Forderung der Bürgermeisterin: Allgemeininteresse vor Eigeninteresse

Auch Bürgermeisterin Eva Söllner möchte noch einmal die Gelegenheit nutzen, die Vorteile des geplanten neuen Baugebiets für Liederbach darzustellen, bevor es am Sonntag an die Wahlurnen geht. „Es wird dringend benötigter barrierefreier Wohnraum (Miet- und Eigentumswohnungen) geschaffen, als Infrastrukturkostenausgleich gehen 24 Wohnungen nach Abschluss eines städtebaulichen Vertrages ins Eigentum der Gemeinde über, die die Gemeinde zu bezahlbaren Preisen (8,50 Euro pro Quadratmeter) vermieten könnte. Dies wiederum bedeutet Mieteinnahmen von zirka 200.000 Euro jährlich, die dem gemeindeeigenen Haushalt zugute kommen würden. Alle Erschließungsmaßnahmen gehen zu Lasten des Investors, der für die Oberflächenentwässerung ein Regenrückhaltebecken vorsieht, das auch die bestehenden Wohngebiete im Falle von Starkregenereignissen entlasten würde“, fasst Eva Söllner die Vorteile einer Realisierung der geplanten zwöf Mehrfamilienhäuser zusammen. Nach einem mehrheitlichen „Ja“ der Bürger könnte ein Bebauungsplan aufgestellt und zeitnah mit der Bebauung begonnen werden.

„Die Frischluftschneise wird nicht beeinträchtigt - wer das behauptet ist entweder nicht richtig informiert oder behauptet absichtlich etwas Falsches!“, sagt die Bürgermeisterin über dieses Argument der Bebauungsgegner. „Der Flächennutzungsplan ist in diesem Punkt „endabgewogen“, das heißt, wenn es diesbezüglich Bedenken gegeben hätte, wäre das Gebiet so nicht in den Plan aufgenommen worden“, so Söllner.

Auch dem Artenschutz sei bereits im Vorgriff auf den Plan 2010 weitgehend Rechnung getragen worden.

Dass Streuobstwiesen erhaltenswert und auch ein Charakteristikum unserer Region sind, stehe außer Frage. „Der Bestand in dem betroffenen Gebiet ist aber zum einen nur noch gering und befindet sich nach meinem Kenntnisstand in einem eher schlechten, zumindest seit Jahren auch nicht mehr gepflegten Schnitt- beziehungsweise Erntezustand“, meint Eva Söllner.

Ein Verkehrsgutachten belege, dass der Verkehr In der Eichkopfallee und In den Weingärten natürlich mehr werde, dass aber die Belastung nicht erheblich sei und die Qualität der Kreuzung dadurch nicht herabgestuft werden würde. Bei der Erweiterung der Liederbachschule habe man den Bedarf aus dem Baugebiet bereits mit berücksichtigt, da dies ja auch früher schon einmal geplant worden war.

„Der Einkommensteueranteil macht nach wie vor einen wesentlichen Teil der  Einnahmen der Gemeinde aus und im Zuge der demographischen Entwicklung müssen wir darauf achten, dass die Kosten für die zu erhaltende Infrastruktur nicht auf immer weniger ‚Einzahler‘ verteilt werden muss“, gibt die Bürgermeisterin zu bedenken.

Spekulationen über den architektonischen Spielraum der Projektgesellschaft Horn möchte Eva Söllner ebenfalls Einhalt gebieten: „Die Mehrheit der Gemeindevertreter hat bereits öffentlich bekräftigt, dass maximal eine Bebauung mit zwölf dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern in Frage kommt, die barrierefrei auszuführen sind, wobei Stellplätze in ausreichender Menge in Tiefgaragen und oberirdisch vorzuhalten sind. Eine Visualisierung, wie solche Häuser aussehen könnten, ist auf der Homepage der Gemeinde ebenso wie eine maßstabgerechte Darstellung des Gebiets zur Verfügung gestellt worden.“

„Natürlich würde sich damit die Wohnsituation derer, die bisher in den Weingärten oder Zum Morgengraben das Privileg der Feldrandlage genießen durften, verändern“, räumt Eva Söllner ein. „Und natürlich würde für die Dauer der Bauzeit eine zusätzliche Belastung entstehen.“ Dies sei aber kein Grund, Einzelinteressen über das Allgemeinwohl zu stellen, Quartier Mixte sei keine Alternative.

„Im Quartier Mixte sind die Flächen, die die Gemeinde über die Hessische Landesgesellschaft erwerben konnte beziehungsweise kann, zunächst für eine Einrichtung für Betreutes Wohnen, ein Hotel und einen Kindergarten vorgesehen. Darüber hinaus werden kaum Flächen zur Verfügung stehen, das heißt, die Gemeinde müsste dafür zum Marktpreis Grundstücke ankaufen, um dort günstigen Wohnraum bzw. Sozialwohnungen  bauen lassen zu können“, so die Bürgermeisterin zur Frage nach alternativen Bauplätzen im Quartier Mixte.

In ihrem letzten Infoblatt verweist die SPD zu diesem Thema auf den Masterplan: „Die Gemeinde Liederbach beabsichtigt auf der Grundlage des 2012 beschlossenen Masterplans am östlichen Ortsteil Oberliederbach ein attraktives, standortverträgliches Quartier mit dem Schwerpunkt Wohnen mit unterschiedlichen Wohnformen und einem nennenswerten Anteil an Mietwohnungen und bezahlbaren Wohnraum zu entwickeln“ - dies war die offizielle Begründung des Gemeindevorstands für die Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans im Bereich „Beim Wehr- südlich Augraben“ (Quartier Mixte).

„Unsere Bürgermeisterin behauptet nun, dass die Gemeinde dort keinen bezahlbaren Wohnraum schaffen kann, weil ihr die Grundstücke nicht gehören“, sagt Julio Martinez, Fraktionschef der Genossen. „Weiß unsere Bürgermeisterin nicht, dass man einen bestimmten Anteil an sozial geförderten Wohnungsbau vorschreiben kann, auch wenn man nicht im Besitz der Grundstücke ist? Frankfurt und Hofheim zum Beispiel machen es vor“, weiß Martinez.

Mit zwölf bereits geplanten Wohnungen in der Heidesiedlung und mindestens 30 im Quartier Mixte ließe sich viel mehr bezahlbarer Wohnraum schaffen als beim „Investor-Projekt Nördlich Weingärten“. Und ein Regenrückhaltebecken als Wiedergutmachung für die „Baufehler“ im „Sonnengarten“ könne bei einer staatlichen Förderung von 65 bis 80 Prozent auch die Gemeinde übernehmen.

Jetzt ist es an den Bürgern, zu entscheiden, ob sie das Baugebiet wollen oder nicht. Am 24. September an den Wahlurnen.



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