Erinnerung im Garten an 17-Covid-Opfer

Ute Wagner und Thomas Warsitz vom Sozialdienst halten die Gedenksteine mit Namen und Todesdatum der Opfer hoch und entzünden die Gedenkkerzen. Die Namen dazu verliest die Pastoralreferentin. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel (js). Fahnen vor dem Rathaus zur Trauerbeflaggung auf Halbmast gehisst, Glockengeläut von den Türmen der Christuskirche und von St. Ursula zur Mittagsstunde, stellvertretend für alle evangelischen und katholischen Kirchengemeinden der Stadt. Eingeladen, ein Zeichen der Trauer und Teilnahme zu senden, waren alle Kirchen und alle Menschen. Am bundesweit zentralen Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer der Corona-Pandemie sollte die Zeit für Momente stillstehen, „Trauern und Trösten“ in diesen Augenblicken im Mittelpunkt stehen.

Am Sonntagnachmittag um 15.30 Uhr läuteten die Glocken ein zweites Mal, im Garten des Traute-und-Hans-Matthöfer-Hauses der Arbeiterwohlfahrt. Zu hören waren sie auch in den neuen Häusern mit ihren schönen Gärten im Umfeld der Kronberger Straße, auch deren Bewohner sollten teilhaben können an der Trauer- und Gedenkfeier im weitläufigen Gelände hinter dem Haupthaus des Senioren- und Pflegeheims. Am nationalen Gedenktag für die Corona-Opfer sollte Zeit sein für Trauer und Erinnerung. „Der Tod ist keine statistische Zahl, sondern tragische Realität“, hatte der Bundespräsident bei einem zentralen Gedenkgottesdienst in Berlin gerade gesagt. Im November kam die tragische Realität mit Wucht in das Traute-und-Hans-Matthöfer-Haus, insgesamt 16 Bewohner starben nach einer Infektion mit dem Virus, von dem das Haus so lange verschont geblieben war. Gestorben in Zusammenhang mit Covid-19 ist auch eine langjährige Mitarbeiterin der Awo, sie stand gerade vor dem Übergang in die Rente.

Der ökumenische Gedenkgottesdienst unter freiem Himmel sollte an „17 einzigartige Menschen“ erinnern, wie es die Pastoralreferentin Kerstin Kilb der katholischen Pfarrei St. Ursula bei der Begrüßung der Gäste formulierte. „Menschen, die Sie vermissen, um die Sie trauern. Wir trauern um 17 Menschen, der Tod war bei vielen einsam, Angehörige konnten beim Sterben nicht dabei sein.“ Am Sonntag war Zeit für Trauer und Erinnerung für die rund 50 Besucher des Gottesdiensts. Menschen, die im Awo-Heim wohnen, Angehörige der Verstorbenen, viele waren auf die Terrasse im Garten gekommen, andere folgten dem Gottesdienst von Fenstern aus. Im Hintergrund plätscherte Brunnenwasser, fröhliches Vogelgezwitscher war zu hören. Pastoralreferentin Kilb hielt den Gottesdienst allein, die evangelische Pfarrerin Iris Berg-Ebert hatte wegen Krankheit kurzfristig abgesagt.

17 einzigartige Menschen wurden noch einmal verabschiedet am Sonntagnachmittag. Ihre Namen wurden verlesen, für jeden wurde eine Kerze entzündet und zu einem kleinen Gedenkstein gestellt. Eine letzte Kerze wurde auf Wunsch von Pfarrerin Berg-Ebert für alle anderen Menschen entzündet, die an anderen Orten zu anderen Zeiten am Corona-Virus gestorben sind. Am Montag haben sie den Speisesaal im Traute-und-Hans-Matthöfer-Haus zu einem „Raum des stillen Gedenkens“ umgestaltet, so die Einrichtungsleiterinnen Christiane Rink und Leyla Saglam. Mit meditativer Musik im Hintergrund, mit den Kerzen, mit den Gedenksteinen und mit Fotos der Verstorbenen.

Die Stadt Oberursel wollte mit dem großen Glockengeläut und der Trauerbeflaggung am Rathaus auch an die vielen Opfer der Corona-Pandemie in der französischen Partnerstadt Epinay-sur-Seine und bei den Freunden in der englischen Partnerstadt Rushmoor erinnern und ihrer gedenken. Eines der frühen Opfer war der in Oberursel wohlbekannte Frank Rust, stellvertretender Bürgermeister in Rush- moor. Im Mai vergangenen Jahres hätte der 81-Jährige seine Amtszeit als Bürgermeister antreten sollen, Ende März verstarb er. Über Jahrzehnte war Frank Rust einer der Aktiv- posten der Städtepartnerschaft auf englischer Seite, er hatte sie „stets unterstützt und aktiv gelebt“, so Bürgermeister Hans-Georg Brum über den Kollegen aus England.

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