Zwei Freundinnen joggen, aber wie ist es mit Schwimmen?

Durch das Publikum tastet sich Thomas Kreimeyer zu den hinteren Rehen vor. Foto: bg

Oberursel (bg). Einsam, verlassen, etwas an die Seite gerückt stand er da, der rote Stuhl auf der Bühne der Aula. Der Kabarettist Thomas Kreimeyer hatte ihn mitgebracht, aber für was?

Der Trägerverein Pro Volkshochschule – Bildung und Kultur Hochtaunus hatte seine Mitglieder wieder zu „Kunststücken“ in die Grundschule am Urselbach eingeladen, bereits zum 16. Mal. Der mehrfach ausgezeichnete Steh-Greif-Kabarettist Thomas Kreimeyer betrat die Bühne. Aufmerksam, freundlich lächelnd schaute er in die Runde und begrüßte die Gäste. Er zog eine kleine, rote Zeitschaltuhr, eine Art Küchenwecker, aus der Anzugtasche und stellte ihn auf ein erhöhtes Tischchen. „Ganz wichtig“, erklärte er, „wenn der klingelt, dann ist Pause“. Exakt nach 45 Minuten war es soweit, er verließ die Bühne und das Publikum strömte in das Foyer zu Sekt und Selters – gut unterhalten. Es hatte viel gelacht, aber einige waren doch etwas ratlos. „Mal sehen, wie es weitergeht“, sagten sie.

Und es ging einfach weiter wie vor der Pause. Thomas Kreimeyer agierte als unterhaltender Unterhalter. Im ersten Teil des Abends sprach er freundlich mit den Menschen in der ersten Reihe. Er fragte nach wer zu Hause für das Kochen zuständig sei, wer den Müll rausbringe, ob man ein Musikinstrument spiele. „Klavier, für den Hausgebrauch“, lautete eine Antwort. Er hakte gerne nach und alle im Saal erfuhren einiges über die Hobbys und Aktivitäten der Anwesenden. Nie war das aufdringlich, gar penetrant, nein, Thomas Kreimeyer ließ sich auf die zufällig ausgewählten Personen mit intensiver Freundlich- und Beharrlichkeit ein. Schnell hatte er herausgefunden, dass die Sparkassen-Geschäftsführer von „Taunus“ und „Nassau“ Musikinstrumente spielen können. Grillen ist Männersache, das ist so etwas Archaisches, befand er und die beiden Kontrahenten der Sparkassen gaben zu, auch dieses Hobby zu pflegen. Er erfuhr, dass der eine mit Holzkohlen grillt, während der andere auf Gas setzt. Also „Kohle“ und Geldgeschäfte passte für ihn besser zusammen. Dass ein anderer Herr mit dem Grillen aufgehört habe, weil er zu alt sei, ließ er sich etwas näher erläutern.

Amüsant, witzig, manchmal etwas schräg knüpfte dabei er ein Beziehungsnetz zwischen den Befragten, kam wieder auf Aussagen zurück und stellte kuriose Zusammenhänge her zur Erheiterung des Publikums. Hörte zu, ließ sich einiges erklären. Wie es sei im IT-Bereich oder dass in Schmitten nicht viel los sei, aber im Winter dort oft viel Schnee liege. Wer vergnügt feixend weiter weg saß, hatte sich zu früh gefreut. Denn nach der Pause klapperte er auch die hinteren Reihen ab, keiner wurde von seinem freundlichen Interesse verschont. So fand er zwei joggende Freundinnen, die gerne im Taunus unterwegs sind, und hakte nach wie es mit schwimmen sei.

Der Abend hatte durchaus den Charakter einer Bildungsveranstaltung. Denn der Animateur und Unterhalter setzte sich zum Schluss auf den roten Stuhl und erläuterte sein Tun. Er wisse auch nicht, was bei seinen Auftritten auf ihn zukomme. Es könne viel schiefgehen. Direkte Kommunikation von Angesicht zu Angesicht, sozialer Austausch seien für die Gesellschaft und die Menschen äußerst wichtig, immer könne etwas Überraschendes passieren. Was passiert in einem Gespräch zwischen zwei Menschen? Wer redet, wer schweigt, wie gehen Menschen miteinander um? Schauen sie lieber weg, wollen sie nicht angesprochen werden, oder warten sie doch darauf?

Thomas Kreimeyer sieht durch die Digitalisierung der Kommunikation dramatische Veränderung in unserer Gesellschaft. Dass sich in einem Café zwei Personen, die sich gegenübersitzen, per SMS über die Qualität ihres Getränkes auslassen anstatt analog sich zu unterhalten, was bedeutet das für das gesellschaftliches Klima? „Jeder will gesehen und wahrgenommen werden“, so Thomas Kreimeyer. „Probieren sie es aus, reden sie miteinander, es kann sehr lustig sein“, stellte er freundlich lächelnd fest. Wie das funktionieren kann, hatte er vorgeführt. Das Publikum spendete reichlich Applaus für einen besonderen Kabarett-Abend, den es zum großen Teil mitgestaltet hatte.



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