Einfühlsames Solo am Fagott und vier Hände auf der Tastatur

Oberursel (ow). Beim zweiten Dozentenkonzert gab es, nicht auf, sondern etwas für die Ohren. „Das ist das erste Konzert der Musikschule Oberursel seit März“, sagte Holger Pusinelli, „wir sind alle sehr froh darüber, dass wir wieder auftreten können. Auch wenn wir in der langen Corona-Pause viel online gemacht haben, freuen wir uns langsam wieder zu so etwas wie Normalität zurückkehren zu können“. Die wenigen Auserwählten, die das Konzert miterlebten, bekamen ein Programm vom Feinsten geboten. Bei strengen Hygiene- und Abstandsvorschriften durften nur 50 Personen, die sich vorher angemeldet hatten, im Rathaus-Sitzungssaal Platz nehmen. „Leider mussten wir einige Leute wieder wegschicken“, bedauerte der Musikschulleiter. Der Eintritt war frei, Spenden hochwillkommen, und die flossen nach dem Ende des fulminanten Auftritts der beiden Duos reichlich. Der Erlös kommt ausschließlich den Künstlern zugute.

Zwei Duos stellten sich vor. Symeon Rizopoulos ist Dozent für Fagott an der Musikschule. Für das Konzert hatte er die Sonate F-Dur von Georg Philipp Telemann und eine Sonate für Fagott und Klavier op. 168 von Camille Saint-Saens ausgewählt. Begleitet wurde er von Cornelia Neuwirth am Klavier. Selten wird die Gelegenheit geboten, die vielschichtigen Farbentöne „des Doppelrohr-blattinstruments in Basslage mit sechs Grifflöchern“ solistisch zu erleben, das war schon ein besonderer Hörgenuss. Die Telemann Sonate in F –Dur kommt beim Allgreo heiter und fröhlich daher, dunkel und getragen im Largo, fein nuanciert durch das Spiel von Symeon Rizopoulos, und endet temporeich im Allegro.

Georg Philipp Telemann war der gefeiertste Zeitgenosse von Bach und zu dessen Lebenszeiten viel bekannter. Camille Saint-Saens gilt als der berühmteste Komponist der „Belle èpoque“ mit ihrem Aufbruch in eine neue Lebenslust. Bei seiner Sonate für Fagott und Klavier, erhebt das Fagott seine Stimme über das Tasteninstrument, und beide Instrumente wetteifern in den vier Sätzen in schnellen Läufen miteinander. Das Fagott ist in allen Tonlagen gefordert. Symeon Rizopoulos bewies dabei seine hohe Spielkunst, einen langen Atem, und die Pianistin glänzte mit passgenauer, einfühlsamer Begleitung.

Klaviermusik mit vier Händen gab es anschließend durch das Duo Xiaoting Yang und Yinong Wang. Und sie hatten einen echten Leckerbissen in ihrem Programm, die „Rhapsody in Blue“ von George Gershwin. Die Rhapsody wurde 1924 in New York uraufgeführt, wobei der Komponist selbst am Klavier saß. Gershwin hat den damals neuartigen Versuch unternommen, Jazz und konzertante Sinfonik zu verbinden. Seitdem hat das Werk seinen Siegeszug durch die ganze Welt angetreten. Das markante Eingangsthema zieht sich in allen Varianten wie ein roter Faden durch das Stück, kunstvoll interpretiert von dem Duo Xiaotin Yang und Yinon Wang. Verblüffend und erstaunlich zugleich, wie die vier Hände dabei über die Tasten flogen oder handfest auf sie einhämmerten. Sie spielten die schnellen Läufe, die dramatischen Ausbrüche und die eigenwilligen Passagen ausdrucksstark und hoch konzentriert.

Gestartet waren die beiden Musikerinnen mit dem wunderschönen Marsch aus der Nussknacker-Suite von Tschaikowski. Es folgten die berühmten ungarischen Tänze Nr. 2, 4 und 5 von Johannes Brahms, der sehr erfolgreich die populären ungarischen Volksweisen, damals bekannt als „Zigeunermusik“, aufgriff und sie „für Klavier mit vier Händen“ arrangierte. Ende des 19 Jahrhunderts waren Ungarn und seine typischen Volksmelodien „in“, heute zählen sie zum Standardprogramm der klassischen Musik. Mit ihrem letzten Stück verzauberten die beiden Musikerinnen am Klavier das Publikum mit ganz anderen Klängen. Es gab den „Libertango“ von Astor Piazolla. Im 19. Jahrhundert galt der Tango noch als Musik der Bordelle. Im Lauf der Jahrzehnte trat er, weiterentwickelt zum Tango nuevo vom Großmeister Astor Piazolla, seinen Siegeszug durch die Cafés und Nightclubs an. Längst können sich auch berühmte klassische Musiker seinem Sog nicht entziehen und haben Stücke von Piazolla in ihrem Repertoire.

Das Duo Yang & Wang hatte ein unglaublich schönes und abwechslungsreiches Programm zusammengestellt und das Publikum damit begeistert. Für die beiden Dozenten der Musikschule Symeon Rizopoulos und Xiaoting Yang mit ihren Partnerinnen Cornelia Neuwirth und Yinong Wang gab es am Ende den wohlverdienten, stürmischen Applaus. Schulleiter Holger Pusinelli verteilte Rosen an den Mann mit dem Fagott und die drei Klavierspielerinnen.



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