Schwierige Bedingungen für Sanierung des Betriebshofs

Vision 2022: So soll der neue Betriebs- und Wertstoffhof mit den sanierten und erneuerten Gebäuden aussehen. Foto: IPF Engineering GmbH

Oberursel (ow). Die Betriebsgebäude auf dem Gelände des Bau & Service Oberursel (BSO) sind in die Jahre gekommen und genügen nicht mehr den heutigen Anforderungen. In der Kfz-Werkstatt werden die Fahrzeuge der Stadtwerke, der Freiwilligen Feuerwehren und die eigenen Fahrzeuge repariert. Die Werkstatt – Ende der 60er-Jahre erbaut – kann aus Gründen des Brandschutzes nur noch eine begrenzte Zeit genutzt werden. Sie ist, wie auch die Fahrzeughallen, für die modernen Fahrzeuge zu klein und hat eine sehr schlechte Energieeffizienz. Die Sozialräume sind völlig abgenutzt, und es gibt keine Duschen für die Gemeindearbeiterinnen.

Weiterhin gibt es auf dem Gelände zahlreiche gefährliche Verkehrsbeziehungen, weil sich die Wege der Besucher des Wertstoffhofs mit denen der Containerfahrzeuge kreuzen. Das Gleiche gilt für die Freiflächen auf dem Betriebshof, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Hier kommen sich immer wieder die Schwerlastfahrzeuge der Müllabfuhr, des Straßenbaus und der Grünpflege in die Quere und konkurrieren zudem mit den privaten Pkws von 45 Prozent der Belegschaft, die Anfahrtswege zur Arbeit von zehn bis 50 Kilometer haben.

Da es keine Alternativstandorte für den Betriebs- und Wertstoffhof gibt und auch die Verlagerung des Wertstoffhofs in einen gemeinsamen Betrieb mit Bad Homburg nicht realisierbar war, gilt es bei der Neuplanung zahlreiche Herausforderungen zu beachten. Dazu gehören das Bauen im Bestand, der Umbau im laufenden Betrieb, ein wirtschaftliches und zukunftsfähiges Gesamtkonzept und die Beachtung der neuen Wasserschutzverordnung aus dem Jahr 2017.

„Bis auf das etwa 20 Jahre alte Verwaltungsgebäude müssen wir alle Gebäude neu errichten. Dabei sind wir im Bebauungsplanverfahren einen großen Schritt weitergekommen: Am 9. April endete die zweite Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TöB), und wir konnten mit der Neuplanung des Wertstoff- und Betriebshofs die größten Bedenken ausräumen. Somit sollte der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan noch vor der Sommerpause stehen“, erklärt Bürgermeister Hans-Georg Brum.

Problem Trinkwasserschutz

Wie sieht nun die Neuplanung aus? Gegenüber der Machbarkeitsstudie, mit der sich die Stadtverordneten im Herbst 2017 befasst hatten, trägt die Neuplanung noch deutlicher den verschärften Anforderungen der Wasser-schutzverordnung von 2017 Rechnung. Die zuständigen Stellen im Regierungspräsidium Darmstadt (RP) hatten moniert, dass der Wertstoffhof zu nah an der für die Trinkwasserversorgung der Stadt wichtigen Brunnenwiese gelegen sei. Auch für den Betriebshof seien zusätzliche bauliche Maßnahmen zum Artenschutz, zum Trinkwasserschutz und zum anlagenbezogenen Gewässerschutz nötig. Letzteres betrifft die Errichtung von Entwässerungsanlagen auf dem Betriebsgelände zur Vermeidung des Abschlags von Schmutzwasser in Fließgewässer.

