Bürger zeigen großes Interesse am Haushaltsentwurf 2020

Ernste Miene: Thorsten Schorr beantwortet Fragen der Bürger zum Haushalt. Foto: gt

Oberursel (gt). Die Ankündigung, die Grundsteuer B – sie wird von Haus- und Wohnungseigentümer bezahlt, und da sie umlagefähig ist, indirekt auch von Mietern – von 595 Prozentpunkten auf 880 Prozentpunkte zu erhöhen, war bestimmt ein Grund, warum mehr als 100 Oberurseler am Mittwoch vergangener Woche die jährliche Bürgerversammlung im Rathaus besuchten.

Im ersten Teil des Abends erklärte Stadtkämmerer Thorsten Schorr die wichtigsten Daten des Haushalts. Er sprach gleich das Thema „Grundsteuer B“ an und warf die Frage auf, ob die Erhöhung bereits im vorigen Jahr hätte sein müssen. Grundsätzlich stellte er klar: „Wir haben kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem“. Manche Einkommensquellen seien zwar rückläufig, denn die Gewerbesteuer und kommunalen Anteile an der Umsatzsteuer seien von der wirtschaftlichen Situation in der Stadt abhängig. Bei der Grundsteuer B dagegen handle es sich um feste Zahlen. Ihre Erhöhung bedeute Mehreinnahmen der Stadt in Höhe von 5,7 Millionen Euro. Aufgrund der Insolvenz der deutschen Thomas Cook Tochtergesellschaft halte er keine Änderungen im Haushaltsplan für erforderlich, sagte Schorr, ohne auf konkrete Zahlen einzugehen.

Die Ausgaben würden im kommenden Jahr auf jeden Fall steigen. In den Personalaufwendungen sei mit einer Erhöhung von 1,7 Millionen Euro zu rechnen. Dabei würden allerdings 12,5 neue Stellen geschaffen, die Hälfte davon im Bereich Kinderbetreuung. Allein die Gehaltserhöhungen durch Tarifverträge beschere der Stadt Mehrkosten von 460 000 Euro im kommenden Jahr. Ebenso stiegen die Kosten für Sach- und Dienstleistungen sowie die Aufwendungen für Arbeiten, die an die BSO übertragen werden. Doch schließlich seien es andere große Posten, die den Haushalt belasten. Schorr nannte die neue „Heimatumlage“, die Oberursel zwei Millionen Euro kosten werde. Nach Vorgabe der Landesregierung müsse Oberursel als „abundante Kommune“ – eine Stadt, deren Finanzkraft höher ist als ihr Finanzbedarf – in den neuen Topf einzahlen. Zusammen mit der Kreisumlage und den Ausgaben für „Pflichtaufgaben“ wie Kinderbetreuung habe Oberursel keinen bis wenig Einfluß auf etwas über 70 Prozent seiner Ausgaben. Viele davon seien einfach durchlaufende Posten.

Schorr hofft, dass durch Verhandlungen zur Reduzierung dieser Umlage sowie durch neue Erkenntnisse aus den aktuellen Abrechnungen externer Träger in der Kinderbetreuung die Ausgaben noch reduziert werden können. Damit wäre eine geringere Anhebung der Grundsteuer B von nur 210 statt 285 Prozent denkbar. Dennoch hätte Oberursel einen Steuersatz von 805 Prozent und würde damit den bisherigen Spitzenreiter im Hochtaunuskreis, Steinbach mit 650 Prozent, überholen.

Neue Stellen im Rathaus

Von den Bürgern wurde die Erhöhung der Stellenzahl um 6,5 Stellen in der Kernverwaltung hinterfragt. Bürgermeister Hans-Georg Brum erklärte, dass 1,5 Stellen davon in der IT geschaffen werden sollen, um die neuen digitalen Onlinedienste zu unterstützen. Eine Stelle sei für die Stadtpolizei vorgesehen, eine Stelle im Bereich der Gremienbetreuung geplant, um den Mehraufwand durch die neuen Ortsbeiräte zu bearbeiten. Die Ausgaben für den neuen Citymanager und für den Rahmen an der alten Gerichtslinde wurden in Frage gestellt. Der Bürgermeister stellte klar, dass der Rahmen keine Aktion der Stadt war, sondern eine Initiative des Regionalparks. Zum Citymanager erklärte er, dass durch die Aktivitäten in Oberursel – auch in Zusammenarbeit mit den Vereinen – die Stadt an anderen Stellen Geld spart. Außerdem erhöhten Aktionen die Attraktivität der Innenstadt.

