„Geld oder Leben“: Feuerwehr im „Studio Orschel“

Heißes Thema im Studio Orschel (v. l.): Michael Behrent, Andreas Ruhs, Uli Both, Christof Fink, Valentin Reuter und Dirk Müller-Kästner reden über das GAZ. Foto: js

Oberursel (js). Das Gelände für das geplante Gefahrenabwehrzentrum (GAZ) an der Lahnstraße ist bereitet, in gut einem Jahr könnten die Bauarbeiten beginnen, mindestens zwei Jahre wird es brauchen, bis die Feuerwehr dort einziehen kann. Wird das GAZ in der geplanten Form gebraucht? Wie viele Millionen darf es wert sein? Reichen die bisher im Raum stehenden 35 Millionen Euro? Fragen wie diese sollten am Montagabend im „Studio Orschel“ gestellt und beantwortet werden. Rund 200 Zuschauer saßen rund ums virtuelle Lagerfeuer am heimischen PC, eine Handvoll war noch näher dran im neuen Kulturcafé Windrose, wo das „Studio Orschel“ seine neue Heimat gefunden hat.

„Geld oder Leben?“ Ein bisschen reißerisch sollte die Fragestellung sein, so hat es Moderator Michael Behrent vom Verein „Windrose“ gewünscht, der wie immer mit Dirk Müller-Kästner vom Verein „Kunstgriff“ das Gespräch moderierte. Es wurde viel diskutiert in Oberursel über die Notwendigkeit, vor allem aber über die zu erwartenden Kosten eines neuen GAZ. Nicht nur für den Bau, auch für die Jahre danach, wenn trotz klammer Haushaltslage der Kredit abgestottert werden muss und die jährlichen Betriebskosten bezahlt werden müssen. Geld oder Leben, die Frage sollte nicht spalten, eher die Aufmerksamkeit auf das lenken, was die Feuerwehr unter den derzeit gegebenen Bedingungen leisten muss und ohne professionelle Bedingungen nicht leisten kann. Das GAZ ist zudem ein Zukunftsprojekt, es soll, wenn es fertig ist, auch für gestiegene Erwartungen an Gefahrenabwehr und dafür geforderte Grundlagen stehen.

Wie weit Anspruch und Wirklichkeit bei der Feuerwehrarbeit auseinanderklaffen, davon können die Männer im Studio viel erzählen.

Geladen war geballte Feuerwehr-Expertise, Männer, die seit Jahrzehnten für die Feuerwehr brennen, Fachleute, die genau wissen, über was sie reden, wo es hängt und wo es dringend Innovationen geben muss, um Leben zu schützen und es im Ernstfall retten zu können. Sie reden sachlich über das komplexe Thema, hier geht es in erster Linie um Leben. Getreu dem Feuerwehr-Motto „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“. Was sie sich wünschen: Das nötige Rüstzeug nach heutigem Standard. Fast alle 270 Feuerwehrkräfte, die sie vertreten, machen ihre oft gefährliche Arbeit ehrenamtlich.

Es wurde ein bisschen eng im „Studio Orschel“ auf der kleinen Bühne im Café „Windrose“ bei erstmals vier Gästen. Darunter drei, die für die Feuerwehrarbeit verantwortlich sind, Stadtbrandinspektor Valentin Reuter, sein Stellvertreter Andreas Ruhs und Wehrführer Uli Both von der Wehr Mitte sowie der im Magistrat der Stadt für die Feuerwehr zuständige Stadtrat Christof Fink. Hätte sein können, dass mitten in der Sendung die Piepser losgehen und den einen oder anderen Wehrmann zur Arbeit rufen. Valentin Reuter ist einziger hauptamtlicher Feuerwehrmann. Er muss die gesamte Feuerwehrarbeit koordinieren und ist Leiter der Stabsstelle Brand- und Zivilschutz innerhalb der Stadtverwaltung. Alle neun Mitarbeiter sind zudem freiwillige Feuerwehrleute.

Die Stabsstelle Brand- und Zivilschutz mit ihren vielfältigen Aufgaben von der Prüfung und Wartung der gesamten Feuerwehrtechnik über bautechnische Prüfungen, Einsatzplanung und koordinative Arbeiten bei Großveranstaltungen bis zur reinen Verwaltungsarbeit ist ein Beispiel für die nicht mehr zeitgemäße Ausstattung der Wehr. Untergebracht ist sie in der bald 50 Jahre alten Zentrale an der Marxstraße in einer umfunktionierten Wohnung, passende Büros sind im neuen GAZ fest eingeplant. Da können sie ihrer Arbeit nachgehen und sind jederzeit bereit zum Ausrücken im Notfall als freiwillige Feuerwehrleute. „In der Marxstraße sind wir in allen Belangen an die Grenzen gekommen“, sagt der Stadtbrandinspektor. „Das betrifft ganz extrem auch die Anforderungen an den Arbeitsschutz“, ergänzt Wehrführer Both. Und vor allem die absolut begrenzten Ausbildungsmöglichkeiten.

„Was ist denn in der Marxstraße möglich?“ Die Frage von Dirk Müller-Kästner offenbart in der Beantwortung das Manko, denn vieles ist nicht möglich. Anleiterung in geringen Höhen könne man üben, das geht, die wichtige „Innenbrandbekämpfung, ein ganz heikles Thema“, so Both, sei nicht möglich. „Wir haben 150 Atemschutzträger, davon können 30 einmal im Jahr üben, wenn wir das einkaufen.“ Heißt, wenn eine andere Wehr mit Spezialcontainer kommt und eine Ausbildungseinheit anbietet. Heißt auch: „Wir muten den Leuten grenzwertige Einsätze zu“, so Andreas Ruhs. Geld oder Leben? Geld und Leben ist die Antwort der Feuerwehr-Verantwortlichen und ihres Dezernenten im Rathaus. Gut investiertes Geld, um Leben zu schützen und zu retten.

Auf 35 Millionen Euro wurde das Projekt gedeckelt. Entstehen soll ein zweigeschossiger Gebäudekomplex mit Fahrzeughalle, dazu ein 23 Meter hoher Übungsturm, Nebengebäude mit Lagerteil und Hausmeisterwohnung. Das GAZ wird Basisstation mit Einsatzleitstelle für die gesamte Stadt sein, mit Werkstatt- und Technikbereich und mit zentralem Übungsort für alle Wehren. Die Männer und Frauen können in einer Verrauchungsanlage üben, die „Heißausbildung“ soll allen Wehren im Taunus helfen, das ist aber davon abhängig, ob und wie der Hochtaunuskreis die Kosten für Erstellung und Betrieb übernimmt. Den größten Batzen muss die Stadt tragen, vom Land ist laut Fink bisher lediglich eine Förderung von 750 000 Euro zugesagt. An Folgekosten für den Betrieb des fertigen GAZ wird mit drei Millionen Euro jährlich kalkuliert, fällig ab dem Haushalt 2026.

Feuerwehr und DRK sind ja in der Marxstraße Nachbarn. Die Bedürfnisse passen aber nicht zusammen, da sind sich Feuerwehr und Fink einig. Der Stadtrat aber ist „optimistisch, schon bald einen neuen Standort für eine neue DRK-Wache präsentieren zu können“. Eine der positiven Nachrichten an diesem Abend am „Lagerfeuer“ im „Studio Orschel“.



X