Frühjahrsputz, Home-Schooling und viel frische Luft

Hier kann sich derzeit – trotz Sonnenschein – niemand austoben. Spiel- und Sportplätze sind geschlossen. Foto: md

Hochtaunus (md). Die Schulen sind geschlossen, Cafés, Restaurants und Geschäfte haben zugemacht, und die Straßen sind menschenleer. Wenn man momentan das Haus verlässt, fühlt man sich schnell so, als wäre man in einer Geisterstadt unterwegs, denn kaum eine Menschenseele scheint noch nach draußen zu gehen. Die neuen Maßnahmen der Regierung, um das Coronavirus einzudämmen, beeinflussen das öffentliche Leben massiv, und jeder Bürger geht anders damit um. Während die einen die „Zwangspause“ vom Alltag genießen, können andere das Ende des Ausnahmezustands kaum erwarten. Wie dem auch sei, fest steht, dass so gut wie jeder sein Leben komplett auf den Kopf stellen musste. Familie G. aus Bad Homburg versucht, das Beste aus der Situation zu machen, hofft aber, dass sich die allgemeine Lage bald wieder normalisieren wird.

„Am Anfang hat sich mein ganzer Freundeskreis gefreut, dass die Schule erst einmal ausfällt“, berichtet Thomas, der älteste Sohn der Familie, „aber so lustig ist das ‚Home-Schooling‘ leider nicht!“ Der 17-Jährige besucht ein Gymnasium in Bad Homburg und will im nächsten Jahr sein Abitur schreiben. Täglich bekommt er – genau wie sein jüngerer Bruder Jan – Aufgaben von seinen Lehrern per E-Mail geschickt, die er dann bearbeiten und wieder zurückschicken soll. „Prinzipiell lerne ich dabei ja schon etwas, aber in der Schule ist es einfach deutlich angenehmer“, erzählt Thomas, „der Unterricht lebt davon, dass man in Fächern wie zum Beispiel Politik auch mal kontroverse Meinungen diskutiert oder von seinen Klassenkameraden etwas erklärt bekommt, aber das alles fällt nun weg…“ Lachend fügt Jan, ein Achtklässler, hinzu, dass er auch die Pausen vermisst. Angst, dass sich durch den Schulausfall Nachteile für sein Abitur ergeben, hat Thomas noch nicht: „Den Stoff hole ich ja zu Hause nach, ich bin nur gespannt, wie dieses Halbjahr dann benotet werden soll.“

Anders läuft die Situation an Privatschulen und Schulen im Ausland ab: Hier treffen sich die Schüler online mit ihren Lehrern, um die Unterrichtsinhalte gemeinsam zu besprechen. „Das Modell ist eigentlich nicht schlecht“, finden die Brüder. Kontakt zu den Freunden halten sie über die sozialen Netzwerke. „Natürlich sind die Maßnahmen sehr wichtig, um weitere Infizierte zu vermeiden“, versteht der ältere Schüler, „aber ich freue mich schon, wenn sich wieder etwas mehr Alltag einstellt und man seinem normalen Leben nachgehen kann!“

Seine Freizeit verbringt er zum großen Teil im Garten. „So kommt man wenigstens an die frische Luft“, lacht er, „außerdem treibe ich auch gerne draußen Sport, aber dabei achte ich darauf, dass ich anderen Leuten nicht zu nahe komme.“ Auch die Geschwister vertreiben sich die Zeit auf ähnliche Art und Weise. Die ältere Schwester, Marie, die Medizin studiert, ist momentan auch wieder zu Hause. „Momentan sind sowieso Semesterferien, aber dennoch hat sich der Universitätsstart auf ungewisse Zeit nach hinten verschoben“, erzählt sie, „dadurch sind auch schon Prüfungen verschoben worden.“ Wie sich das auf den gesamten Studienverlauf auswirken wird, ist bislang noch unklar, aber die Universität versucht zumindest, dass für die Studierenden kein Nachteil entsteht.

