Trotz geringen Interesses – Speed-Dating mit allen drei Bürgermeisterkandidaten fordert die Bewerber heraus

Leider nutzten das Format der BM-Kandidaten in der Stadthalle, sie und ihre politischen Kernthemen innerhalb eines „Speed-Dating“ kennenzulernen, verhältnismäßig wenige Bürger.

Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Vier Minuten hatten die drei Bürgermeisterkandidaten Zeit, ihre Kernthemen für Kronberg zu benennen, oder, umgekehrt betrachtet, die politisch interessierten Bürger Zeit, sich von den Kandidaten ein Bild zu machen, ihnen mit Fragen auf den Zahn zu fühlen. So sah es das von den drei Kandidaten gewählte Format, das Speed-Dating, vor, das die drei auf Initiative der weiblichen Anwärterin auf das erste Amt im Rathaus, Kristina Fröhlich, vergangenen Samstagvormittag in der Stadthalle gemeinsam anboten.

Wenig Interesse

Maximal 36 Personen hatten zwischen 10 und 14 Uhr die Chance, den Kandidaten Fragen zu stellen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Doch trotz lebendigem Markttreibens auf dem Berliner Platz blieb die Schlange vor der Stadthalle aus. Bei rund 18.000 Bürgern hätte man ein wenig mehr Interesse auf die Bürgermeisterkandidaten Christoph König (unabhängig), Andreas Becker (CDU) und Kristina Fröhlich (FDP) erwartet, gerade in Corona-Zeiten, wo großformatige Veranstaltungen, um sich bekannt zu machen, schwierig bleiben, die Wahl am 1. November aber schon in unmittelbare Nähe gerückt ist.

Format fordert Kandidaten

Das Format war auch für die drei Kandidaten, wie sie zugaben, völlig neu und damit ungewöhnlich und stellte alle drei auf die Probe: Wie bitte soll man in vier Minuten auf den Punkt kommen, bei Sachthemen tiefer einsteigen, in den Diskurs miteinander kommen? „Wenigstens sechs Minuten wären mit lieber gewesen, um Sachverhalte darstellen zu können“, meinte Christoph König in der Speed-Dating-Mittagspause, dem stimmten auch Kristina Fröhlich und Andreas Becker zu. Allen dreien gelang es mal besser, mal schlechter, die vier Minuten für sich effektiv zu gestalten. Themen, die von den Bürgern angesprochen wurden, waren unter anderem die aktuelle Diskussion zum Ensembleschutz am „Roten Hang“, die Frage nach den Kernthemen der Bürgermeisterkandidaten, die Belebung des Schönberger Ortskerns, der Philosophenweg, die Straßenbeiträge, der ÖPNV (bessere Anbindung der Seniorenwohnstifte) und die Bitte, die Fußgänger (neben den Radfahrern als Gruppe) nicht aus dem Blick zu verlieren.

Ein Ehepaar aus Schönberg wollte wissen, was die Kandidaten dafür tun wollen, damit der Ortsteil nicht „immer weiter zur Wohn- und Schlaftstadt“ mutiert. Dem von der SPD, den Grünen und der UBG unterstützten unabhängigen Kandidaten König fiel dazu ein, es mit der Belebung der vorhandenen Formate zu versuchen: dem Bistro „Alte Grundschule“, das angenommen sei und seit vielen Jahren schon mit Konzerten den Ortskern belebe. Mit dem Pächterwechsel und der Idee einer Jugendkneipe bestehe die Chance einer Weiterentwicklung, führte er nach dem Speed-Dating auf Nachfrage noch weiter aus. Das geplante neue Jugendkonzept und ein Format für die erwachsenen Gäste, dem derzeitigen Stammpublikum, sollten sich möglichst ergänzen. Außerdem setzte er Hoffnung auf die baldige Fertigstellung der Taunushalle, verbunden mit einem neuen Pächter für das dort angeschlossene Restaurant. In den Räumen gebe es Potenzial für weitere Nutzungen, beispielsweise des Vereins Creative Sounds Kronberg. Andreas Becker verwies in seinen vier Minuten ebenfalls auf die Taunushalle, die für weitere Belebung sorgen könnte. „Früher war da jedenfalls mehr los“, stellte er fest, um dann etwas vom Thema abzukommen: „Schönberg ist die Stadt im Garten und dieser Charakter ist beizubehalten“, betonte er, mit weiterer Bebauung, sprich Flächenversiegelung, müsse man hier sehr behutsam umgehen, denn die belaste außerdem das Kanalwegenetz, das jetzt schon, wie das zweite Hochwasser im Ortskern innerhalb zweier Jahre zeige, überlastet sei.

