Freiwillige Feuerwehr braucht professionellen Unterbau

Mit großem Aufgebot ist die Feuerwehr bei der Präsentation des neuen Bedarfs- und Entwicklungsplans vor den Fachausschüssen des Stadtparlaments im Rathaus. Foto: js

Oberursel (js). Zu rund 600 Einsätzen im Jahr sind die Oberurseler Feuerwehrleute vor zehn Jahren ausgerückt, heute sind es etwa 800 Einsätze im Jahreslauf. Mit wachsenden und auch komplexeren Herausforderungen. Durch mehr Menschen auf engerem Raum, den hohen Technisierungsgrad und den Umlauf von wesentlich mehr Gefahrstoffen als in früheren Zeiten.

Der stellvertretende Stadtbrandinspektor Andreas Ruhs nennt ein anschauliches Beispiel für die gestiegenen Anforderungen an die Wehrleute, die der Laie so im ersten Moment vielleicht nicht sieht. Ein Pkw-Brand auf der Straße, „in 30 Minuten ist die Sache erledigt“, so Ruhs. Passiert dasselbe in einer Tiefgarage, „dann ist Großkampftag“. Die wachsende Stadt ist es, sie stellt neue Herausforderungen an die Feuerwehr. Mehr Menschen, mehr menschliches Fehlverhalten, mehr Tiefgaragen durch Verdichtung von Wohnraum, mehr Verkehrsaufkommen, hoher Technisierungsgrad, mehr Brandmeldeanlagen. Bedeutet: Mehr Einsätze, mehr Einsatzvorbereitung, mehr Verwaltung, mehr brandschutztechnische Stellungsnahmen in Baugenehmigungsverfahren und mehr Gefahrenverhütungsschauen. Alles zur Sicherheit der Menschen in der Stadt, der größte Teil der Arbeit geleistet im Ehrenamt. Aus Pflichtbewusstsein und Treue zur Feuerwehr. Der neue Bedarfs- und Entwicklungsplan für die Ausstattung der Feuerwehren soll den Zehn-Jahres-Plan von 2009 fortschreiben. Die Feuerwehr hat ihn nun den städtischen Gremien vorgelegt, im Mai soll er beschlossen werden.

Bedarf von 4,3 Millionen Euro

Noch, und die Betonung liegt ganz eindeutig auf diesem kurzen Vier-Buchstaben-Wort, noch können die Wehren in der Innenstadt und in den vier Ortsteilen die gestiegenen Anforderungen an sie bewältigen. Noch sind sie leidlich gut ausgerüstet und unterstützen sich gegenseitig. Können die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist von maximal zehn Minuten im Ernstfall einhalten. Und in der hauptamtlichen Stadtverwaltung sitzt mit Feuerwehrdezernent Thorsten Schorr (CDU) ein Mann, der selbst in der Feuerwehr gedient hat und jeden Fachbegriff und jedes Insider-Kürzel kennt. Ein Mann aber auch, der als Stadtkämmerer oberster Hüter der städtischen Finanzen ist und gleichzeitig die wichtige Aufgabe der Feuerwehren sehr exakt definieren kann. Die Suche nach dem Schulterschluss ist bei den Verhandlungen über neue Fahrzeuge und Ausrüstung immer ein wichtiger Aspekt, der zur Verabschiedung stehende Bedarfs- und Entwicklungsplan (BEP) zeigt die enge Verzahnung von Stadt und Feuerwehr. Schorr wird mit den Augen gerollt haben, als er die Summe für den „blanken Bedarf“ (Ruhs) gesehen hat. Auf 4,3 Millionen Euro kommen die Experten da, für Fahrzeuge, Drehleitern, maschinelle Zugeinrichtungen. Bei den Drehleitern wird man sich gegenseitig helfen, manche Anschaffung kann geschoben werden, die Zahl 660 000 Euro, die am Ende für dringende Anschaffungen blieb, dürften den Kämmerer beruhigt haben. Ein Geben und Nehmen auf verschiedenen Ebenen.

Freiwillige wollen Freiwillige bleiben

Das Fazit unter dem 26-seitigen BEP-Papier aber lässt keine Zweifel. „Durch die Veränderungen in der Gesellschaft und in der wachsenden Stadt sind die Anforderungen an die Feuerwehr gestiegen und werden weiter steigen“. So steht es ganz oben. Es mündet in eine klare Forderung: „Um die Freiwillige Feuerwehr zukunftssicher aufzustellen, muss der hauptamtliche Unterbau gestärkt werden.“ Das Wort „Freiwillige“ ist unterstrichen und fett gedruckt. Denn freiwillig wollen sie ihre Dienste weiter schieben. „Wir sind die Freiwillige Feuerwehr und wollen das auch bleiben“, bekräftigt der Vize-Stadtbrandinspektor, „es läuft nicht auf eine Berufsfeuerwehr hinaus.“ Ruhs und seinen Mitstreitern in der Führungsebene und auf allen andern Ebenen geht es schlicht um den professionellen Unterbau, um die zu entlasten, die von ihrem Arbeitsplatz angerast kommen, um Einsätze zu leisten. Um die rund 250 Freiwilligen, darunter inzwischen auch 34 Frauen, besser zu unterstützen.

Im sogenannten Stab 04 der Feuerwehr finden sich aktuell acht Hauptamtliche, die in Vollzeit als Mitarbeiter der Stadtverwaltung beschäftigt sind. Eine Stelle kommt noch in diesem Jahr hinzu, langfristig, so steht es im BEP, gebe es in diesem Bereich einen Personalbedarf von 17 Einsatzkräften. Und es geht darum, einen hauptamtlichen Stadtbrandinspektor zu installieren. „Das geht nicht mehr im Ehrenamt, die Zeiten sind vorbei“, so Andreas Ruhs. Bis 2020 könnte eine Stellenausschreibung vorbereitet werden, die Stelle könnte noch im gleichen Jahr besetzt werden. Ruhs: „Das halten wir für wichtig.“ Weder er selbst (hauptberuflich bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt) noch Stadtbrandinspektor Holger Himmelhuber würden für den Job zur Verfügung stehen. Gesucht werde ein Mann oder eine Frau mit Ingenieurstudium und Qualifikation für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst. Und vor allem jemand, der sensibel für die Belange einer Freiwilligen Feuerwehr sei.



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