Schutzkonzept gegen Grenzverletzung und Missbrauch

Oberursel (ow). Die Berichterstattung über die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche reißt nicht ab. Bischöfe und Priester haben sich in den Weihnachtspredigten positioniert. Sexuelle Gewalt, so Bischof Bätzing, verletzt die Menschenwürde.

Im Kleinen, in Oberursel und in den katholischen Pfarreien des Bistums Limburg, wird unterdessen an ganz konkreten Schutzkonzepten gearbeitet. „Es ist eine Graswurzelarbeit“, sagen die Verantwortlichen, „sie zielt auf Haltungsänderungen in Kirche und Gesellschaft und sensibilisiert für einen achtsamen Umgang, der das wirksamste Mittel gegen jede Form der Gewalt darstellt.“

Damit das Schutzkonzept in diesem Sinne kein Papiertiger bleibt und tatsächlich schützt, sollen die besonders Schutzbedürftigen – Kinder und Jugendliche – schon bei seiner Entwicklung zu Wort kommen. Seit Mitte Dezember 2020 stehen deshalb zwei Online-Fragebögen auf der Homepage der Pfarrei St. Ursula zum Ausfüllen bereit. Kinder mit ihren Eltern beziehungsweise Jugendliche sind eingeladen, anonym ihre Einschätzungen und Erfahrungen zum achtsamen und sicheren Miteinander in der katholischen Pfarrei St. Ursula abzugeben. Die Fragen reichen von „Wie erlebst du die verantwortlichen Teams?“ bis „Fällt dir eine Situation ein, in der du dich in der Pfarrei unwohl und nicht sicher gefühlt hast?“ Dabei kommen auch Räumlichkeiten, Transparenz und Beschwerdewege auf den Prüfstand.

„Wir wollen es wissen“, sagen Anita Novotny und Katrin Gallegos Sánchez, die Präventionsbeauftragten der Pfarrei St. Ursula. Ihnen ist anzumerken, dass sie es ernst meinen. Seit Anfang 2020 sind sie, mit Verzögerung durch die Pandemie, auf Spurensuche nach den Orten, Strukturen und Verhaltensweisen, die Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen gefährlich werden könnten.

Ihr Ziel ist es, im Auftrag des Pfarrgemeinderates und gemeinsam mit einer Projektgruppe bis zum Sommer ein „Institutionelles Schutzkonzept zu Prävention vor sexualisierter Gewalt“ (ISK) zu erarbeiten. „Auch jetzt gibt es schon Maßnahmen, wie Schulungen, Selbstverpflichtungserklärungen und die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für Betreuer von Übernachtungs-Freizeiten in der Pfarrei“, betonen sie. Das ISK soll aber darüber hinaus gehen, die gesamte Pfarrei und nicht nur einzelne Gruppierungen umfassen. Es wird unter anderem einen Verhaltenskodex, Beschwerdewege und ein Konzept zur Nachhaltigkeit der erarbeiteten Bausteine enthalten. Für die Risikoanalyse haben sie bislang gemeinsam mit Lilian Wykipil, die ebenfalls der Projektgruppe angehört, alle acht Ortsausschüsse der zur katholischen Pfarrei Oberursel und Steinbach gehörenden Gemeinden aufgesucht. Zunächst persönlich, später auch in digitalen Sitzungen. „Eine ganz neue Erfahrung“, so Anita Novotny „aber auch da war der Austausch etwa über Grenzsituationen und die Frage nach Vertrauen-Schenken einerseits und Kontrolle andererseits fruchtbar.“

Deutlich wurde bereits der Wunsch, künftig Formate zu schaffen, die helfen, Kinder und ihre Familien zu stärken. Bevor die Verantwortlichen aber darangehen können, diese zu entwickeln, gilt es, die Fragebögen auszuwerten. Eingeladen zur Teilnahme sind alle, die sich in irgendeiner Weise der Pfarrei als Familien oder Jugendliche zugehörig fühlen. Die Fragebögen sind bis Mitte Januar im Internet unter www.kath-oberursel.de erreichbar.



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