Durch den Advent auf einer literarisch-musikalischen Reise

Oberursel (bg). Für seine Veranstaltung „Gute alte Weihnachtszeit“ hatte sich das Organisatoren-Paar Heike und Peter Neidhart in diesem Jahr etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Als Erzähler engagierten sie wieder den beliebten Frankfurter Schauspieler Michael Quast und als musikalisches Pedant die Sängerin Saja-Christin mit ihrer Harfe. Kaum waren die Plakate aufgehängt, setzte schon der Run auf die Karten ein. Die adventlich geschmückte Christuskirche war ausverkauft. Am ersten Adventssonntag abtauchen in schöne Kindheitserinnerungen rund um das Weihnachtsfest mit anschließendem Rundgang über den Orscheler Weihnachtsmarkt, das kommt immer gut an.

In gebotener Kürze begrüßte Quast das Publikum und legte los mit der Lesung der „Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens. Die Erzählung um den hartherzigen alten Geizkragen hat schon seit vielen Generationen immer wieder die Menschen berührt. Seit 1843 gilt „A Christmas Carol“ als die beliebteste Weihnachtgeschichte der Welt. Für Ebenezer Scrooge zählt nur Geld. Weihnacht ist ihm ein Gräuel. „Alles Humbug“, erklärt er seinem Neffen, der ihn am Weihnachtstag besucht. Doch in der Weihnachtsnacht erhält der gefühllose, versteinerte Alte Besuch von dem Geist seines ehemaligen Geschäftspartner Jakob Marley. Er kündigt ihm weitere Geister an, die ihn heimsuchen werden. Die Schauergestalten erscheinen Schlag auf Schlag, nehmen ihn mit auf eine Reisen in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

Als er seinen eigenen Grabstein zu sehen bekommt erfasst Todesangst den raffgierigen Alten. Er verspricht dem letzten Geist, Weihnachten von Herzen zu ehren und das ganze Jahr hindurch zu feiern. Als er nach der Hand des Geistes greift, fällt die Erscheinung in sich zusammen, und er hält seinen Bettpfosten umklammert. Ja, es war sein eigener Bettpfosten und ab sofort war sein größtes Glück, alles Geschehene wieder gutzumachen. Der übellaunige Geizkragen verwandelte sich durch seine schrecklichen Erlebnisse in dieser Weihnachtsnacht zu einem fröhlichen, hilfsbereiten und gütigen Menschen, so der Inhalt dieser bewegenden Weihnachtsgeschichte.

Quast hat es bei seiner Auswahl verstanden, in der Kürze der Zeit von ungefähr einer Stunde, geschickt interessante und bewegende Stellen aus dem Klassiker zu präsentieren. Freilich gerne mal mit hessischem Slang und natürlich mit großer Ausdrucks- und Darstellungskraft. Bei seiner Lesung zog der Mime alle Register seiner schauspielerischen Künste und verwandelte sich je nach Textlage vom herzlosen Scheusal Ebenezer Scrooge in einen furchterregenden Geist oder liebevollen Familienvater.

Musikalisch umwobenen wurden die Auszüge aus der Weihnachtsgeschichte von sphärischen Harfenklängen. Saja-Christin spielt nicht nur engelsgleich auf ihrem Instrument, sie ist dazu eine außergewöhnliche Harfensängerin. Ihre Stimme moduliert, unterstreicht und schwebt über den Tönen ihres Musikinstruments. Bekannte Weihnachtslieder wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „Stille Nacht“ erklangen auf nie gehörte Art und Weise. Drei Versionen eines weltweitbekannten Weihnachtsliedes präsentierte sie mit dem traditionellen „Adeste fideles“, es folgte das bekannte „Herbei, oh ihr Gläubigen“ aus dem Kirchengesangbuch und „O Come, All Ye Faithful“ unter dem der Titel in Amerika gesungen wird. Weitere Höhepunkte waren das wunderbare „Amazing Grace“ oder das „Halleluja“ von Leonhard Cohen, das sie fast mit ihrer Harfe verschmelzend vortrug.

500-stimmiger Gesang

Das Publikum war tief ergriffen und bedankte sich mit begeistertem Applaus. Als Zugabe stimmte die Künstlerin „O du fröhliche“ an und lud alle Besucher ein, mitzusingen. Es war ein unglaublich emotionaler Abschluss, als das traditionelle Weihnachtslied, gesungen von über 500 Besuchern, erklang. In dem alten ehrwürdigen Gotteshaus breitete sich mit einem Mal echte Vorfreude auf eine friedliche Adventszeit und das kommende Weihnachtsfest aus.

Saja-Christin und Michael Quast beschwören die „Gute alte Weihnachtszeit“. Foto: bg



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