Bei Vorschlägen zu Einsparungen wurde nach den Prioritäten gefragt. Dazu erklärten Brum und Schorr, dass man keine leichten Entscheidungen treffen könne. Schorr nannte zwei größere Beispiele: die U-Bahn zwischen Bahnhof und Hohemark sowie die Stadthalle. Beides seien keine Pflichtaufgaben der Stadt, aber würde man auf sie verzichten, hätte das für Pendler und Vereine erhebliche Konsequenzen. Brum erinnerte an die „Welle der Empörung“ im vorigen Jahr, als der Rummelplatz bei der Kerb und der Marktplatz am Weihnachtsmarkt eingespart wurden. Natürlich wurde die Grundsteuererhöhung angesprochen. Bürger fragten, wie damit „bezahlbarer Wohnraum“ geschaffen werden soll.

Bauaufsicht behalten

Auch einige Politiker stellten an diesem Abend Fragen zum Haushalt. Andreas Bernhardt (OBG) wollte wissen, warum Oberursel sich eine eigene Bauaufsicht leisten müsse, wenn diese Funktion vom Kreis übernommen werden könnte. Schorr nannte zwei Gründe. Erstens generiere die Bauaufsicht Einnahmen für die Stadt durch Gebühren, die ansonsten an den Kreis gehen würden. Zweitens gebe es keine Garantie, dass der Kreis die Mitarbeiter übernehmen würde, und so müssten sie im Rathaus bleiben und weiter bezahlt werden. Brum ergänzte, dass die eigenständige Behörde auf Investoren positiv wirke, da sie bei Gesprächen kompetente Ansprechpartner der Stadt am Tisch habe. Stadtverordnetenvorsteher Gerd Krämer erläuterte später, dass die Bauaufsicht der Stadt per Verordnung des Landes zugewiesen wurde. Ob das Land bereit wäre, seine Verordnung zu ändern, wisse niemand: „Ganz sicher wäre die Voraussetzung für das Land ein Einvernehmen zwischen Stadt und Landkreis. Bisher hat der Kreis kein Interesse an der Übernahme der Oberurseler Bauaufsicht gezeigt. Zwingen kann die Stadt den Landkreis nicht.“

Dr. Cornelia Andriof (FDP) fragte, ob es eine „Grundsteuerbremse“ gebe und sprach die Neuregelung der Grundsteuer an, nachdem die aktuelle Regelung im April 2018 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden sei. Schorr antwortete, dass das Gesetz für die Neuregelung noch nicht verabschiedet sei und erst ab 2025 in die Berechnung einfließen werde. Tatsächlich habe das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung bis Ende 2019 Zeit gegeben, eine Neuregelung zu erlassen, und entschieden, dass die alte Regelung bis 2024 angewandt werden darf.

Rekordfragesteller dürfte Jürgen Kaziur gewesen sein. Neben seinen Fragen zu den Kosten für die Hallenbadsanierung, für die Entsorgung der verseuchten Erde in der Frankfurter Landstraße, zu den neuen Stellen und zu den Bemühungen, die Firma Hewlett-Packard nach Oberursel zu locken, machte er auch einige Vorschläge, um die Erträge der Stadt zu verbessern, ohne die Grundsteuer B erhöhen zu müssen. Er hat als Bürger „beantragt“, dass die Hundesteuer verdoppelt, die Spielapparatensteuer von 20 auf 22 Prozent erhöht wird, und er appellierte an Ersten Stadtrat Christof Fink, die Kindergartengebühren regelmäßig automatisch zu erhöhen, um die steigenden Gehälter der Erzieher zu bezahlen, allerdings mit „Ausnahmen für alleinerziehende Mütter“. Fink sprach von Überlegungen, die Kita-Gebühren auf einkommensabhängige Elternbeiträge umzustellen, lehnt aber eine Erhöhung im aktuellen Haushaltsplan ab, da erst im vergangenen Jahr eine Anpassung stattgefunden habe.

Zum Schluss gab es Lob von Kaziur für den Stadtkämmerer. Er finde es nicht schön, dass Schorr die Stadt verlasse und es danach keinen Verantwortlichen für die Finanzen gebe, obwohl die Stadt „riesige Verluste“ macht. Schorr zeigte sich überrascht über dieses Lob aus den Reihen eines Bürgers, der bekanntlich der OBG nahesteht.

Am folgenden Tag fand eine ganztägige Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses statt. Nun können die Bürger per E-Mail an kaemmerei[at]oberursel[dot]de bis zum 25. Oktober Vorschläge zum Haushalt einreichen. Der Haushalt wird am 28. Oktober im Ortsbeirat Stierstadt, am 29. Oktober im Ortsbeirat Oberstedten und am 30. Oktober im Ortsbeirat Weißkirchen beraten. Dort können auch stadtteil-relevante Vorschläge eingebracht werden. Auch bei der Ausschusssitzung am 7. November wird es eine Bürgerfragestunde geben, bevor am 14. November die endgültige Beschlussfassung in der Stadtverordnetenversammlung stattfindet.



X