Auf einem jüdischen Friedhof gibt es keinen Blumenschmuck

Angelika Rieber (Mitte) bei der Führung auf dem jüdischen Friedhof. Foto: Biedermann

Oberursel (HB). Vor drei Wochen sah es auf dem jüdischen Friedhof noch ungepflegt aus. Doch nach der Intervention von Angelika Rieber rückte der Mähtrupp des städtischen Bauhofs an und richtete den Ort für die Führung am Tag des offenen Denkmals her, bei der die Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) im Hochtaunuskreis zwei Dutzend Bürger begrüßen konnte.

Das Areal an der Altkönigstraße umfasst 500 Quadratmeter, auf denen 40 Grabsteine stehen. Der Friedhof wurde 1872 angelegt und 1939 geschlossen. In diesem Jahr, so berichtet Angelika Rieber, wurde die Asche von Alfred Feinbier beigesetzt, der im Konzentrationslager Buchenwald sein Leben verlor. Um diese Zeit lebte nur noch eine einzige jüdische Familie in Oberursel – noch bis zur Deportation in die Gaskammer 1942.

Auf einem jüdischen Friedhof gibt es keinen Blumenschmuck. Die Grabsteine waren ursprünglich einheitlich hoch, mit Rundbogen und Spitzen an den Kanten. Doch im Laufe der Zeit wurde die Erkenntnis, dass im Tod alle Menschen gleich sind, konterkariert. Auf manchen Gräbern zeugen steinerne Monumente auch hier von Wohlstand und Bedeutung der Toten. Die auf halber Höhe gekappten Säulen sind nicht die Folge von Vandalismus, sondern bedeuten, dass der Tod plötzlich und unerwartet eingetreten ist.

Die Besuchergruppe hält am rückwärtigen Ende des Friedhofs an den Gräbern der Herzfelds inne, die in der Weidengasse eine Mühle betrieben haben. Angelika Rieber redet über das Grab der Eheleute Heilbronn, und sie berichtet von Angehörigen, die auf dieser Begräbnisstätte endlich das Totengebet für ihren Vater sprechen konnten. Nach jüdischem Glauben müssen Tote innerhalb von wenigen Tagen beerdigt werden, weshalb sich Familien meist erst am Todestag zum gemeinsamen Gedenken am Grab einfinden.

In Zukunft wird die Orientierung auf dem jüdischen Friedhof leichter fallen. Voraussichtlich bis zum Sommer nächsten Jahres wird eine Broschüre fertig sein, in der alle Inschriften auf den 40 Grabsteinen in deutscher Übersetzung dokumentiert werden.



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