Wie Krieg und Frieden die Stadt bis heute prägen

Maren Horn beginnt die Führung in der St.-Ursula-Kirche mit einer Zeitreise zum Beginn des Dreißigjährigen Kriegs.Foto: gd

Oberursel (gd). An sechs geschichtsträchtigen Orten erklärten vier leidenschaftliche Stadtführer – Angelika Rieber, Maren Horn, Sylvia Struck und Dietrich Andernacht – im Rahmen der bereits sechsten historischen Führung durch die Altstadt den interessierten Zuhörern, wie das heutige Oberursel von Krieg und Frieden geprägt zu dem gemacht wurde, was es heute darstellt.

Die Führung startete an der St. Ursula Kirche, wo Maren Horn zunächst erklärte: „Der Schwerpunkt der diesjährigen Führung sind Umbrüche, da sich im Jahr 1618 und 1919, also vor etwa 400 und 100 Jahren, so viel am Stadtbild von Oberursel geändert hat“. Anschließend nahm sie die Besucher mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1618. Die Pestepidemie hatte 40 Prozent der Bevölkerung ausgelöscht, und um die weitere Ausbreitung zu verhindern, wurde der Kirchfriedhof nach weit außerhalb der Stadt verlegt. Heutzutage ist dieser bekannt als der alte Friedhof. Mit dem Dreißigjährigen Krieg zwischen 1618 und 1648 trafen Oberursel gleich zwei zerstörerische Angriffe, die das Stadtbild bis heute veränderten. So zerstörte ein Angriff des Herzogs von Braunschweig 1622 große Teile Oberursels, und die Bevölkerung machte sich daran, die Stadt wieder aufzubauen. Der Handel mit Tüchern florierte, und die vielen ansässigen Handwerker konnten ihrem Beruf wieder nachgehen, bis 1645 ein von den Franzosen gelegtes Feuer die gesamte Stadt bis auf drei Häuser in Schutt und Asche legte. Eines dieser drei ist bis heute erhalten: die Kreuzkappelle auf dem alten Friedhof.

Maren Horn führte die wissbegierige Gruppe weiter an das Untertor mit dem historischen Rathaus. „Vor ungefähr 100 Jahren, also im Oktober 1918 fanden hier revolutionäre Aufstände nach dem Ersten Weltkrieg statt“, sagte sie und fuhr fort: „Nachdem sich die Berichte über die Marineaufstände in Kiel in nicht mal einer Woche in ganz Deutschland ausgebreitet hatten, stellte sich die von Kriegsmüdigkeit geplagte Bevölkerung mit Aufständen in ganz Deutschland hinter die Marinesoldaten, die sich nicht als Kanonenfutter bei einer aussichtlosen Seeschlacht hergeben wollten.“ Sylvia Struck packte ein Foto von 1918 aus, das Aufständische vor dem Untertor zeigt, und erklärte: „Hier sehen wir die Angestellten der Motorenfabrik Oberursel. Solche Proteste gab es in ganz Deutschland und hatten ihr Wirkung: Der Kaiser trat bald zurück, die Frauen bekamen das Wahlrecht zugesprochen, im Februar 1919 wurde dann das erste Mal frei, gleich und geheim gewählt“.

Am Ende der Stadtführung waren sich die Teilnehmer einig, dass die Führung mit ihrem besonderen Schwerpunkt ihnen einen anderen Blick auf den Stadtkern von Oberursel gegeben hat.



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