Junge Kreativität mit Kunst auf der Tischdecke

Birgit C. Morgenstern (Mitte) stellt die jüngsten Künstler, Yamuna Henke, Simon Steinmetz, Laurids B. Green sowie Fahad Galiwango, den Gästen, darunter Brunnenkönigin Pia I., Brunnenmeister Mathias und Bürgermeister Hans-Georg Brum (v. l.), vor. Foto: sem

Oberursel (sem). Zum zweiten Mal hat der Kulturkreis zugleich mit den Autos in der Allee den Künstlermarkt „Kunst findet Stadt“ im Rathaus ausgerichtet. 30 regionale, überregionale und internationale Künstler sowie die Künstlergemeinschaft PrismO stellen ihre Werke nicht nur aus, sondern bieten diese auch zum Verkauf an. Die ursprüngliche „Idee war es, einfach ein neues Event für den Kulturkreis zu schaffen. Der Kulturkreis setzt neue Akzente in der Kunst mit diesem jährlichen Event. Es sollte hochwertig sein, und das ist gelungen“, erklärt Birgit C. Morgenstern, der die Organisation obliegt.

„Das kulturelle Leben wird stark unterstützt vom Kulturkreis“, meint Bürgermeister Hans-Georg Brum bei der Eröffnung. „Kultur wird geschaffen. Kunst wird geschaffen. Das ist ein lebendes Beispiel hier.“ Tatsächlich geht es sehr lebendig zu und es findet ein reger Austausch statt. Dazu bietet sich besonders die Cafeteria an, die vom Verein „Frauen helfen Frauen“ betrieben wird. Da der Erlös als Spende an das Frauenhaus geht, ist dies ein besonders guter Grund, sich hier eine Pause zu gönnen. Und Gesprächsstoff gibt es mehr als genug. Denn die ausgestellten Werke entstammen verschiedenen künstlerischen Bereichen: Malerei, Druckgrafik, Fotografie, Skulpturen, Glasschmuck, handbemaltes Porzellan. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Darauf achtet Morgenstern, bevor sie die Künstler einlädt. Dies betrifft ebenso die Malerei. Bei „Kunst findet Stadt“ sind unterschiedliche Stile vertreten. Auffällig sind die Ölbilder von Dimitri Vojnov, der sich primär dem Surrealismus gewidmet hat. An diesem Wochenende präsentiert er farbenfrohe Gemälde von Frauen, die unter anderem durch mangelnde optische Tiefe, Verknüpfung der Person mit außergewöhnlichen Accessoires oder erotische Tendenzen die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich ziehen.

Gemalt für Touristen

Ein absoluter Blickfang sind die Bilder von Fahad Galiwang. Es ist kaum zu glauben, dass dieses Talent aus Uganda erst 23 Jahre alt ist. „Die heutige Veranstaltung ist der Start für die Jugendförderung“, erläutert Morgenstern. Aktuell „sind es vier jugendliche Talente, die vom Verein gefördert werden.“ Hierzu zählt auch Galiwango. Er erzählt: „Ich habe schon als Kind gemalt.“ Die Motive zeigen vor allem „Kinder, die glücklich sind, die Natur und Tiere. Ich habe alles selbst gelernt. Manchmal arbeite ich mit Kollegen in Uganda.“ Dass er nun die Möglichkeit hat, in Deutschland seine Bilder auszustellen, ist Annette Andernacht vom Kulturkreis zu verdanken. Da sie selbst einen Stand betreut, steht ihr Ehemann dem jungen Künstler zur Seite. „Der Kontakt ist über meine Schwägerin zustande gekommen“, berichtet er. „Sie hat Fahad in Uganda kennengelernt. Dort hat er eine Galerie, vielmehr eine Werkstatt mit Freunden.

Die Besonderheit ist, dass er nicht auf richtiger Leinwand malt, sondern etwa auf Tischdecken.“ Aufgrund der Armut in Uganda und der eigenen finanziellen Situation zieht Galiwango jedes Material, das sich zum Malen eignet, selbst auf den Rahmen. Und „wenn er Kundschaft hat, dann ist es touristische Kundschaft. Dabei hat er viel mehr Talent. Deshalb wollen wir ihn fördern, wenn es irgendwie geht.“ Andernachts Schwägerin sorgte dafür, dass Galiwango seine Bilder bei einer Ausstellung in Bühl präsentieren konnte. Annette Andernacht sagte: „Die Bilder holen wir nach Oberursel.“ Galiwangos Werke sind auch im Artcafé Macondo zu sehen.

„Oma ist nicht käuflich“

An einem gemeinsamen Stand finden sich die anderen drei Jungtalente. „Ich bin das erste Mal als Aussteller dabei“, berichtet Yamuna Henke (21). „Normalerweise sind im großen Saal nur Leute von außerhalb zu finden, aber ich hatte Glück, da jemand abgesagt hatte.“ Denn bei der Absage dachte Morgenstern sofort an eine weitere Möglichkeit der Jugendförderung. „Also, ehrlich gesagt, war ich überrascht. Birgit C. Morgenstern hat mich erst am Donnerstag angesprochen.“ Folglich musste Henke relativ spontan zehn Werke aussuchen, die sie dem Publikum zeigen sowie zum Verkauf anbieten kann. „Das von meiner Oma ist aber nicht käuflich“, lächelt sie, als sie auf das Bild einer alten Dame verweist. Denn Henkes absolute Stärke sind Porträts in Ölfarbe.

Sie stehen im starken Kontrast zu den Bildern der anderen beiden jungen Künstler. Laurids B. Green sowie Simon Steinmetz sind mit ihren jeweils 18 Jahren die „Nesthäkchen“ bei „Kunst findet Stadt“. Greens Arbeiten bestechen durch ihre vermeintliche Simplizität, da er die von ihm entworfenen Figuren im Manga-Stil weder in einen Hintergrund noch in einen Kontext setzt. Durch die aufwendige Zeichnung und spartanische Illustration mit Copics oder Feinlinern verleiht Green ihnen Ausdrucksstärke.

Während er seinen Stil gefunden zu haben scheint, ist Steinmetz noch auf der Suche. „Ich verwende realistische Ansätze, gemischt mit Fantasy, wie man an diesem Bild sieht.“ Er zeigt auf die Bleistiftzeichnung eines Mannes, der seinen Kopf in den Armen verbirgt. „Der Oberkörper ist realistisch dargestellt. Aber es fehlt die untere Körperhälfte.“ Sie scheint ins Nichts überzugehen. Durch die mangelnde Personalisierung sowie die mys-tisch anhaftende Darstellung bietet das Bild dem Betrachter viel Raum für Interpretation. Wie auch die anderen Werke von Steinmetz, die er teilweise mit Aquarell oder Gouage koloriert hat. So zeigt sich Steinmetz als der klassische junge Künstler, der sich in der schöpferischen Entwicklung befindet. Sie findet zwecks Präsentation und Unterstützung bei „Kultur findet Stadt“ ein angemessenes Forum. Das vom Kulturkreis angestrebte Ziel, junge Künstler zu fördern, hat somit einen guten Start genommen.



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