Lesermeinung

Veröffentlichungen in dieser Spalte geben die Meinung des Einsenders wieder. Zuschriften ohne genaue Angaben des Namens und der Anschrift bleiben unbeachtet. Leserbriefe verhetzenden oder rein ideologisch-polemisierenden Inhalts werden nicht oder nur so gekürzt veröffentlicht, dass das Pressegesetz nicht verletzt wird. Die Redaktion behält sich grundsätzlich Kürzungen vor.

Unser Leser Manfred Ochs aus Oberursel meint zum Beitrag „Teures Schwimmen für Kurzzeit-Badegäste“ in der Oberurseler Woche vom 10. Juni:

Nein, ich rege mich nicht auf. Ich ziehe weiter meine Bahnen, aber auch meine Konsequenzen.

Dass ich als regelmäßiger Schwimmer bereit bin, fünfmal die Woche nun fünf Euro zu zahlen für maximal 90 Minuten, die ich jeweils bisher im Freibad verbrachte, um meine Bahnen zu ziehen, eventuell zu duschen und raus, wäre meiner Anhänglichkeit geschuldet. Es wird ja niemand gezwungen ins „Orscheler“ Schwimmbad zu gehen, genauso wenig wie übrigens in ein Sportstudio.

Fünf Deutsche Mark kostete in in den 60ern die Saison-Marke für Kinder, die man sich mit einer schicken Sicherheitsnadel an die Wollbadehose steckte. Ich weiß nicht, wie viele Monate, vielleicht Jahre meines Lebens ich im Schwimmbad verbrachte. Schwamm drüber über die nostalgischen Momente und zurück ins Jahr 2021, ins zweite Corona-Jahr.

Schick fand ich im vorigen Jahr die Stadtwerke-App erst, nachdem ich mich mit einer gewissen stundenlangen seniorellen Hartnäckigkeit über die nervenaufreibende Menüführung hinweggesetzt, mir den Speicherort für PDF-Dateien auf meinem Togo-Telefon für immer eingeprägt und voller Vertrauensseligkeit digitalen Kontobewegungen zugestimmt hatte.

Alles, um in einem Zeitfenster von 90 Minuten meine – na ja – 2000 bis 3000 Meter zu schwimmen. Nur kein Neid oder verständnisloses Kopfschütteln an dieser Stelle bitte, ich kann – sportlich betrachtet – sonst nicht viel anderes mehr und, wie gesagt seit Kindertagen… Das kostete vier Euro und hatte sich meines Eindrucks nach auf allen Ebenen eingespielt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis war gewahrt.

Warum sich jetzt durch diese 25-prozentige Erhöhung Oberursel den Ruf als „Ritschibadestätte“ einhandelt, kann jeder verstehen, der sowieso 15 Euro Eintritt für eine vierköpfige Familie mit zwei schulpflichtigen Kindern für unzumutbar hält.

Auch für Kurzzeitschwimmer fängt der Spaß bei fünf Euro an aufzuhören.

Anders gerechnet sind zehn Stunden für 15 Euro Familienspaß in Oberursels Taunabad für 1,50 Euro pro Stunde zu haben, vorausgesetzt, ich habe von 8 bis 20 Uhr Muße, Nerven und das sonst noch nötige Kleingeld dafür. Vergleicht man dies aber mit dem Seedammbad in Bad Homburg, wo für dreieinhalb Stunden zwölf Euro für die Familie fällig werden, erfährt man den wahren Luxus. Dort kostet es nämlich die Familie das Doppelte pro Stunde Verweildauer. Den Champagnerluftzuschlag könnten böse Zungen dahinter vermuten.

Das Problem liegt aber auch woanders. Im Taunabad kann ich zehn Stunden mit 1000 Menschen, die kommen und gehen, wann sie wollen, meine Virusresistenz austesten. In Bad Homburg sind es durch die Zeitfensterregelung dreieinhalb Stunden mit den gleichen 250 Leuten, die erfasst und kontrolliert mit mir ankommen und das Bad verlassen.

Hier ist persönliche Risikoabwägung gefragt, und die wird mich auch wegen des einen Euros öfters mit dem Fahrrad nach „Hombursch“ führen, was ich als eigentlich bekennender Lokalpatriot schade finde, die Verantwortlichen aber kaum interessieren dürfte.

PS: Vielleicht findet ja die schwarzgrünen Koalition in Oberursels Rathaus einen Weg, der besser als ihr Ruf ist, und kann mit Hilfe der Bürgermeisterin die 25-prozentige Schieflage sozial egalisieren.



X