Politik liebäugelt mit dem Label „Tourismusort“

Orschel hat viel zu bieten: Schöne Altstadt mit Museum und mittelalterlichem Rathaus, viel Fachwerk und ein historischer Marktplatz, der auch mal zum Schachspiel einlädt. Foto: js

Oberursel (js). Das „Tor zum Taunus“ im Städtenamen als Lockmittel für mehr zahlende Übernachtungsgäste und Besucher der Oberurseler Sehenswürdigkeiten reicht einer Mehrheit im Stadtparlament nicht mehr aus. Die Stadt habe mehr zu bieten, als nur das Tor zum Umfeld mit anderen Reizen zu sein. Sie habe selbst jede Menge Reiz zu verströmen, mal abgesehen von der historischen Altstadt mit ihren historischen Kirchen und Fachwerk-Ensembles, Vortaunusmuseum und schiefem Marktplatz.

Die SPD, die den touristischen Vorstoß inszeniert hat, erwähnt als kulturelle und touristische Ziele auch den Keltenrundweg und das geschichtsträchtige Camp-King-Quartier, den Mühlenwanderweg und die knapp zwei Dutzend Brunnen, die der Stadt ein weit über die Grenzen hinaus bekanntes Brunnenfest beschert haben. Und natürlich kulturelle Ereignisse wie die Chopin-Intermusicale und das Theater im Park.

Die Stadtpolitik liebäugelt nun mit der offiziellen Anerkennung der Stadt Oberursel als „Tourismusort“ und hat beschlossen, einen Antrag auf der Ministerialebene zu stellen. Das Prädikat vergibt das Wirtschaftsministerium, Grundlage dafür ist eine hessische Rechtsverordnung von 2017, die Möglichkeit und Voraussetzungen zur Anerkennung der Städte und Gemeinden als Tourismusort regelt. Die Prädikatsbezeichnung darf im amtlichen und geschäftlichen Verkehr etwa zu Marketingzwecken verwendet werden. Sie wird als Auszeichnung gesehen und soll den Stellenwert des Tourismus in der Stadt nach innen und vor allem nach außen bekräftigen. Sollte das Wirtschaftsministerium den Antrag positiv bescheiden, wird über die Einführung eines Tourismusbeitrags im Rahmen einer kommunalen Ausgabensatzung zu diskutieren sein.“ Dieser Satz im „Ausblick“ der SPD am Ende ihres Antrags, der zunächst im Haupt- und Finanzausschuss beraten wurde, sorgte für Differenzen, im Stadtparlament kam der Antrag nun in einer geänderten Fassung zur Abstimmung. Ein kleines Wort mit großer Bedeutung ließ die Mehrheit „Ja“ sagen und die SPD vom Weg abkommen. Denn nun folgte dem Auftrag an den Magistrat, beim RP Kassel den Antrag auf Anerkennung als Tourismusort zu stellen, ein schlichter, aber entscheidender Nachsatz: Mit dem Label soll „nicht das Ziel verbunden sein, in Oberursel eine Tourismusabgabe einzuführen“.

Nach der Änderung waren CDU, FDP, OBG und ein Teil der Grünen zur Zustimmung bereit, zu Werbezwecken soll das Prädikat unbedingt gut sein. Zuvor hatte Thomas Studanski (CDU) vorgerechnet, dass die von der Stadt genannten Zahlen zu den Übernachtungen in der Vor-Corona-Zeit irreführend seien. Gastwirt Studanski, der auch im Vorstand des Hotel- und Gaststättenverbands mitarbeitet, präsentierte Zahlen, die dem Tourismus nur etwa 20 Prozent Anteil an den jährlichen Übernachtungen in der Stadt beimessen, die restlichen 80 Prozent hingegen entfielen auf Geschäftsreisende. Im Verfahren wird in der Regel vorausgesetzt, dass die Zahl der Gästeübernachtungen pro Jahr doppelt so hoch sein soll wie die Einwohnerzahl. Das kann Oberursel locker bieten, die quantitativen und qualitativen Anforderungen kann es erfüllen.



X