„Mit der Neuplanung haben wir zwar die Grundprinzipien der Machbarkeitsstudie beibehalten, aber doch alle Funktionsbereiche des Betriebsgeländes noch einmal neu angeordnet, da sich infolge des Trinkwasserschutzes die bebaubare Fläche verringert hat und wir zur Kompensation in die Höhe bauen müssen. Ferner wurden zusätzliche bauliche Maßnahmen wie Rückhaltebecken, Drainagesysteme und eine zweite Dichtungsschicht für die neu angeordnete Fläche des Wertstoffhofes in die Entwurfsplanung integriert. Das erhöht zwar die Kosten, war aber notwendig, um die kritischen Anmerkungen der Aufsichtsbehörden aus der ersten TöB-Beteiligung auszuräumen“, so BSO-Betriebsleiter Michael Maag. Außerdem trügen die vom RP geforderten laufenden Kontrollen zum Schutz des Bodens während der Bautätigkeit ebenso zu Kostensteigerungen bei, wie auch die Entwicklung der Baupreise seit 2017. „Je länger das Projekt dauert, desto teurer wird’s! Eine zügige Projektumsetzung spart Geld“, so Maag weiter.

Kosten: 13,5 Millionen Euro plus

Aus diesem Grund wurde eine Baureihenfolge gewählt, die den Neubau im laufenden Betrieb ermöglicht. „Das birgt aber auch Risiken in sich, die nicht eingepreist sind“, so Maag. So darf bei den Ausschreibungen nichts schiefgehen, auch das zeitlich vorgeschaltete Sanierungsprojekt eines Kanals, der mitten über das Betriebsgelände des BSO läuft, muss pünktlich fertig sein. Dann die Sache mit dem Erd-aushub. Maag erklärt: „Die rund 16 000 Quadratmeter des Betriebsgeländes sind eine noch unbekannte Risikogröße. Niemand weiß, was sich unter den seit 70 Jahren versiegelten Flächen verbirgt. Wir haben überall Probebohrungen gemacht. Ergebnisse liegen noch nicht vor – jetzt heißt es Daumen drücken!“

Unklar bis in die Bauphase hinein ist auch der Ausgang des Bundesimmissionsschutzgesetz-Genehmigungsverfahrens. Laut der der neuen Wasserschutzverordnung von 2017 ist für den Betrieb eines Wertstoffhofes an dieser Stelle eine Befreiung erforderlich. Der Antrag auf Befreiung ist Teil des Verfahrens. Ein positiver Bescheid kann möglicherweise zusätzliche Baumaßnahmen und Auflagen zur Bedingung haben, die erst im Verfahren zutage treten.

Maag zu den Kosten: „Augenblicklich kalkulieren wir im besten Fall mit 13,5 Millionen Euro brutto und wollen mit dieser Zahl auch in die Haushaltsplanung gehen. Für 2019 ist das Budget voriges Jahr im Wirtschaftsplan festgesetzt worden und soll auch nicht überschritten werden.“ Wichtig sei es, rechtzeitig zur jeweiligen Mittelanmeldung Klarheit über die Risiken zu bekommen, um keine kostspieligen Baustopps wegen fehlender Finanzmittel erleben zu müssen.

Trotz der erschwerten Bedingungen (Trinkwasserschutz und Bauen im laufenden Betrieb) lohnt der vergleichende Blick in andere Kommunen der Region. Was den Ausbaustandard angeht, orientiert man sich am Neubau des Betriebs- und Wertstoffhofs in Neu-Isenburg/Dreieich. Laut Auskunft der dortigen Betriebsleitung hat das Projekt 2009 inklusive einer Erweiterung 2014 etwa zehn Millionen Euro brutto gekostet. Unter Anrechnung jährlicher Baupreissteigerungen entspräche das bei einer Bauzeit von 2019 bis 2022 etwa 13,5 Millionen Euro. In Langen schlug der komplette Neubau inklusive eines neuen Verwaltungsgebäudes, das gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr errichtet wurde, mit 15 Millionen Euro brutto zu Buche. Analog der Rechnung für Neu-Isenburg entspräche das unter Beachtung der Baukostenentwicklung im Jahr 2022 Kosten von etwa 17,8 Millionen Euro. In beiden Kommunen gab es, anders als in Oberursel, nicht die Flächenknappheit und auch keine Kosten für die Niederlegung der Bestandsgebäude. Brum: „Die Planung des BSO ist angesichts der Randbedingungen ambitioniert.“



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