Natürlich waren die Antworten hier schwierig, schließlich ist Schönberg nicht erst seit gestern im Wandel der Geschäftswelt ein abgehängter Ortsteil. Kristina Fröhlich, die Dritte im Bunde, stellte nach dieser Fragerunde fest: „Das Format verlangt einem schon einiges ab.“ Fröhlich sieht die Schwierigkeit für den Schönberger Ortsteil auch darin, dass es die Bürger von hier in die nahe gelegene Kronberger Stadtmitte zieht: „Der Ortsteil liegt geografisch nicht so optimal“, begab sie sich mit dem fragenden Ehepaar gemeinsam auf Gedankenreise. Große Einfamilienhäuser mit älteren Menschen seien eher das Gegenteil von viel Leben. Nachzudenken sei über die Entwicklung von Mehrgenerationenhäusern, so Fröhlich. Außerdem will sie vor Ort in dem Verein „Schönberg lebt!“ nach Experten suchen, um mit ihnen Möglichkeiten der Ortskernbelebung zu entwickeln. Das Ehepaar wünschte sich „wenigstens wieder einen Bäcker oder einen Metzger, am besten aber einen Tante Emma Laden“ in unmittelbarer Laufnähe, um eben mal schnell zu Fuß losgehen und das Auto stehen lassen zu können. Der Markt sei ebenfalls gut angenommen, stellten sie fest und „dank“ Corona gebe es inzwischen ein ganz neues Format in Schönberg – Gottesdienste unter freiem Himmel.

Persönlich Eignung

„Wo sehen Sie Ihre persönliche Eignung als Bürgermeister?“ Mit dieser Frage einer Bürgerin taten sich die Männer in der Kandidatenrunde eindeutig schwerer. Andreas Becker versuchte es zunächst mit einer Aufzählung seiner beruflichen Stationen, die ihm für das Amt den wichtigen Erfahrungsschatz lieferten. Seit 20 Jahren arbeite er als Verwaltungsfachwirt in Führungspositionen, sagte er, sei aktiv in vielen Vereinen, sei Stadtverordneter und habe ein Herz für seine Heimatstadt. Doch das war nicht das, was die Fragestellerin hören wollte. „Ein Herz für die Stadt habe ich ebenfalls, aber deshalb bewerbe ich mich nicht um das Amt des Bürgermeisters. Ich will wissen, was zeichnet Sie persönlich aus?“, hakte sie nach. Becker hierauf: „Ich habe viel Erfahrung in der Stadt sammeln können und weiß deswegen, wo der Schuh drückt.“ Auf die zweite Frage, wo der CDU-Bürgermeisterkandidat „das größte Problem der Kronberger Stadtpolitik“ sehe, erklärte er, eine der größten Herausforderungen für die Stadt Kronberg sei aktuell die Wasserversorgung.

Christoph König, ebenfalls rund 20 Jahre in der Kronberger Kommunalpolitik zuhause, versuchte, sich nicht in der Aufzählung seiner beruflichen Stationen zu verlieren, um seinen Erfahrungsschatz zu dokumentieren. Wichtig sei es, als Bürgermeister den Bogen zu schließen zwischen den Politikern, den Bürgern und der Verwaltung. „Ich denke, ich kann Menschen gut zusammenbringen, dafür sorgen, dass sie einander zuhören und Lösungen finden“, formulierte der unabhängige Kandidat seine Stärken und verwies dabei auf seinen Background als Familienrichter, wo genau das gefordert sei.

Doch diese Fragerunde ging eindeutig an die FDP-Kandidatin Kristina Fröhlich, die keine Mühe hatte, ihre persönlichen Kompetenzen, die sie persönlich für das Bürgermeisteramt auszeichnen, aufzuzählen: „Mich bringt so schnell nichts aus der Ruhe und ich schaffe es, Dinge durchzusetzen“, sagte sie. „In meinem Beruf als selbstständige Marketingfachfrau muss ich ständig Dinge umsetzen und liefern. Und das gelingt mir auch, denn ich bin hartnäckig, habe viel Energie und ich bin neugierig“, brachte sie ihre Kompetenzen auf den Punkt, um auch schnell noch vor dem Vier-Minuten-Break die Frage nach dem ihrer Meinung nach größten Problem in der Stadtpolitik zu beantworten: „Das Tempo.“ Es würden einfach zu viele Dinge beschlossen, dann aber viel zu lange liegengelassen. Wenn von der Menge her in der Stadtverwaltung nicht alles zu stemmen sei, müssten klare Prioritäten gebildet und danach abgearbeitet werden, damit Dinge zum Abschluss gebracht würden. Dafür sei mehr Durchgreifen und Transparenz vonnöten, fügte sie hinzu.



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