Expedition in das innovative Umfeld des Silicon Valley

Die Reise nach Kalifonien ist keine Erholungstour – im Gegenteil. Foto: Hünlein

Oberursel (ow). Marit und Alexandra Hünlein besuchen die zehnte Klasse am Gymnasium Oberursel und nutzten die Chance, zusammen an einer Wirtschaftsexpedition von Master-Mint, Institut für Jugendmanagement, nach Kalifornien in das Silicon Valley teilzunehmen. Für die Oberurseler Woche haben die Zwillinge einen Erfahrungsbericht über ihre spannende Reise verfasst.

Als wir Ende 2018 von der Wirtschaftsexpedition erfuhren, waren wir sofort begeistert, und unsere Unternehmenslust war geweckt. Nach einer erfolgreichen Bewerbung fingen wir an mit den Vorbereitungen für die Reise. Wir absolvierten einen Erste-Hilfe Kurs, einen Informatikkurs und machten uns auf die Suche nach Sponsoren. Voller Vorfreude warteten wir ungeduldig auf den 26. Mai, den Beginn unseres anstehenden Erlebnisses.

Bei dieser Expedition gab es kein festgelegtes Forschungsziel. Die Zielsetzungen erarbeiteten wir bei einem Zusammentreffen aller Expeditionsteilnehmer in Heidelberg und einigten uns auf die vier Themen „Arbeit und Kultur“, „Technik und Zukunft“, „Bildung“ und „Startups“. Die Diskussionen und die Festlegung der Methodik dauerte bis spät in die Nacht, und nach zwei Stunden Schlaf gingen wir an Bord für einen elfstündigen Flug nach San Francisco.

Gleich am nächsten Tag ging es mit dem Befragen der ersten Personen in Downtown San Francisco los. Nach der Erfassung der wichtigsten Ergebnisse mittels einer Excel-Tabelle begannen wir schon parallel mit der Auswertung. Dazu haben wir gemeinsam als Team eine Präsentation erstellt, mit der wir jeden zweiten Abend den anderen Teams unsere Ergebnisse vorstellten. Dieser Arbeitsprozess zog sich durch die ganze Expedition im Silicon Valley.

Die Präsentationen hatten einerseits den Zweck, die anderen Teams über neue Erkenntnisse zu informieren, andererseits sollte auch der Umgang mit Power Point verbessert werden. Mit dem stetig steigendenden Anspruch an die Komplexität der Präsentationen und die Vortragstechniken stieg auch der Zeitaufwand, und es wurde immer mehr Kreativität beim grafischen Design der Präsentation gefordert. Dadurch konnten wir nicht nur unsere Präsentationsfähigkeiten verbessern, sondern wir erlernten auch den Umgang mit Rückschlägen. Und wir sind in gewisser Weise auch kritikfähiger geworden.

Besonders interessant beim Forschen war, sich alle zwei Tage in neue Teams aufzuteilen, um zu dem anstehenden Thema zu recherchieren, zu beobachten und zu befragen. Durch die verschiedenen Gruppenkonstellationen gewannen wir an Einsicht in verschiedene Meinungen und Lösungsansätze. Die Tatsache, dass die Expeditionsteilnehmer aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich, Japan und Schweden kamen, trug zu einem eindrucksvollen kulturellen Austausch bei, und interessante Gespräche ergaben sich. Durch Gruppenarbeiten und sonstige Aktivitäten als Team, etwa einen Programmier-Workshop, wurde Teamarbeit gefordert, und schnell entstanden ein Gemeinschaftsgefühl und ein guter Teamgeist. Darüber hinaus haben wir viele enge Freundschaften geschlossen und motivierte Leute kennengelernt.

In den zwei Wochen im Silicon Valley haben wir die Firmen Google, Apple, Ebay, Intel und SAP besucht. Besonders der Besuch des Softwareherstellers SAP hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Professor Dr. Dr. Victor Taratukhin hielt dort für uns eine Präsentation über Design-Thinking und über die Zukunftspläne von SAP. Außerdem führte er uns um den Campus, und wir konnten auch mit den Beschäftigten von SAP ins Gespräch kommen, die alle sehr freundlich waren und stets versuchten, unsere Fragen zu beantworten.

