Großflächiger Einzelhandel im Quartier Mixte

(ds). Für Diskussion sorgte bei der letzten Gemeindevertretersitzung ein Beschluss zur Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans (RegFNP) im Bereich Oberliederbach in eine Sonderfläche für „Großflächigen Einzelhandel“. Wie im Antrag ausgeführt wurde, liegen vier Flurstücke in der Gemarkung Oberliederbach mit einer Gesamtfläche von knapp 12.000 Quadratmetern am Rand des gerade entstehenden Baugebiets „Beim Wehr – Südlich des Augraben“, besser bekannt als Quartier Mixte, sind in diesem aber nicht beinhaltet.

Zwei Flurstücke befinden sich im Besitz der Gemeinde, die beiden anderen Grundstücke befinden sich in Privatbesitz. Im aktuellen RegFNP sind die Flurstücke als Wohnbau- beziehungsweise Grünfläche dargestellt. Da über Teile der Flurstücke eine Hochspannungsleitung verläuft, ist hier die Realisierung einer Wohnbebauung an Restriktionen geknüpft.

Um den zukünftigen Bewohnern des neuen Baugebiets sowie den Anwohnern aus Oberliederbach eine wohnortsnahe Einkaufsmöglichkeit anbieten zu können, ist es sinnvoll, in diesem Bereich einen Vollversorger anzusiedeln, heißt es im Antrag. Die Firma Rewe habe bereits Interesse bekundet, auf dieser Fläche einen neuen Markt zu errichten. Der bereits bestehende Markt würde durch die Rewe-Gruppe anderweitig genutzt werden.

Um einen Vollversorger mit einer Verkaufsfläche von zirka 1.950 Quadratmetern errichten zu können, sei es notwendig, den RegFNP in diesem Bereich zu ändern und eine Sonderfläche für „Großflächigen Einzelhandel“ vorzusehen. Die Gemeindevertretung sollte daher die Verwaltung beauftragen, beim Regionalverband Rhein-Main eine entsprechende Änderung zu beantragen.

Wie Bürgermeisterin Eva Söllner berichtete, sei nun die Rewe-Gruppe auf die Gemeinde zugekommen, da der Markt an der Höchster Straße mittlerweile in die Jahre gekommen und für heutige Ansprüche zu klein sei. Deshalb suche man einen anderen Standort. Da Liederbach keinen Anspruch auf zwei Vollsortimenter der Rewe-Gruppe habe, sei die einzige gangbare Möglichkeit, dass Rewe einen neuen Markt baut. Da biete sich das Quartier Mixte an.

Neben der Fläche für den neuen Markt werden auch Flächen für Parkplätze und den notwendigen ökologischen Ausgleich gebraucht. Das könne unmittelbar neben dem Markt stattfinden, so Eva Söllner. Im RegFNP ist diese Fläche aber als Wohnbaufläche ausgewiesen. Nur ein winziger Teil ist Grün- beziehungsweise Ackerland. Als ökologische Ausgleichsfläche wollen man das Gebiet Nördlich Weingärten anbieten.

Julio Martinez (SPD) äußerte sich positiv zu dem Vorhaben und plädierte dafür, den Beschluss direkt zu fassen, da man sonst zu viel Zeit verliere. Thomas Kandziorowsky (FWG) monierte, dass die FWG vor einem Jahr einen Antrag zur Ansiedlung eines Edeka-Marktes gemacht hätte, wo es damals hieße, das gehe von der Größe her nicht für Liederbach. „Jetzt heißt es plötzlich, bis 2000 Quadratmeter ist es möglich. Und warum muss Rewe da hin? Damals hieß es, man wolle Edeka nicht nehmen, weil der Rewe am Marktplatz beziehungsweise sein kleiner Bruder Nahkauf sonst nicht weiter betrieben werden könne. Und jetzt ist die Größe auf einmal kein Problem mehr“, echauffierte sich Kandziorowsky. Außerdem monierte der FWG-Chef, dass der Auszug aus dem RegFN, der den Gemeindevertretern vorliege, eine ganz andere Darstellung zeige als die, die während der Gemeindevertretersitzung an einer Pinnwand zu sehen war. Auf dieser Grundlage könne er nicht entscheiden. Ferner sei es nicht sinnvoll gewesen, den Termin für die nächste Bauausschusssitzung abzusagen unter diesen Umständen. Schließlich habe man ja etwas zu besprechen.

Jetzt finde die nächste Sitzung erst im März statt, aber nun machten ja ein bis zwei Monate mehr auch nichts mehr aus, man diskutiere darüber ja schon seit sechs Jahren.

Bis die ersten Bewohner im Quartier Mixte einzögen, sei der Markt auf jeden Fall da.

Julio Martinez entgegnete, dass es für die Sitzung der Ausschüsse ja Ladefristen gebe und wenn es dann nichts zu besprechen gegeben hätte, dann hätte sich der Kandziorowsky ganz sicher als erster beschwert.

Andreas Müller (Grüne) begrüßte es ebenso wie sein SPD-Kollege, dass Nördlich Weingärten nun endlich in Grünland umgewandelt werden solle. Auch die Einkaufsmöglichkeit in Oberliederbach befürwortete er. Im Zusammenhang mit der enormen Größe des Markts – der neue Lidl hat im Vergleich rund 1.300 qm Fläche – befürchtet er allerdings auch eine enorme zusätzliche Verkehrsbelastung. Bei den Märkten an der Höchster Straße gebe es immerhin eine Bushaltestelle, die von zwei Buslinien angefahren werde. „Da unten in Oberliederbach ist gar nichts“, so Müller. „Und wer fährt schon mit der S-Bahn da hin? Wir brauchen ein ordentliches Verkehrskonzept“, so der Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Es ist zu befürchten, dass der Riesen-Rewe viele Menschen von außerhalb anziehen wird. Das sollten wir uns gut überlegen“, so Müller, der wie sein FWG-Kollege für den Verweis in den Bau-Umwelt und Planungsausschuss (BPU) plädierte. Auch er monierte die Unterlagen. Eva Söllner verwies darauf, dass der RegFNP jedem Gemeindevertreter zugänglich sei, ebenso wie der Masterplan. Die vorläufige Entwurfsplanung für den Markt habe sie nur aushängen lassen, um zu zeigen, dass das Gebäude selbst nicht unter der Hochspannungsleitung liege. Was das Verkehrskonzept betrifft, so seien Bushaltestellen genau vor dem neuen Rewe vorgesehen.

Die Bürgermeisterin wies außerdem darauf hin, dass man sich anlässlich der Sitzung lediglich dafür entscheide, ob man einen Markt an dieser Stelle wolle oder nicht, die Details würden erst später entschieden.

Auch Hans-Jürgen Jung (FDP) war davon überzeugt, dass die Gemeindevertreter in allen Phasen der Entwicklung voll dabei sein müssten, nicht nur der Gemeindevorstand.

Daher sprach er sich ebenfalls für eine Überweisung in den BPU aus. Der Verweis in den BPU wurde von CDU und SPD mehrheitlich abgelehnt. Der Beschluss zur Änderung des RegFNP wurde unter Enthaltung von FDP, Grünen und FWG angenommen.



X