Im Rathaus steht ein Schneemann auf dem Kopf

Künstler aus dem Atelier von Birgit C. Morgenstern (kniend rechts) präsentieren sich bei der Ausstellungseröffnung vor dem „Wellentanz“ von Ingrid Glatthorn (kniend Mitte). Foto: HB

Oberursel (HB). Ein solches Gedränge im Foyer des Rathauses hat der Hausherr noch nicht erlebt. Die Stimmung ist ungetrübt, und ein trockener Roter hat daran Anteil. Hans-Georg Brum kommt mit dem Händeschütteln kaum nach. Birgit C. Morgenstern hat zur Vernissage eingeladen, bei der gezeigt wird, was die 40 Kursteilnehmer in ihrem Atelier im Zimmersmühlenweg während einer zweijährigen Vorlaufzeit geschaffen haben. Der Bürgermeister nennt das Ergebnis „toll.“

Das Atelier in der historischen Zimmersmühle besteht seit sieben Jahren und ist in der Ausstellungsszene längst ein Begriff. Was an den Staffelleien in den 200 Quadratmeter großen Räumen zu den Leitthemen „Glas“, „Metall“ und „Stoff“ mit Pinsel und Farbe, in Öl, Aquarell oder Acryl umgesetzt wurde, konnte im Rathaus bereits begutachtet werden. Für die aktuelle Ausstellung wurde „Wasser“ zum Motiv erkoren. Die Kursteilnehmer im Alter zwischen 18 und 80 Jahren waren verpflichtet, wenigstens ein Gemälde zu diesem Thema abzuliefern. Die Kursleiterin hat ihnen Tipps zum Umfeld, zur Perspektive und Tiefenschärfe der Bilder gegeben. Die Ausstellung spiegelt die Kreativität der vier Kurse wieder, zeigt 120 Bilder, die vom Entree bis in den Georg-Hieronymi-Saal platziert wurden. Die Preise liegen zwischen 100 und 800 Euro. Die Künstler haben bis zuletzt an ihren Werken gefeilt. „Von manchen tropfte beim Aufhängen noch das Wasser,“ erinnert sich Morgenstern.

Am Anfang der „WasserWerke“ stand eine Motivsammlung. Danach war klar: Wasser ist für Maler ein dankbares Sujet. Es fließt, steht, fällt, wird zu Eis und Schnee. Schon an der ersten Stellwand wird die Bandbreite deutlich: Oben spiegeln sich drei Eisberge im arktischen Meer, darunter macht ein Delfin im Ozean ein Selfie. Das Bild „Wellentanz“ an der Stirnwand des Foyers beeindruckt durch die schiere Größe. Ein Schneemann mit roten Gummistiefeln, der einen Kopfstand macht, ist die wohl skurrilste Variation des Themas.

Der Betrachter erkennt die Nidda auf dem Weg von Praunheim nach Rödelheim, auch die Kaskaden im Bergpark Kassel-Wilhelmshöhe kommen ihm vertraut vor. Der Besucher verweilt vor der Elbphilharmonie im Hamburger Hafen, lässt sich von einem Sonnenuntergang vor Teneriffa verzaubern und freut sich an den kräftigen Farben einer Korallenlandschaft. Er sieht eine Frau, die nach ihrem Spiegelbild an der Wasseroberfläche greift, und fühlt sich an eine Zirkusnummer erinnert. Auch Wassertropfen, Regen, der die Scheibe herunterrinnt, das Füllen eines Glases aus der Wasserkaraffe sind zu bemerkenswerten Bildmotiven geworden. Das Thema Wassermangel wird nicht ausgeklammert, sondern am Beispiel eines Afrikaners verdeutlicht, der gierig aus einer flachen Schale trinkt.

Nunmehr wird die Künstlerin, die technische Zeichnerin gelernt hat, den Kurs auf die nächste, für September 2020 geplante Ausstellung im Rathaus vorbereiten. Sie denkt daran, „Feuer“ zum Leitthema zu machen. Diesmal sieht man den Tiger beim Baden, dann womöglich beim Sprung durch den Feuerreif.

!Die Ausstellung im Rathaus dauert bis zum 22. November. Sie ist montags und donnerstags von 8 bis 18, dienstags und mittwochs von 8 bis 16 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Am Montag, 18. November, um 15 Uhr laden die Künstler zum Rundgang ein. Auf dem Flyer stehen alle Namen.



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