Hurra, die Schule wird gelöscht

Realitätsnah sind die Bedingungen bei der Jahresanfangsübung der Oberurseler Jugendfeuerwehren, als sie die Integrierte Gesamtschule Stierstadt (IGS) durch einen koordinierten Außenangriff zu löschen versuchen. Foto: sem

Von Julia Semeras

Oberursel. Nebel steht in einem der Gänge der Integrierten Gesamtschule Stierstadt (IGS). Gerade noch so kann man die Hand vor den Augen sehen. Lichtschein durchbricht den Dunst. Schwere Schritte sowie verzerrte Stimmen aus Funkgeräten sind zu hören. Unheimlich, gar bedrohlich könnte die Situation sein, wenn es sich dabei nicht um die Jahresanfangsübung der Jugendfeuerwehren aus Oberursel und Steinbach handeln würde.

„Die Übung ist so aufgestellt, als ob es wirklich brennen würde. Es soll wie ein regulärer Einsatz sein“, erklärt Matthias Schreiber, Stadtjugendwart der Oberurseler Feuerwehren. Eine Ausgangslage wird inszeniert. In der Schule brennt es, Menschen werden vermisst. Nach dem vermeintlichen Notruf rücken die ersten Einsatzkräfte an. „Für die Kinder ist es das Highlight mit Blaulicht zu fahren.“ Schreiber erinnert sich dabei an seine eigene Zeit bei der Jugendfeuerwehr. „Natürlich will man sich den Nachwuchs sichern.“ Und nicht nur erst bei der Jugendfeuerwehr. Schon die Kleinen der Minifeuerwehr sind mit dabei: Sechs von ihnen stellen Personen der 14 Vermissten dar. Die Kinder sind zwischen sechs und zehn Jahre alt und lernen so bereits den Übungsablauf kennen.

Sie und die acht Dummies zu retten, ist das erste Ziel der Übung. „Die Menschenrettung erfolgt immer zuerst“, betont Schreiber. Die Jugendfeuerwehr Stierstadt beginnt, Weißkirchen folgt. Schnell, geordnet, geradezu routiniert erledigen die Kinder und Jugendlichen die jeweiligen Aufgaben: Schläuche werden ausgerollt und verbunden, und ein Trupp macht sich bereit für den Innenangriff.

Mit Funkgerät und Atemschutz

Die Übungsteilnehmer begeben sich mit Funkgeräten, Sauerstoffmasken und Taschenlampen in das Gebäudeinnere. Aber selbstverständlich ist nicht alles realistisch umsetzbar. Den Rauch simuliert ein „Nebelgerät, wie man es aus der Disco kennt“, erzählt Schreiber. Und Rebekka (20), Jugendgruppenleiterin, ergänzt: „ Alles erfolgt zwar nach Dienstvorschrift. Aber die Atemschutzgeräte sind nicht gefüllt. Es sind Attrappen.“ So werden die Brandherde von Blinklichtern dargestellt. Doch wie bei einem richtigen Einsatz bewegt sich ein Teil des Feuerwehrnachwuchses auf allen Vieren vorwärts, da sowohl Luft als auch Sicht in Bodennähe besser sind. Jede Ecke wird abgesucht, jede Tür kontrolliert. Dabei stehen sie immer in Kontakt, auch mit den Leuten außerhalb des Gebäudes.

Die Wasserversorgung wurde derweil von den eingetroffenen Jugendfeuerwehren aus Mitte und Steinbach mit eingerichtet. Der Außenangriff wird von Bommersheim und Oberstedten unterstützt. An rund 15 gezählten Stellen bewässern jeweils zwei Kinder oder Jugendliche das Dach. Beobachtet wird die Leistung der 78 Teilnehmer nicht nur von der Übungsleitung, sondern auch von den zahlreichen Gästen. Neben den Angehörigen schauen Wehrführer, Vertreter der Kreisfeuerwehr, der stellvertretende Stadtbrandinspektor Andreas Ruhs sowie Feuerwehrdezernent Thorsten Schorr und Bürgermeister Hans-Georg Brum zu.

Gut zu sehen ist unter anderem der 13-jährige Aaron, der gemeinsam mit Aurelius (10) einen der Schläuche hält. Beide sind seit einigen Jahren Mitglieder der Jugendfeuerwehr Weißkirchen. „Den Schlauch zu halten ist nicht schwer“, meint Aaron. „Das ist ein B-Schlauch.“ Dann stutzt er kurz. Jemand ruft ihm zu „Das ist ein C-Schlauch.“ „Ja, ein C-Schlauch. Das ist der kleinere.“ Demnach ist es nicht schwer einen Schlauch zu halten, aber dabei auch noch fachbezogene Fragen zu beantworten sowie Anweisungen entgegenzunehmen, kann einen zurecht überfordern. Aaron und Aurelius nehmen das jedoch gelassen hin: „Es macht Spaß“, sind sich die beiden einig. „Anfangs war es sehr aufregend, mit der Zeit lässt es aber nach.“ Routiniert und gelassen stehen sie da. Die Frage, ob sie abgelöst werden möchten, verneinen sie. Ihre Arme zittern allerdings schon vernehmlich. Doch für diese zwei „alten Hasen“ kommt es nicht in Frage, ihren Posten zu verlassen.

Nachwuchs immer gern gesehen

Aber die Aktivitäten der Jugendfeuerwehr begrenzen sich nicht auf Pflichten und Übungen. Ganz im Gegenteil: „Es ist alles interessant und sehr vielfältig“, erzählt Rebekka. „Bei uns hat man die Möglichkeit, an seine Grenzen zu kommen und vor allem über sie hinauszuwachsen. Und ansonsten machen wir auch Ausflüge, etwa in den Freizeitpark und vieles mehr.“ Der Nachwuchs ist ein generelles Anliegen der Feuerwehren: ab sechs Jahren können Kinder bei der Minifeuerwehr und später von zehn bis 17 Jahren bei der Jugendfeuerwehr mitmachen. Ab 17 Jahren besteht die Möglichkeit, Teil der Einsatzabteilung zu werden und bei richtigen Einsätzen dabei zu sein. Schreiber hierzu: „Nachwuchs und Interessierte sind bei uns immer gern gesehen.“



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