Durch den Fußball Werte schätzen und fürs Leben lernen

Oberursel (sth). Als im Spätsommer des Jahres 2015 die sogenannte Flüchtlingskrise ihren Gipfel erreicht hatte, qualmten in den Räumen der International Christian Fellowship (ICF) in Oberursel die Köpfe. Viele der zu Tausenden nach Deutschland Geflüchteten kamen damals auch in den Hochtaunuskreis. Ihnen galt es bestmöglich zu helfen und eine schnelle Integration zu ermöglichen. „Wir haben uns überlegt, was wir im Sommer anbieten können. Viele Flüchtlingsfamilien hatten gerade in den Sommerferien Schwierigkeiten, eine Beschäftigung zu finden, und haben sich in die Heime zurückgezogen“, erzählt Desireé Dyer. Es entstand die Idee für ein Fußballcamp für Kinder und Jugendliche, das neben sportlichen Fertigkeiten vor allem Werte des sozialen Miteinanders vermitteln sollte.

2017 erstmals umgesetzt, wurde das Ferienangebot der internationalen Freikirche zum vollen Erfolg. Vom 8. bis zum 12. Juli findet auf dem Gelände des SC Eintracht Oberursel nun bereits die dritte Auflage von „Champions in Life“ statt. „Viele derer, die in den vergangenen Jahren dabei waren, kommen auch in diesem Jahr wieder. Das spricht für sich“, sagt Co-Organisatorin Dyer stolz. Durch das Fußballprojekt ergab sich für die ICF auch die Möglichkeit, den vom Land Hessen geförderten Sprachkurs „MitSprache – Deutsch4U“ anzubieten.

Das Konzept von „Champions in Life“ ist schnell erklärt: Fünf Tage lang kicken Kinder zwischen acht und 14 Jahren gemeinsam unter Anleitung einer Gruppe von Trainern, denen vom 3. bis zum 5. Juli im „Champions Training“ fußballerische Übungsformen und pädagogische Maßnahmen an die Hand gegeben werden. Mitmachen können dabei alle – ob als Spieler oder Trainer –, die Spaß an Bewegung und dem Kennenlernen neuer Freunde haben. Nationalität, fußballerische Fähigkeiten oder bereits gesammelte Trainererfahrungen spielen keine Rolle. „Wir sehen Fußball als etwas, das alle miteinander verbindet“, erklärt Desireé Dyer, weshalb die Wahl auf das Spiel mit dem runden Leder fiel.

Mehr als Fußball

Dabei geht es in den fünf Tagen auf dem Sportplatz des SC Eintracht Oberursel um weit mehr als Fußball. „Wir wollen Werte vermitteln“, sagt Desireé Dyers Ehemann Sam, der ebenfalls für die Organisation verantwortlich zeichnet. Es gehe darum, aus den Kids wahre Champions zu formen. Nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern vor allem im echten Leben. Fünf Attribute – Geist, Herz, Hände, Mund und Ohren – stehen symbolisch für den „Champions Way“, den die Kinder im Verlauf des Camps beschreiten sollen, um zu Helden ihrer selbst zu werden. Sich Ziele setzen, nicht aufgeben, andere ermutigen und ihnen helfen, lernen zuzuhören – so sollen sich die Teilnehmer auf und neben dem Platz zu besseren Teamspielern entwickeln. Die Kinder, die am ersten Tag je nach fußballerischem Können in Gruppen eingeteilt werden, „werden jeden Tag mit allen fünf Werten in Berührung kommen“, sagt Sam Dyer.

Das Programm „Champions in Life“ hat ursprünglich der ehemalige jordanische Profifußballer Walid Abu Shanab entwickelt. Seit 13 Jahren vermittelt er die Inhalte in verschiedenen Ländern. Laura Meller, ebenso Teil des Oberurseler Organisationsteams, wusste um das Projekt und half mit, Walid Abu Shanab und „Champions in Life“ 2017 erstmals nach Oberursel zu holen. Nach zwei Jahren „hat er das Zepter nun an uns überreicht“, erzählt Markus Mohr, der sich bei der ICF Oberursel vor allem um die Übersetzungsarbeit kümmert. Dafür gibt es in diesem Sommer „eine Kooperation mit einem US-amerikanischen Coach einer Universität.“

Verbindung zwischen Menschen

„Etwas mehr als 80 Kinder“ hätten im vergangenen Jahr teilgenommen, blickt Desireé Dyer zurück. Auch für das kommende Camp seien schon zahlreiche Anmeldungen eingegangen. Die Organisatoren sind zuversichtlich, die 100er-Marke zu erreichen, „mehr können wir nicht aufnehmen, sonst haben die Kinder keine Freude mehr“, sagen sie. Und die soll schließlich an erster Stelle stehen. Wobei Desireé Dyer betont: „Wir wollen nicht nur eine Woche lang Spaßprogramm bieten.“ Nachhaltigkeit ist das Stichwort, die Organisatoren möchten in die Jugend investieren, „denn die ist die Zukunft unserer Gemeinschaft.“

Deshalb ist es ihnen besonders wichtig, dass die Kinder die vermittelten Werte mit in ihren Alltag hineinnehmen können. Das habe in den vergangenen Jahren schon gut geklappt, gerade bei den Schützlingen geflüchteter Familien. „Ich merke das, wenn ich mit Müttern spreche, die zu unserem Sprachkurs kommen“, sagt Dyer. Auch Laura Meller hat das Gefühl, dass die Kinder sich durch das Fußballcamp besser integrieren konnten. Besonders erfreulich war für die Verantwortlichen eine Sache, womit sie selbst nicht gerechnet hatten: Bei den vorjährigen Austragungen kamen Bürgermeister Hans-Georg Brum und weitere Vertreter aus dem Rathaus zum Zuschauen vorbei. Gerade für die Kids sei es sehr inspirierend gewesen zu sehen, wie so „eine Verbindung zwischen Menschen entsteht, die ansonsten wohl nicht miteinander in Kontakt gekommen wären“, sagt Sam Dyer. Überhaupt loben die Organisatoren die tolle Zusammenarbeit mit der Stadt und dem SC Eintracht Oberursel.

Fußball braucht keine Sprache

Spaß sollen nicht nur die kickenden Kids haben, sondern auch das Trainerteam. Ab 16 Jahren ist eine Anmeldung möglich, in einem dreitägigen Workshop werden das Konzept des Camps, Übungseinheiten und pädagogische Maßnahmen vermittelt. Wie die jungen Fußballer – voriges Jahr sollen laut Desireé Dyer Kids aus 19 Ländern mitgemacht haben – sind auch die Coaches in der Regel aus den verschiedensten Nationen zusammengewürfelt. Wie bei diesem kunterbunten Mix die Kommunikation funktioniert? „Wir haben tolle Übersetzer“, sagt Sam Dyer. Zudem seien viele der Trainer aus den vergangenen Jahren mehrsprachig. Die Verständigung sei daher noch nie ein Problem gewesen. Was auch folgenden Grund hat: „Der Fußball braucht keine gemeinsame Sprache.“

Weitere Informationen und Anmeldung zum „Champions Training“ und dem Fußballcamp im Internet unter www.championsinlife.de.

Fallrückzieher in Perfektion: Das „Champions in Life“-Fußballcamp lässt ballkünstlerische Fähigkeiten entdecken.



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