Breiter Konsens im Parlament gegen eine „Lex Oberursel“

Durch Nachverdichtung in engen Baulücken an der Erich-Ollenhauer-Straße und die gerade fertiggestellten „Erich-Ollenhauer-Höfe“ der Alten Leipziger mit rund 100 Wohnungen könnten schon bald bis zu 1000 Oberurseler mehr in diesem Bereich der Stadt leben. Foto: js

Oberursel (js). Noch hat Oberursel inklusive Ortsteilen rund 47 000 Einwohner. Doch die Zahl der Menschen mit Hauptwohnsitz in der Stadt steigt ständig. Jede Baulücke wird derzeit mit Neubauprojeken gefüllt, überall ragen Kräne in den Himmel, werden neue Baufelder ausgewiesen, wird verdichtet und freie Fläche angeknabbert. Die Stadt und auch das Land Hessen sind daran interessiert, dass neue Wohnungen errichtet werden. Schon bald könnte die 50 000-Einwohner-Marke geknackt werden. Oberursel würde dann einen Oberbürgermeister wählen können, vor allem würde die Stadt nach derzeitigem Gesetzesstand automatisch in den Kreis der aktuell sieben Sonderstatus-Städte in Hessen aufsteigen. Und wäre dadurch trotz zusätzlicher Aufgaben, aber auch weniger Lasten, wahrscheinlich finanziell besser gestellt als bisher.

Nun aber droht eine „Lex Oberursel“, wie es CDU-Fraktionschef Jens Uhlig im Stadtparlament nannte. So empfinden es die Stadtparlamentarier jedenfalls fraktionsübergreifend. Denn im Gesetzgebungsverfahren befindet sich ein Vorschlag der Landtagsfraktionen von CDU und Grünen zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung (HGO). Demnach soll der Sonderstatus mit diversen organisatorischen und finanziellen Regeln eben nicht mehr automatisch bei Erreichen der „50 000“ verliehen werden, stattdessen soll der Automatismus durch eine Einzelfallentscheidung ersetzt werden. Dadurch werde „das Verfahren hochgradig polarisiert“, sagte Wolfgang Schmitt von den Grünen, der Vorwurf der unterschwelligen Willkür klang in den Beiträgen aller Parlamentarier durch, die sich beim Thema Sonderstatus-Stadt zu Wort meldeten.

Eine zweite Stadt mit Sonderstatus außer Bad Homburg im Hochtaunuskreis, sozusagen auf engstem Raum nebeneinander, das dürfte vielen nicht ins politische Konzept passen. „Wir wissen, dass der Hochtaunuskreis dann schlechter gestellt wird und den Gürtel deutlich enger schnallen müsste“, so Andreas Bernhardt von der Oberurseler Bürgergemeinschaft (OBG).

Das Stadtparlament aber wehrt sich gegen die Pläne der Landesregierung und bringt dies in einer Resolution mit ausführlicher Begründung zum Ausdruck, die außer der FDP alle Fraktionen unterstützen. Deren Fraktionsvorsitzende Katja Adler sieht eine „große Unsicherheit in den Zahlen“, die Bürgermeister Hans-Georg Brum auf Anfrage ihrer Fraktion vorgelegt hat, und außerdem „keine Dringlichkeit“ für die Resolution. „Wichtig ist, dass wir unsere Vorstellung vor der Gesetzesänderung einbringen“, sagte indes SPD-Sprecher Wolfgang Burchard, wie die Kollegen von CDU, Grünen, OBG und Die Linke klarer Verfechter der aktuellen Regelung und Gegner einer Gesetzesänderung.

Im besten Fall könne die Stadt vor allem mit einer Besserstellung bei der Zahlung von Kreisumlagen rechnen, heißt es in der umfangreichen Antwort des Magistrats auf die FDP-Anfrage. Auf Basis des aktuellen Haushalts etwa wären 14 Millionen Euro weniger an Kreisumlage zu zahlen. Mögliche „Verschiebungen“ seien dabei aber nicht berücksichtigt, so Brum. Im Gegenzug müsste die Stadt voraussichtlich zwischen 23 und 34 neue Stellen schaffen, um die neuen Aufgaben zu bewältigen. Das könnte bis zu 2,3 Millionen Euro jährlich kosten.

Wichtig ist den Verfechtern des Status Quo mit automatischem Aufstieg in den Kreis der Sonderstatus-Städte auch das damit verbundene Mitspracherecht im Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV). Schließlich investiere die Stadt gemeinsam mit den Stadtwerken mehr als drei Millionen Euro jährlich in den selbst organisierten Stadtbus und die Mitfinanzierung der Stadtbahnlinie U3 der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF). Fazit derjenigen, die die Resolution unterschrieben haben: „Wir Oberurseler sind entschlossen gegen eine Gesetzesänderung“.



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