Aufbruchstimmung beim Altstadtmarkt

Ein bisschen Weinfest-Feeling, ein Hauch von Brunnenfest, Flanieren, Sitzen, Schwätzen, vor allem aber endlich Leben auf dem historischen Marktplatz am Samstagnachmittag gegen halb vier Uhr. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Die Abstimmung mit den Füßen war eindeutig, der „Altstadtmarkt“ kam bei seiner Premiere am Samstag bestens an. Und scheint den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Bei den Flaneuren auf dem Altstadtpflaster am schrägen Marktplatz allemal, die Marktbeschicker zeigten sich ebenfalls zufrieden. City-Manager Marcus Scholl zog am Nachmittag eine uneingeschränkt positive Bilanz und kündigte eine stete Weiterentwicklung des neuen Formats im Gespräch mit den handelnden Akteuren, den Anwohnern, dem Handel und der örtlichen Politik an.

Freundlich, aber bestimmt wurde die letzte Runde und das langsame Ausklingen der Premiere gegen 16 Uhr vom City-Manager angesagt. Es hätte noch länger weitergehen können an diesem sonnig-luftigen Tag, der den perfekten Hintergrund bot, man hatte sich eingesessen, wo es Speis’ und Trank gab, und dem Open-Air-Genuss hingegeben. Da war schon klar, dass dem neuen Konzept vom doppelten Marktgeschehen an Samstagen eine positive Zukunft blüht, zumindest an den lauen und warmen Frühlings-, Sommer- und Herbsttagen. Ein bisschen Brunnenfest, ein wenig Weinfest-Atmosphäre, gepaart mit Wochenmarktständen und Live-Musik als Walking Act, für die Rahmenordnung soll schon bald ein Marktmeister sorgen.

Für das Motto zum Altstadtmarkt haben sich die kreativen Köpfe auf eine Kurzform geeinigt, alles soll möglichst unter der Prämisse „Bio.Regional.Genuss.“ stehen. Bio-Qualität ist sozusagen ein Muss, und am besten ohne Plastik, außer wenn es gesundheitshygienisch bei der Verpackung nicht anders geht. Was im Umkreis von ungefähr 100 Kilometern wächst, gedeiht und produziert wird, gilt als regional, beim Thema Genuss muss die Kundschaft entscheiden, ob das Angebot hält, was es verspricht. Bei „Bottega Italian Slow Food“ gilt auch Olivenöl aus italienischer Produktion noch als regional, Familiensitz ist in Italien, wo die Bäume seit fünf Generationen geerntet und die Oliven verarbeitet werden. Die Betreiber des Marktstands sind längst Wahl-Oberurseler, Cantucci, Taralli und Sugo werden hier produziert. Genuss? Daumen hoch! Gilt unbedingt auch für den Gänseblümchen-Eisteee von Heilkräuterexpertin Verena Herzberger, den „Orscheler Gin“ und ganz sicher für „Brians Best“, Saucen, Salsas und naturtrübes Bier, zusammengebraut, gerührt und gekocht von einem Oberurseler Altstadtbewohner britischer Herkunft. Und wohl auch für alle anderen kulinarischen Angebote, schon vor der Zeit wurde an einzelnen Ständen „Ausverkauft“ annonciert.

Bürgermeisterin Antje Runge hatte das Marktvolk am Vormittag auf das neue „Zwei-Marktkonzept“ in Verbindung mit dem Wochenmarkt auf dem Epinay-Platz eingeschworen. Und dabei erwähnt, dass es hier ja schon einmal einen Markt gegeben habe. Die endgültige Verlegung des zweimal wöchentlichen Handels mit Obst, Gemüse, Käse und anderen Lebensmitteln auf den Epinay-Platz soll nun mit der Rückkehr auf den Marktplatz in neuer Form kompensiert werden. Die Marktbeschicker finden das gut, sehen keine Konkurrenz, hatte deren Sprecher Andreas Gebhard schon vorab verkündet, bei der Eröffnung hat er sich gleich mal umgeschaut. Vor allem aber gehe es um die „Belebung der gesamten Innenstadt“, so Runge, Idee ist das Pendeln zwischen den Orten, damit endlich auch wieder die Geschäfte in der Altstadt und am Markt die Zuwendung des Publikums finden, die ihnen so lange nicht gewährt wurde. Und: „Wir schaffen auf dem malerischen Marktplatz, gerahmt von dem historischen Bauensemble, einen Ort, an dem Nachhaltigkeit, Genuss und ökologisches Denken einen Platz finden und erlebbar werden.“

„Das hat Orschel gefehlt, die Wiederbelebung am Rand der Altstadt“, sagt ein Oberurseler namens Jörg, „man kommt ins Gespräch über Gin aus Oberurseler Produktion und Kunst, eine schöne Verbindung von Einkauf und Kunst“. Die Gattin ist schon mit der Freundin entschwunden, am fahrbaren „Gastro-Bike“ gibt es Kaffee und Espresso, Bio-Eistee und „Orscheler Kekse“ am chic gedeckten weißen Stehtisch mit Grünblume, da werden ein paar Warteminuten gerne in Kauf genommen. Im Hintergrund kommen gerade zwei Flaneure mit mehreren Baguettes französischer Art im Rucksack schlendernden Schrittes vorbei, mobiles Sitzmobiliar, natürlich auch aus nachhaltiger Produktion, lädt „zum Verweilen ein“, hätte Runges Vorgänger Hans-Georg Brum dazu gesagt. Überhaupt sei die „Verweilqualität“ auf dem gemütlichen scheppen Marktplatz erheblich gestiegen, das bestätigt Jörg aus Oberursel.

Auch die Künstlerinnen Birgit Reinecke und Katja Sternkopf von der Künstlergruppe „Roter Schwan“ sind angetan vom Konzept, Reinecke spricht von einer „tollen location“, auch wenn das Geschäft mit Aquarellen und „eco-Print“ auf Seide und Baumwolle mit kompliziertem und aufwendigem Pflanzenfarbendruck nur schleppend läuft. „Man muss es versuchen“, sagt Birgit Reinecke, man hört diesen kurzen Satz oft bei der Premiere des Altstadtmarkts.

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