Freier Blick zum Hohemark-Weiher

Der Forst-Auszubildende Cedric Ihlefeld hat die Aufgabe, die vielen freiwilligen Waldhelfer in die Kunst der Baumpflanzung auf größeren Flächen einzuweihen. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. „Ihr seid die Hauptakteure, ihr habt großartige Arbeit geleistet.“ Das Lob von Bergwald-Projektleiter Henning Aulich gilt all den freiwilligen Helfern, die eine Woche lang im Wald an der Erhaltung vielfältiger Ökosysteme gearbeitet haben. Für Gotteslohn, für die Bewahrung des Walds und den Wiederaufbau nach Dürre und Borkenkäfer-Kalamität. Am Abschlusstag wurden tausende Setzlinge auf zwei blanken Flächen in der Nähe der Hohemark von rund 100 ehrenamtlichen „Förstern“ gepflanzt.

Die Gruppe „Weißtanne im Einzelschutz“ mit Frontmann Bernd hat den schwersten Job. Die Frauen und Männer müssen sich durchs dornige Brombeergebüsch abseits des eingezäunten Geländes schlagen, ehe sie mit der scharfkantigen Wiedehopfhaue ihr Pflanzloch schlagen und ausbuddeln können. Cedric Ihlefeld, Azubi im Forstamt, hat zuvor gezeigt, wie man mit der Haue und dem Hohlspaten umgeht, und auch erklärt, was es mit der „Tag- und Nacht-Gleiche“ beim Pflanzen auf sich hat. Jeder Setzling muss genau eingepasst werden ins Pflanzloch, das richtige Maß über und unter der Erdoberfläche, damit die Chance für ein späteres Leben als Baum besonders groß ist. Verluste werden sie genug haben, das ist so in der Natur, deswegen muss akribisch gearbeitet werden. 2000 bis 3000 Bäumchen für die Zukunft sollen an diesem Samstag auf etwa 7000 Quadratmetern gepflanzt werden.

Berg- und Spitzahorn stehen hoch im Kurs. Die Weißtanne mit ihrer hohen Wurzelenergie ebenfalls, alte Baumarten wie Elsbeere, Speierling und auch die Wildkirsche. Nach und nach wird der Stadtwald ein neues Gesicht bekommen. Wo er wieder aufgeforstet wird nach den herben Verlusten der vergangenen Jahre jedenfalls. Seit 2018 hat der Oberurseler Stadtwald fast 20 Prozent bewachsene Fläche verloren, vor allem Fichten, rund 75 Prozent des Gesamtbestands mussten gefällt werden. Der finanzielle Verlust geht in die Hunderttausende, die Aufforstung wiederum kostet etwa 20 000 Euro pro Hektar. Das haben Stadtförster Luis Kriszeleit und BSO-Betriebsleiter Michael Maag am Tag zuvor vorgerechnet, als der Dank vor allem der Gruppe von 16 Freiwilligen galt, die eine ganze Woche ehrenamtlich im Wald gearbeitet haben. Als Teilnehmer des „Bergwaldprojekts“, Partner sind die Stadt, der Forst, die Stadtwerke und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

Bergwald-Projektleiter Henning Aulich, ein Mann aus dem südlichen Brandenburg, ist schon eine Woche vor dem Großpflanztag mit 16 Frauen und Männern in den Stadtwald gekommen. Der Schutz, der Erhalt und die Pflege des Walds ist Zweck und Ziel des international tätigen Vereins Bergwaldprojekt. Auch ein hohes Ziel: Die Menschen für einen verträglichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen des Waldes zu sensibilisieren. Aulich kennt sich aus, er ist zum dritten Mal mit einem Trupp im Stadtwald unterwegs. Und wieder kreischen Sägen, sind Axtschläge zu hören, auch mal schweres Gerät, mit dem das Forstamt die Arbeiten unterstützt. Aber es geht nicht darum, Borkenkäfer- oder Dürreschäden zu beseitigen, im Umfeld der Hohemark-Weiher geht es um den Erhalt vielfältiger Ökosysteme.

Freie Sicht aufs Wasser, lautet die Devise am Arbeitsort Stuhlberger Seenplatte einen Steinwurf entfernt vom Franzoseneck. Wahrgenommen von den meisten Erholungssuchenden wurde zuletzt nur noch der große Weiher direkt am Weg Richtung Emminghaushütte und Hünerbergwiesen. Aber auch ihm drohte die Verlandung immer mehr, zu hoch der Nährstoffeintrag, etwa durch ins Wasser fallende Blätter, und die Verbuschung der Uferrandzone mit Gestrüpp durch überhängende Bäume. Aber nichts verkommt, die Waldmänner „fördern schöne Baumexemplare durch mehr Licht, andere Individuen werden entnommen“, so nennt es Oberförster Luis Kriszeleit. Mit dem Geäst und Gestrüpp werden neue Benjeshecken geformt, so entstehen neue Biotope und Lebensraum für eine diverse Tierwelt.

Drei Weiher sind jetzt wieder luftig zugänglich, den vierten soll man gar nicht wahrnehmen, dort brüten Amphibien neues Leben aus. Der Zulauf zum oberen Weiher ist umgestaltet worden, die Zuflüsse besser geregelt, es geht um wichtige Wasserrückhaltereservoire oberhalb der Stadt. Im Schulwald mit der „Häschenschule“ hat der Trupp der Freiwilligen das Gelände von Konkurrenzvegetation befreit und invasive Pflanzen entfernt, Kindergarten- und Schulkinder und natürlich alle anderen dürfen sich auf zwei neue „Wolkenkinos“ freuen. Großes Kino bot zum Finale die Pflanzaktion „Aufbäumen“ mit den 100 Freiwilligen auf der eingezäunten, perfekt vorbereiteten Fläche. Ihrer Hände gemeinsame Arbeit steht für eine kleine Parzelle Hoffnung auf Zukunft.

Weitere Artikelbilder



X