Gute Laune und Begeisterung beim Jubiläums-Neujahrskonzert

Mit einem feurigen Abschluss endet ein großartiges Konzert zum Jahresbeginn. Foto: bg

Oberursel (bg). Beschwingt ins neue Jahr zu starten, das hat in Oberursel Tradition, seit im Jahr 2000 das erste Neujahrskonzert über die Bühne ging. Da war das Johann-Strauß-Orchester Frankfurt zum ersten Mal in der Stadthalle zu hören. Damals noch unter der Leitung des legendären Günter Gräf, der das Orchester gegründet hatte. Vor 20 Jahren stand die Millenniumswende vor der Tür. Dieses besondere Ereignis nahmen die fleißigen Kulturschaffer des Kultur- und Sportfördervereins (KSfO) damals zum Anlass, den Freunden der leichten Muse mal einen besonderen Leckerbissen zu bieten. Das kam gut an, schnell wurde aus dieser Aktion eine echte Erfolgsgeschichte. Alle Jahre wieder ist nun die gesamte Stadtgesellschaft bei diesem Konzert auf den Beinen und gibt sich ein erstes Stell-Dich-Ein. Gute Laune ist dabei garantiert und die Stadthalle regelmäßig ausverkauft, sehr zur Freude der Organisatoren um Udo Keidel-George, dem Geschäftsführer des KSfO.

„WWW“ – das stand beim Neujahrskonzert 2020 nicht für World-Wide-Web, auch nicht für „Witolf Werner, Weltenbummler“, wie der Dirigent launig anmerkte sondern für „Wien – Webber – West Side Story. Doch gleich bei der Begrüßung wurde er geschockt. Das war ihm noch nie passiert, aber als er zur Rede ansetzen wollte, hatte er nicht das erste Wort. Das kam von der Regie und betraf Parksünder, die aufgefordert werden mussten, ihre Fahrzeuge aus dem Weg zu räumen. Seine gute Laune ließ er sich durch diesen kleinen Zwischenfall aber nicht nehmen und begrüßte nach dieser Durchsage alle Anwesenden, darunter zahlreiche Ehrengäste. Die Stadthalle präsentierte sich zu diesem Konzertereignis festlich mit kunstvoll arrangiertem Blumenschmuck. Bereits zum 21. Mal gastierte das Johann Strauß Orchester in Orschels „Guter Stubb“ und startete gleich zum Auftakt fulminant mit der Ouvertüre aus der Operette „Wiener Frauen“ von Franz Lehar.

In lockerem Plauderton führte Witolf Werner durch das Programm, warf dabei einen Blick auf das verflossene Jahr und wies auf Highlights des neuen Jahrs hin, wie den 75. Jahrestag der Konstituierung des Landes Hessen am 19. September. Seine Moderationstexte hatte er dabei ganz am Puls der Zeit auf seinem Tablet parat. Witolf Werner liebt Wien, die Stadt der Musik, und natürlich ist ihm auch „Oberursel mit dem besten Publikum weit und breit“ ans Herz gewachsen. Bereits zum dritten Mal schwang er den Dirigentenstab über den gut gelaunten und blitzsauber aufspielenden Klangkörper, und das hochkonzentriert mit Verve und aber auch Vergnügen.

