Weg zur Kelterei an der Freiligrathstraße ist bereitet

An der Feldscheuer mit der bunten Fassade (rechts) am Rand der Apfelbaum-Plantage soll die neue Kelterei entstehen. Foto: js

Oberursel (js). „Freili bleibt Freili“ steht auf einem Protest-Plakat an einem Gartenzaun. Es hängt als Mahnung beharrlich an der letzten Straßenkreuzung, bevor es ins Feld geht. Die Bürgerinitiative gleichen Namens von Anwohnern der Freiligrathstraße gehört zu den Gegnern der Ansiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Kelterei, Gastronomie und Wohnhaus in deren Verlängerung. Sie fürchten vor allem den Mehrverkehr, der auf sie zukommen wird. Die Einwände sind abgearbeitet, sie füllen Aktenordner ebenso wie jede Menge Gutachten. Zum Verkehr, zum Immissionsschutz, Artenschutz und was man sonst noch so braucht. Der Weg ist geebnet, der Bau der geplanten Kelterei ist genehmigungsfähig, lautet die Bilanz aller Fachplaner. Benötigt wird nur noch das „Ja“ des Stadtparlaments.

Der Bürgermeister hat von Anfang an keinen Zweifel gelassen, auf welcher Seite er steht. Eine große Mehrheit der Stadtverordneten hätte das Projekt auch schnell abgesegnet, nun sind es zweieinhalb Jahre geworden, in denen die Stadtgesellschaft trefflich über das Thema „Aussiedlung Kelterei“ diskutieren und durchaus auch streiten konnte. Jetzt liegt der Satzungsbeschluss für den „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ Nr. 249 und den dazugehörenden „Durchführungsvertrag“ vor, ohne den das Projekt nicht auf die Zielgerade gehen und der Plan nicht wirksam werden kann. Den Vertrag schließen die zukünftigen Betreiber der Kelterei im Feld, eine Oberurseler Landwirtsfamilie, und die Stadt Oberursel. Unter Punkt 10 einer langen Sitzung hat der Bau- und Umweltausschuss (BUA) gestern Abend die letzte Runde ausgefochten, das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Den Weg endgültig frei machen muss das Stadtparlament in der Sitzung am 2. Juli.

Alle Beteiligten haben aus dem Verfahren gelernt. „Kompromissbereit“ seien die Bauherren gewesen, sagt Bürgermeister Hans-Georg Brum, eine „verträgliche Lösung“ sei gesucht worden. Worte wie „Großkelterei“ und „Event-Gastronomie“ fehlen in der aktuellen Beschreibung, es ist nicht mehr von „Wertschöpfungsketten, Schaukeltern, Identitätsstiftung und Apfelweinkultur“ die Rede. Ziel des Gesamtkonzepts sei es, den „geschlossenen Kreislauf des Apfels vom Anbau über die Ernte bis zur Vermarktung an einer Stelle zu zeigen“, heißt es nun in der Magistratsvorlage pädagogisch. Aus diesem Grund sei neben der Kelterei eine ganzjährig geöffnete Gastronomie und eine „zweckgebundene Wohnnutzung“ vorgesehen. Fürs Wohnen soll ein maximal zweigeschossiges Gebäude mit knapp 200 Quadratmetern Bruttofläche genehmigt werden. Mit der Gastronomie soll das „nahtouristische Angebot in Verbindung mit dem Hinweis auf die Kulturlandschaft Obstbau und Streuobstwiesen und die Vermarktung eigener Produkte aufgebaut werden“, lässt Brum verkünden.

An die bestehende Feldscheune in der verlängerten Freiligrathstraße mit der einseitig zum Feldweg farbenfrohen Fassade soll laut B-Plan ein zweistöckiges Haus für die Gastronomie angebaut werden. Unten der Gastraum mit nun noch 80 Sitzplätzen, oben ein „Schulungsraum“ mit 26 Plätzen. Dafür waren anfangs 60 Plätze vorgesehen, für den Gastraum wurden einst 120 Sitzplätze genannt, später auch mal 90. Abspecken musste auch die Terrasse von 150 auf 85 Sitzplätze. Über die Dimension der Kelterei neben Scheune und Gasthaus gab es bei der jüngsten Vorstellung des Projekts keine Zahlen. Das Wohnhaus schließt das Ensemble in Richtung bis dahin erweiterter Apfelbaum-Plantage ab.

Rund 140 Stellungnahmen der Öffentlichkeit nach Vorlage der ersten Ideen im Frühherbst 2018 bezogen sich zumeist auf den Verkehr, so Anja Littig aus dem Stadtplanungsamt. Weitere 90 Anregungen waren zum Entwurf des B-Plans eingegangen. Die Frage der Pkw-Stellplätze ist inzwischen geklärt, sie werden am Ende der Kleingärten auf dem Randstück der bestehenden Plantage eingerichtet, eine zusätzliche Stellfläche für Kleingärtner und den „Überlauf Gastronomie“ ist direkt daneben vorgesehen. Vom Parkplatz bleiben „knapp 200 Meter, die zu bewältigen sind“, so Stadtplanerin Littig. Genügend Platz für Fahrräder wird es im Bereich Gastronomie und Kelterei geben, mindestens 50 ausgewiesene Stellplätze sind vorgesehen. Bei der bereits ausgebauten verlängerten Freiligrathstraße soll es bei 3,50 Meter Breite bleiben, lediglich Ausweichbuchten für den Begegnungsverkehr sollen angelegt werden. Zielrichtung, das betont auch der Bürgermeister immer wieder, sei es, die Gäste der Gastronomie aufs Fahrrad oder die Füße zu ziehen. Autofahrer, Fahrradfahrer und Fußgänger sollen möglichst gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer auf der Zuwegung sein. Die Anfahrt zur Kelterei vom Gewerbegebiet Drei Hasen aus ist keine Alternative, heißt es bei der Verkehrsplanung. Wer aus dieser Richtung kommt, muss sein Auto auf dem Parkplatz der Erich-Kästner-Schule abstellen und den Rest zu Fuß gehen.



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