strahlendes Weihnachtskonzert mit Harfe und Tamburin

Kronberg (aks) – „Es kommt ein Schiff geladen bis an sein‘ höchsten Bord, trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewigs Wort“…Der 400 Jahre alten frohen Botschaft von Daniel Sudermann (1626) hauchte Bernhard Zosel, Kantor von St. Johann, am vierten Advent statt mit Pauken und Trompeten mit Percussion und Harfe neues Leben ein, mit einer wunderbar elegischen und klangstarken Komposition, die er teils gegen den Strich bürstete. Der elfköpfige Chor flüsterte, raunte, raschelte dazu mit den Notenblättern und sang bestens vorbereitet ganz im Hier und Jetzt. „Ein Schiff wird kommen“, ein Bild, das weltweit für Aufbruch in eine bessere Welt steht, für die Entdeckung neuer Welten, aber auch für Gefahr und unsichere Ankunft. Jesus liegt nicht wohlig geborgen in Erwartung der guten Gaben der Heiligen Könige in der Krippe, sondern das Kind ist unterwegs zu den Menschen, denen es Liebe bringt. Es „gibt sich für uns verloren, gelobet muss es sein“, dieses Weihnachtswunderkind schenkt neue Hoffnung auf ein würdevolles Leben, für die einen ist es das tägliche Brot, für die anderen ein E-Auto unterm Christbaum. Der Text erscheint aktueller denn je mit 90 Millionen Flüchtlingen auf der ganzen Welt, die auf der Suche nach Frieden und Sicherheit sind. Viele Kinder sitzen in Booten, von denen manche ihr Ziel nie erreichen. Auch sie haben statt Schwimmwesten die Liebe „als Segel“ und den Heilig Geist „als Mast“.

Uraufführung

Die Lockdowns der vergangenen 21 Monate nutzte Bernhard Zosel, begonnene Eigen-kompositionen zu vollenden. Für Zosel war ein auffliegender Vogelschwarm das Bild für „Lebendigkeit und Überwindung aller erdverbundenen Schwere“. Die Uraufführung in St. Johann wurde zu einer Sternstunde in der evangelischen Kirche. Mit überraschenden Stilmitteln und dem sinnlich-besinnlichen Einsatz von Streichern, Klavier (Thorsten Larbig), Harfe (Daniel Noll), Percussion (Andreas Hepp) sowie der mächtigen Orgel (Lars Simon Sokola), in der sich nicht nur liebliche Klänge in die Herzen schlichen, sondern eine Spannung in der Luft lag, die ansteckte: Nicht nur erschlafft am Jahresende in der Kirche sitzen, sondern aufgerüttelt und erfrischt in jede neue Herausforderung starten, wie Jesus, der die reine bedingungslose Liebe zu den Menschen in die Welt brachte.

Ein Bekenntnis zur Jetztzeit ist auch Zosels Messkomposition, eine Kombination aus bekannten Weihnachtsliedern und liturgischen Gesängen. Eine Vokalpolyphonie, die der stark verkleinerte Chor meisterhaft zu Gehör brachte, ebenso wie die vielen a cappella Weihnachtslieder von Leonard Paminger und Praetorius, dem Renaissance-Meister, und seinem Choralkonzert „Vom Himmel hoch“ gleich zu Anfang, der Inbegriff aller Weihnachtsfeierlichkeit. Beschwingt und mit der Fröhlichkeit von Kindern vorgetragen erfreute Francis Chandlers bekanntes englisches Weihnachtslied „King Jesus hath a garden“.

Alle Jahre wieder

Trotz des stark verkürzten Weihnachtskonzerts (statt zwei Stunden diesmal nur zwei Mal 45 Minuten) gelang es den Sängern und Musikern unter der Leitung von Bernhard Zosel den Geist der Weihnacht heraufzubeschwören. Was für das Konzert im Speziellen gilt, nämlich das harmonische Zusammenspiel und das sich aufeinander einlassen, gilt im Großen für alle Menschen. Trotz unsicherer Zeiten durfte man sich in St. Johann für einen Augenblick sicher und geborgen fühlen. Niemand ist allein, wenn wir einander annehmen und auch Fremdheit zulassen. Das Geheimnis von Weihnachten trägt uns und die schönste Form der Liebe, einander freundlich anzunehmen, vereint uns. Für alle Gläubigen ist jeder Gottesdienst die ständige Erneuerung der besonders innigen Verbindung zu Gott, der uns schützt und uns vergibt, aber auch immer wieder aufs Neue herausfordert. Das Wunder von Weihnachten ist ein echtes Wunder, so wie jedes Neugeborene ein Wunder ist. Mit jedem Baby kommt die Liebe zu den Menschen und etwas Neues beginnt.

Der Zauber der Musik

Die knappe Stunde voller Musik der altbekannten, teils 500 Jahre alten Weihnachtslieder, aber auch der Weisen von heute, die Bernhard Zosel neu interpretierte und die uns mit ihrem frischen Klang verzauberten und entrückten, war ein großes Geschenk. Ein großes Dankeschön und viel Lob gebührt dem Kantor von St. Johann, der uns in eine andere Welt entführte. Das strahlende Licht, in dem wir auch selbst wieder ein bisschen Kind sein dürfen, erhellt alle Jahre wieder die Dunkelheit und ermutigt uns weiterzumachen, den Schwächeren zu helfen und uns für ein friedliches Miteinander einzusetzen. Hallelujah – ein vierter Advent voller berührender musikalischer Anmut und einer Botschaft, die uns an das Gute erinnert.

Bernhard Zosel und ein verkleinerter Chor zündeten leise funkelnde Weihnachtsweisen in St. Johann, begleitet vom „Ensemble“ aus Frankfurt mit Harfe und Tamburin.
Foto: Sura



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