„Dünnbrettbohren war nicht ihre Sache“

Pfarrerehepaar Birgitt und Reinhold Ihrig bei ihrer Abschiedspredigt. Beinahe 40 Jahre waren beide für das Evangelische Dekanat Kronberg tätig. Zuvor hatten sie in Diedenbergen 23 Jahre lang gemeinsam eine Pfarrstelle inne. Dorthin werden sie nun zurückkehren und eine alte Scheune ausbauen – sowie viele Reisen unternehmen. Foto: privat

Eschborn (kb) – Mit einem fröhlichen Gottesdienst in proppenvoller Kirche und einem Empfang wurde das Pfarrerehepaar Birgitt und Reinhold Ihrig am 13. Oktober nach 16 Dienstjahren für die evangelische Gemeinde in Eschborn in den Ruhestand verabschiedet. Beinahe 40 Jahre sogar waren beide für das Evangelische Dekanat Kronberg tätig, hatten sie doch zuvor in Diedenbergen 23 Jahre lang gemeinsam eine Pfarrstelle inne. Dorthin werden sie nun zurückkehren und eine alte Scheune ausbauen – sowie viele Reisen unternehmen.

Dass sie nun dafür tatsächlich auch die Zeit haben und weitgehend „unbehelligt“ leben sollen, war Probst Oliver Albrecht in seiner Würdigung ein Anliegen. Er betonte, dass es sich um eine „Entpflichtung“ handele: „Etwas Neues wird beginnen, und das ist mehr als die Fortsetzung des Alten.“ Drei Familienprojekte hätten die Arbeit des Ehepaars geprägt: Ferienfreizeiten, Mehrgenerationenhaus Eschborn sowie Familiengottesdienste. Der „Schraubenschlüssel Gottes“ – so der Spitzname, den Reinhold Ihrig bereits vor 20 Jahren vom damaligen Dekan verpasst bekam – und die „Problemlöserin“ seien mit ihrer anpackenden Art zu Vorbildern geworden. „Sie beide leben persönlich vor, was im Korintherbrief steht: Man darf Individuum bleiben, aber gemeinsam entsteht etwas Größeres. Sie haben diese Botschaft mit Ihrer Liebe zueinander in die Gemeinden getragen.“

Das Pfarrerehepaar hatte den Bibeltext des 1. Korintherbriefs, Vers 12, zum Motto seines Arbeitslebens erkoren, wie Birgitt und Reinhold Ihrig in ihrer Ansprache erläutern: „Viele Gaben – ein Geist, viele Glieder – ein Leib. Dieses Thema hat schon vor 39 Jahren bei unserer Ordination eine Rolle gespielt, denn damit haben wir uns der Gemeinde in Diedenbergen vorgestellt. Auch heute ist das immer noch unsere Vision von Gemeindearbeit.“ Es sei wichtig zu schauen, wie man zusammen die Zukunft gestalten kann, denn keiner lebe für sich allein, nur gemeinsam sei man stark: „Als Pfarrer haben wir oft mit Gottvertrauen andere überzeugt, und viele Augen, Ohren, Hände und Füße ließen diese Ideen Gestalt werden.“ Zufrieden schauen beide zurück – und nach vorne: „Wir gehen und sagen ‚Danke‘ mit warmem Herzen und winkenden Armen. Um die Gemeinde ist uns nicht bang!“

Beim anschließenden Empfang im Mehrgenerationenhaus ließen es sich zahlreiche Wegbegleiter nicht nehmen, dem Ehepaar viele gute Wünsche und Geschenke mit auf den Weg zu geben. Alle äußerten ihre Dankbarkeit für eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit. „Und auch Sie beide hatten das Vertrauen zueinander, Herausforderungen gemeinsam zu schaffen“, betont der Vorsitzende des Kirchenvorstands, Dieter Fritsch. „Sie haben vorausschauend gehandelt und viele Projekte für die Gemeinde angestoßen, und wir haben mit Ihnen gemeinsam vieles geschafft.“ Eine Porzellanschale mit der Silhouette der Kirche soll künftig daran erinnern. Auch Dekan i.R. Klaus Spory hatte nur lobende Worte parat: „Dünnbrettbohren war nicht Ihre Sache. Gerade wo ein Brett besonders dick war, haben Sie beide immer angesetzt!“

Aus Magdeburg ist Cordelia Hoenen angereist, Pfarrerin der Markusgemeinde sowie St. Eustachius und Agathe. Sie hob hervor, dass nach der Wende aus Partnergemeinden Freunde wurden und dies bis heute – nicht zuletzt dank des Ehepaars Ihrig – aufrechterhalten wurde. Nicht zuletzt Bürgermeister Mathias Geiger und Erster Stadtrat Thomas Ebert ließen es sich nicht nehmen, sich persönlich zu verabschieden. Mit einem Beutel mit fair gehandelten Produkten, „die spätestens in drei Wochen verzehrt sind“, dankte Ebert für die Unterstützung in Sachen „Fair Trade“ durch entsprechende Gottesdienste. Die Vorsitzende des Kirchenvorstands in Diedenbergen, Sibylle Giesbert, schließlich freut sich auf die „Neubürger“.

Das Schlusswort gehörte dem Ehepaar, das sich nun als „Ehrenämtler“ fühlen darf – und sich nach 45 Jahren Ehe erstmals nicht mehr als „Kollegen“ sieht. Nach dem Dank an die Mitarbeiter, mit denen sie als Team häufig an einem Strang gezogen hätten, richtet sich ihre Aufmerksamkeit jetzt auf die vier Töchter und fünf Enkel, die sich ebenfalls darauf freuen, künftig mehr gemeinsame Zeit verbringen zu können.



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