Ehestreit auf offener Bühne

Das Konzert mit den drei „W“ war zweigeteilt. Vor der Pause kamen die Freunde der glanzvollen Wiener Operettenära, der Walzer, Märsche und Polkas voll auf ihre Kosten und gingen begeistert mit. Viel umjubelt waren die Auftritte der hervorragenden Solisten. Ausdrucksstark und gleichermaßen gefühlvoll stellte sich Reto Rosin mit „Grüß mir mein Wien“ vor. Der Tenor erhielt viel Applaus für die sehnsuchtsvolle, mit Wiener Dialekt vorgetragene Arie des Tassilo aus der Kalman-Operette „Gräfin Mariza“. Schon bei ihrem ersten Auftritt nahm Katja Bördner das Publikum für sich gefangen. So zart und schön intonierte sie mit ihrem glockenhellem Sopran das „Wien wird schön erst bei Nacht“ aus der Frühlingsparade von Robert Stolz. Beim emotionsstarken Duett „Das Eine kann ich nicht verzeihen“ aus der Operette „Wiener Blut“ aus der Feder von Johann Strauß Sohn, bewiesen beide Solisten neben ihren sängerischen Qualitäten auch echt schauspielerisches Können als streitenden Ehepaar. Dafür gab es lautstarke Bravo-Rufe. Dass sie nicht nur gut schauspielern kann, sondern obendrein eine wunderbare Tänzerin ist, bewies die Sopranistin mit einer tollen Tanzeinlage am Ende des Konzertes.

Oper der modernen Zeit

Nach der Pause stand der Genrewechsel auf dem Programm. Gestartet wurde mit Musicals aus der Feder des berühmten Andrew Lloyd Webber. Danach folgte der Sprung über den großen Teich in die neue Welt zur kraftvollen Musik des grandiosen Leonard Bernstein. Das Musical ist die Oper unserer Zeit. Der Meister dieser Gattung ist der Brite Andrew Lloyd Webber, ausgezeichnet mit dem Oscar, dem Golden-Globe und dem Grammy. Annähernd 20 Musicals hat der kreative Komponist geschrieben. Zu seinen größten Erfolgen zählen Jesus Christ Superstar, das Phantom der Oper, Cats und Evita. In genau dieser Reihenfolge servierten das Orchester und die Solisten dem Publikum die bekanntesten und eingängisten Titel aus den Werken. Hatte vor der Pause das Johann-Strauß-Orchester mit Walzern, Polkas und Märschen seinem Namen alle Ehre gemacht, sorgte es nun für einen ganz anderen Sound, der das Publik mitriss. Wer kennt nicht „The Music Of The Night“ aus dem Phantom der Oper oder „Memorys“ aus Cats. Der Genrewechsel von der Operette zum Musicalsound gelang der Sopranistin und dem Tenor bei ihren ergreifenden Darbietungen mühelos. Das zeigte sich auch bei ihrem wunderbaren, sehr emotional gestalteten Duett aus dem „Phantom der Oper“.

Neue Töne aus der neuen Welt, eingefangen in die wunderbare „West Side Story“ von Lenard Bernstein, beendete den offiziellen Teil des Neujahrskonzerts. Das Orchester lief, angetrieben durch das bewegende Dirigat von Witolf Werner, zur Hochform auf bei „Amercia“ und lieferte einen fetzigen Sound. Katja Bördner und Reto Rosin sorgten zum Abschluss des Konzertes für magische Momente. Die West Side Story, geschrieben in der Mitte des 20. Jahrhunderts, spielt in den Straßenschluchten von New York. Als Blaupause für die tragische Liebesgeschichte zwischen Tony und Maria, die zwei rivalisierenden Straßengangs angehören, diente Shakespears „Romeo und Julia“. Die Liebeserklärung an „Maria“, gesungen von Reto Rosin, ging unter die Haut. Zum krönenden Abschluss waren Katja Bördner und Reto Rosin noch einmal beim Duett „Tonight“ gemeinsam zu hören, und das Publikum war aus dem Häuschen. Danach gab es stehende Ovationen und natürlich noch Zugaben, bei denen das Publikum begeistert mitklatschte. Da war wieder Strauß gefragt. Die erste Zugabe war die schwungvolle „Tritsch-Tratsch-Polka“ von Johann Strauß, Sohn. Und wie könnte es anders sein, auch dieses Neujahrskonzert wurde, wie es der Tradition entspricht, mit dem Radetzky-Marsch beendet – und der stammt aus der Feder von Johann Strauß Vater. Das Konzert, ein echtes Feuerwerk der guten Laune, endet auch mit einer kleinen feurigen Überraschung. Das Publikum war hingerissen.

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