Ein weiteres großes Erlebnis war der Besuch der Universitäten im Silicon Valley. Während wir dort waren, haben wir die Universitäten Stanford, Berkeley und Santa Clara besucht. An allen Universitäten erkundeten wir den Campus und konnten uns mit den Studenten austauschen. Die Stanford Universität haben wir gleich zweimal besucht und waren von den Studenten und dem Campus extrem beeindruckt. Das Highlight dort war der Besuch der sogenannten ME 310 EXPE 2019. Dies ist ein jährlicher Wettbewerb, bei dem internationale Studententeams Prototypen eigener technikbezogenen Erfindungen präsentieren. Diese Projekte werden innerhalb eines Jahres in Zusammenarbeit mit großen Firmen entwickelt. Am beeindruckendsten fanden wir einen kostengünstigen Wasserfilter für Menschen in Ländern mit schwacher Infrastruktur und ein Notfallkommunikationssystem für Krisenfälle.

Ein Ort, der uns besonders gefallen hat, war ein sogenanntes Co-Working Space, das „HanaHaus“. Von SAP ins Leben gerufen, treffen sich dort täglich Studenten und Freidenker, Gründer und Investoren, um sich über die neusten Innovationen auszutauschen. Nach einer ausführlichen Präsentation über die Geschichte des „HanaHauses“ von Mitarbeiterin Christine Gerhard hatten wir erneut die Möglichkeit, die Amerikaner zu unseren Forschungsthemen zu befragen.

Durch die Forschungsexpedition haben wir in vielerlei Hinsicht neue Erfahrungen gesammelt. Durch den hohen Arbeitsaufwand und die strikten Deadlines wurden besonders unsere Fähigkeiten in den Bereichen der Absprachefähigkeit, Teamfähigkeit und Organisationsfähigkeit gefordert. Nur durch Disziplin und maximal effizientes Arbeiten haben wir es geschafft, innerhalb der zwei Wochen über 400 Datensätze zu sammeln und auszuwerten, Vergleichsstudien zu recherchieren und schließlich eine über 100 Seiten lange Abschlussarbeit zu verfassen. Oft arbeiteten wir daran im Expeditionsbus auf dem Weg zu unserem nächsten Programmpunkt, in Hotel-Lobbys und sogar im Flugzeug bis spät in die Nacht.

Positive Scheiter-Kultur

Faszinierend fanden wir die Mentalität und die Arbeitsmoral der Studenten und Beschäftigten, mit denen wir gesprochen haben. Vor allem in Bezug auf das Scheitern im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung haben wir Neues über die „Scheiter-Kultur“ dort gelernt. Das Scheitern wird im Silicon Valley durchaus als sehr positive Erfahrung gewertet, die für weitere Anläufe essenziell ist. Zudem wird anerkannt, wieviel Arbeit und Mut es braucht, um etwas Neues zu versuchen, und die Wichtigkeit des Scheiterns für das Leben wird betont.

Die Einstellung der Bewohner des Silicon Valley, nie aufzugeben und aus eigenen Fehlern zu lernen, werden wir auf jeden Fall für unser weiteres Leben mitnehmen. Die während der Arbeitszeiten herrschende Atmosphäre haben wir sehr genossen, den Ehrgeiz sowie die Arbeitsmoral der gleichgesinnten Expeditionsteilnehmer fanden wir inspirierend und motivierend. Letztendlich hat die Forschungsexpedition unsere Erwartungen übertroffen. Wir haben Einblick in die Arbeitswelt und in die Abläufe in innovativen Umfeldern gewinnen können, die auch für unsere Zukunft einen großen Wert haben werden. Die gesammelten Erfahrungen und Eindrücke sind unbezahlbar und werden uns ewig im Gedächtnis bleiben.

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