Viktoriaschüler wachsen als Zirkusartisten über sich hinaus

Kronberg (mw) – In der Viktoria-Schule durften Eltern und Lehrer verfolgen, wie sich 150 Kinder in nur fünf Tagen in Artisten, Trapezkünstler, Fakire, Tierdresseure und Clowns verwandelten. Bei der Zirkusfamilie Rondel ist es nämlich Programm, dass die Kinder das Zirkusprogramm selbst gestalten. Und inzwischen gehört die Zirkusfamilie in Kronberg fast schon zu regelmäßigen Gästen, machten sie dieses Jahr doch schon in der Kronthal-Schule Station. „Wir konnten sie nun nach vier Jahren, dank unseres tatkräftigen Fördervereins und vieler großzügiger Sponsoren, wieder einladen“, erzählt die Leiterin der Grundschule im Stadtteil Schönberg, Claudia Opsomer. Die Zusammenarbeit mit dem Zirkusteam habe einfach bestens funktioniert, man könne sich auf jeden Einzelnen verlassen. Und dieses Vertrauen sei wichtig bei diesem Projekt, bei dem es darum geht, die Kinder in ihren Neigungen und Fähigkeiten zu erkennen und ihnen einfühlsam zu ihrem ganz großen Auftritt zu verhelfen. Das Ergebnis war, im wahrsten Sinne des Wortes, atemberaubend. Wer eine der Abschlussvorstellungen vergangenen Freitag verfolgte – beim ersten traten auch die Vorschulkinder der Kita Villa Racker-Acker auf –, war begeistert. Von der ersten Minute an waren die Zuschauer gefesselt von den magischen, bezaubernden, aufregenden, vor allem aber atemberaubenden Zirkusnummern. Schließlich waren es die eigenen Kinder, die per Hand das Feuer für die Fackeln weiter reichten, die in schwindelnder Höhe kopfüber am Trapez hingen oder sich von den Zirkusartisten auf dem Trampolin zu Höchstleistungen inspirieren ließen. Ob als magische Taubendresseure, Ziegenbändiger, lustige Clowns, Jongleure oder „alte Artisten“, Eltern, Geschwister, Großeltern, Verwandte und Freunde rieben sich die Augen und hielten die Luft an, wenn sie ihre Kinder in der Manege entdeckten. Ähnlich ging es der Schulleiterin und den Lehrerinnen selbst, die erstaunt waren, mit welcher Leidenschaft und Konzentration die kleinen Nachwuchsartisten bei der Sache waren. „Die Kinder wachsen in dieser Woche sehr“, sind sich Schulleiterin Opsomer und Lehrerin Vivian Lauth einig. Sie lernen auch, dass es um den Erfolg aller gemeinsam geht. „Und mal ehrlich“, meint Opsomer lächelnd, „sie treten hier heute vor 600 Gästen auf, wenn sie das schaffen, dann schaffen sie doch alles!“, meinte sie vor Beginn der Vorstellung und war mindestens so aufgeregt wie die Kinder. Alle einstudierten Programmnummern verliefen zügig und wirkten sehr professionell – und es war so gar kein Störenfried, der aus der Reihe tanzte, zu entdecken. Alles wirkte leicht, magisch und verspielt, obwohl es bestimmt einige Nerven gekostet hatte, mit 150 Kindern ein Team zu bilden, das gemeinsam zwei große Auftritte vorbereitete. Die Kinder bildeten mit ihrer Gruppe, die sie sich zu Beginn der Woche aussuchen konnten, eine Einheit und wuchsen unter den Fittichen der Zirkuspädagogen über sich hinaus. „Was sie sich alles trauen ist ja der Wahnsinn“, war aus den Zuschauerreihen zu vernehmen. Ja, mutig waren sie und sie vertrauten René und Marco Ortmann auf Trapez und beim Turnen auf dem Trampolin voll und ganz. Die Faszination und die Magie des Zirkus war auch für diejenigen, die diesen Mitmach-Zirkus schon einmal gesehen hatten, sofort wieder da. Ein Sack Flöhe hüten mag einfacher sein, als mit 150 Kindern in fünf Tagen Zirkusnummern einzustudieren, mögen sich die Eltern gedacht haben. Diese Zirkuspädagogen müssen in kürzester Zeit ein unglaublich gutes Gespür für jedes Kind entwickelt haben, um sie zu Höchstleistungen zu motivieren, ohne sie zu überfordern. In Kleingruppen wurde die Woche über in Turnhalle und Zirkus unermüdlich trainiert. Natürlich gab es trotz aller Anstrengungsbereitschaft Momente, in denen trotz aller Bemühung etwas nicht klappte und ein Kind der Mut verließ. Doch am Ende siegte die Begeisterung und der Spaß an der Sache, sodass alle Kinder gemeinsam ihre selbstgesteckten Ziele erreichten. In wenigen Tagen lernten sie mit viel Freude, was ein Team zu bilden bedeutet, dass man nur mit Disziplin und Training seine Ziele erreicht und wie toll es ist, die Angst zu überwinden und dafür am Ende Applaus für zu ernten.

