Durchstich zum „unmotivierten Knick“

Warteschlangen am Bahnübergang bis hinauf in die Adenauerallee und ums Eck in die Nassauer Straße, damit wird Schluss sein, wenn das Konzept wie geplant umgesetzt wird. Der S-Bahn-Übergang wäre dann zumindest für Autos endgültig Geschichte. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Schöne neue Verkehrswelt im Bahnhofsumfeld und endlich der Durchstich zur Weingärtenumgehung. Bürgermeister Hans-Georg Brum, Chef-Stadtplaner Arnold Richter und Verkehrsplaner Uli Molter sind überzeugt, den Weg zur lange gewünschten Verkehrslösung am Bahnhof und in dessen Umfeld gefunden zu haben. Eine Lösung, die allen Beteiligten so wenig wie möglich Schmerzen bereitet und gleichermaßen Entlastung bietet. Und der Stadt „extrem helfen würde“, so Brum.

Jede Menge „Visualisierungen“ können die Planer schon jetzt bieten. Bilder, die zeigen, wie es irgendwann vielleicht bald einmal am Bahnhof aussehen könnte. Mit einer „Mobilitätsstation“ da, wo jetzt noch ein öder Park & Ride-Platz ist, mit daran vorbeifließendem Autoverkehr in Richtung Bad Homburg und Autobahnanschluss, mit Busstation auf dem Platz des 17. Juni. Mit einer grünen, lebendigen Lärmschutzwand vor den Häusern der Nassauer Straße zwischen Feldbergstraße und Berliner Straße und nur noch einspurigem Verkehr dort in Richtung Innenstadt, mit für den Autoverkehr geschlossenem Bahnübergang an U- und S-Bahn in Höhe des alten Bahnwärterhäuschens. Vor allem aber mit dem seit Jahrzehnten erträumten „Durchstich“ zur Weingärtenumgehung, dem entscheidenden Punkt, durch den das verkehrliche Gesamtkunstwerk erst den entscheidenden Wert bekommt.

Zehn Jahre nach dem ersten großen Schritt am Bahnhof mit der Einrichtung der „Personenunterführung Ost“ (PU Ost), der Sanierung des alten Bahnhofsgebäudes und dem großzügig umgebauten Vorplatz wird nun der zweite große Schritt angepeilt. Es könnten noch einmal zehn Jahre ins Land gehen, bis der zweite Schritt vollendet wird. Bei den Verkehrsmodellen wurden der „Nullfall 2030“ (ohne Durchstich) und der „Planfall 2030“ (mit allen neuen Verkehrsideen) zugrunde gelegt. Entscheidend für die Planer: „Alle planungsrechtlich relevanten Abhängigkeiten müssen rechtssicher abgearbeitet werden.“ Denn es geht um zwei Bebauungspläne, um die Straßen- und Bahnhofsumfeld-Planungen und um das Wohnungsbauvorhaben „Gleisdreieck“ zwischen U- und S-Bahn-Gleisen. Es müsse verhindert werden, dass entweder die Straße oder der Gebäudekomplex nicht gebaut werden können.

200 Meter zum Glück

Kernstück, ohne das alles andere nicht funktionieren würde, bleibt der Anschluss an die Weingärtenumgehung, wo der Verkehr schon seit zwei Jahrzehnten fließt. Stets flüssig, weil ein einst geplanter Hauptstrang noch nicht angedockt wurde. Man könnte fast sagen, die letzten 200 Meter zum Glück fehlen noch. Am „unmotivierten Knick“, wie Verkehrsplaner Molter die scharfe Kurve an der S-Bahn-Unterführung nennt, sollen die beiden Straßen verknüpft werden. „Wir tauchen ab wie die U-Bahn“, so Molter. Die Visualisierung zeigt eine Kreuzung wie ein Stück oberhalb auf dem Oberhöchstadter Berg, wo die Umgehung beginnt. Mit Ampelsteuerung für den Verkehr rechts rum in Richtung Oberhöchstadt oder nach links in das Gewerbegebiet Süd. Im „Planfall 2030“ würde der Durchstich von etwa 16 000 Fahrzeugen in 24 Stunden befahren werden. Die obere Oberhöchstadter Straße würde, wie immer gewünscht, um etwa 6000 Fahrzeuge im gleichen Zeitraum entlastet.

Der Durchstich ist sozusagen Bedingung für die Änderungen im Verkehr rund um den Bahnhof. Simulationen mit bewegten Pfeilen und leuchtenden Punkten zeigen, was dort alles passieren und wie die Verkehrsströme fließen könnten. Zweispurig auf dem Durchstich, ehe sich auf Höhe der Feldbergstraße die Autowege trennen. Was aus dem Süden kommt, wird dort rechts ab in Richtung Bad Homburg gewiesen. Vorbei an der PU Ost und den Taxistreifen, vorbei an der Mobilitätszentrale parallel zur S-Bahn bis zur Drei-Hasen-Brücke, wo es wieder auf die gewohnte Strecke geht. Vor dem Bahnhofszugang wird die Straße auf einem kleinen Stück geteilt, für den Lieferverkehr und eine „Kiss & Ride-Spur“. Ein „intelligenter Verkehrsrechner“ soll stets im Blick haben, wann der Autoverkehr für Fußgänger kurz angehalten werden muss. Für Fußgänger etwa, die zur nahen Bushaltestelle auf dem „Platz des 17. Juni“ wollen, oder für Schüler, die es morgens eilig haben, zu ihrem Arbeitsplatz an den Schulen zu kommen.

In umgekehrter Richtung von der Drei-Hasen-Brücke in die City soll eine Einbahnregelung eingeführt werden, spart laut Plan 10 000 Fahrzeuge pro Tag auf der Nassauer Straße. Für die geplagten Anwohner wird die Straße zwischen Feldbergstraße und Berliner Straße von den Grundstücken abgerückt, eine ungefähr zwei Meter hohe, mit Erde befüllte Wandkonstruktion soll für weitere Lärmminderung, Sichtschutz und bessere Luft sorgen. Die Wand wird „begrünt, beblumt und bekräutert“, wie es bei der Präsentation scherzhaft formuliert wurde.

Sieben plus 18 Millionen Euro

Zwischen Grünschutz und Häusern wird der nördliche Fahrrad- und Fußweg verlaufen, zweite Achse ist der geplante Radschnellweg von Friedrichsdorf bis Frankfurt, der südlich entlang der U-Bahn verlaufen soll. Der Bahnübergang Richtung Frankfurter Landstraße darf nur noch von Fußgängern, Radfahrern und Rettungsfahrzeugen genutzt werden. Für den erwarteten Mehrverkehr auf der Adenauerallee muss noch die richtige Lösung gefunden werden. Und für die Finanzierung des Projekts. Im Planspiel wird von rund sieben Millionen Euro für den Durchstich ausgegangen, alles, was zwischen Adenauerallee und den „Drei Hasen“ passiert, dürfte sich auf etwa 18 Millionen Euro belaufen. Gerechnet wird im Rathaus mit mindestens 70 Prozent Fördergeldern.

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