Opsomer dankte Eltern und Lehrern für die engagierte Begleitung der Projektwoche. Allein zum Aufbau des Zeltes hinter der Altkönigschule waren 40 Eltern unter Anleitung des Zirkusteams im Einsatz und kamen zum Abbau hoffentlich wieder. Gemeinsam gelang ihnen in vier Stunden das Zelt aufzubauen. Die Rock‘n‘ Roller unter den Artisten waren die Fakire, die neben der Feuerkunst auch verstanden, sich mit nacktem Oberkörper auf ein Nagelbrett zu legen. Die Clowns machten schräge Musik und ließen sich selbst vom Zirkusdirektor nicht davon abhalten, die Akrobatinnen und Akrobaten standen unter anderem auf den Händen der Zirkusakrobaten Kopf und die „alten Artisten“ gewannen die Herzen der Zuschauer mit Handstandüberschlag durch einen Reifen und mit ihren Charme. Ob Tauben- oder Ziegendresseure oder die Jongleure, die mit zwei Tüchern, Ringen und leuchtenden Bällen jonglierten, jede und jeder Einzelne bekam seinen Applaus. Hatten die Turnerinnen zu Beginn schon dafür gesorgt, dass dem einen oder anderen Zuschauer, ganz bestimmt aber den Eltern der Atem stockte, so setzten die Trapezkünstlerinnen zum Abschluss des Zirkusabends noch einen obendrauf: Die jungen Mädchen schwangen sich in schwindelnde Höhen, zeigten anspruchsvolle turnerische Leistungen, die höchste Konzentration und Körperbeherrschung voraussetzten, vor allem aber ein hohes Vertrauen in die Zirkusartisten, an dessen Füßen und Armen sie sich durch die Luft schwingen ließen.

Am Ende brachte Claudia Opsomer das Gefühl aller nach dieser ungewöhnlichen Schulwoche auf den Punkt, indem sie verkündete: „Kinder, ihr wart einfach großartig. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich bin hin und weg, wie ich euch erleben durfte, ihr seid einfach jeder etwas ganz Besonderes.“ Dem konnte sich das Zirkusteam nur anschließen. Das bedankte sich auch für den Einsatz und das Vertrauen der Eltern. Gewachsen ist binnen kürzester Zeit eine Gemeinschaft, bei der sich Erst- und Viertklässler auf dem Schulhof der Viktoria-Schule vielleicht ganz neu begegnen, haben sie doch eben noch gemeinsam in der Manege das Publikum begeistert. Eine Erfahrung, die ihnen keiner mehr nehmen kann. Zu wünschen ist allen drei Grundschulen, dass es ihnen gelingt, das nicht eben billige Projekt alle vier Jahre umzusetzen, sodass jeder Grundschüler in Kronberg in den Genuss einer solchen Zirkuswoche kommt.

Sprachlos machte die Zuschauer diese Trapeznummer zum Abschluss einer bunten Zirkusvorführung, bei der unter anderem auch zahlreiche Clowns für schräge Töne und ein ziemliches Durcheinander sorgten. Foto: Westenberger

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