Da Marie noch in der Vorklinik, dem ersten Studienabschnitt studiert, wurde sie aktuell noch nicht gefragt, Hilfe zu leisten, kennt aber zahlreiche Kommilitonen, die jetzt in Krankenhäusern arbeiten. „Das System ist total überlastet, und deswegen greifen die Kliniken auf Studierende zurück, die in der Pflege, im Labor oder an der Krankenhauspforte aushelfen sollen“, erklärt sie. „Sehr viele sind auch bereit, zu helfen, aber in erster Linie werden Leute gesucht, die schon im siebten Semester oder weiter sind oder eine abgeschlossene Berufsausbildung haben.“ Die Kommilitonen aus ihrem Semester befinden sich zurzeit auch nicht am Studienort, sondern sind alle nach Hause gefahren. Über Skype und ähnliche Medien stehen sie in Kontakt zueinander und tauschen sich regelmäßig aus.

Auch die Eltern finden sich mit der Situation ab. „Es bringt ja nichts, wenn man sich jetzt über die Einschränkungen beschwert – wir können eh nichts daran ändern und sollten froh sein, dass wir noch alle gesund sind!“, findet der Vater. Die Mutter stimmt zu: „Genau, aber natürlich stellen einen das Kontaktverbot und die ganzen anderen Regelungen als Familie ganz schön auf die Probe!“ Momentan sind nämlich alle fünf Familienmitglieder daheim, und die Kinder hin und wieder gelangweilt. „Unseren Frühjahrsputz haben wir wenigstens erledigt“, freut sich die Mutter, „die Kinder haben jeweils Aufgaben bekommen, die sie erfüllen mussten.“

Alle Fenster im Haus sind geputzt und glänzen. Sie findet es sehr wichtig, dass man nicht im „Nichts-Tun“ versinkt und trotz der Lage einer Art Alltag folgt. So versucht sie, die Familie jeden Tag zum Rausgehen zu animieren. „Frische Luft tut gut und muss sein“, meint sie, „zum Glück kann man noch mit seiner Familie nach draußen gehen, aber wir achten darauf, dass wir nicht an Orte mit vielen Menschen gehen!“ Spaziert wurde bisher auf den Herzberg und im Hintertaunus. „Ansonsten gehen wir eben täglich im Hardtwald laufen“, fügt der Vater hinzu. Die beiden Eltern arbeiten momentan von zu Hause aus, was gar nicht so einfach ist: „Home-Office klingt gut, ist aber nicht einfach umzusetzen, wenn das Haus voll und niemals wirklich leise ist“, findet die Mutter. Ständig laufe jemand durch das Haus, und deswegen sei es schwierig, fokussiert zu arbeiten. Momentan verbringt sie viel Zeit mit Telefonkonferenzen, die anstelle von „richtigen“ Treffen mit Kollegen stattfinden. „Ich bin gespannt, wie sich das in Zukunft entwickeln wird“, meint sie, „wird die Schule möglicherweise dann auch digitaler?“

Einschränkungen, was den Einkauf angeht, sehen die Eltern nicht. „Wir gehen eigentlich weiterhin ganz normal einkaufen“, berichtet der Vater, „Hamsterkäufe sind unfair und stressen die Gesellschaft nur noch mehr.“ Natürlich steht er hin und wieder vor einem leergekauften Regal, aber dann „sieht man sich einfach nach Alternativen um“. Zusätzlich kauft die Familie auch noch für die Großmutter ein, die zur Risikogruppe zählt. „Beim Einkaufen achte ich darauf, dass ich aus hygienischen Gründen mit Karte zahle“, erzählt der Vater, „zusätzlich versuche ich, nicht zu Stoßzeiten in den Supermarkt zu gehen, und vermeide unnötige Kontakte.“ Sehr gut findet seine Frau auch, dass manche Supermärkte auf dem Boden Markierungen angebracht haben, um den vorgeschriebenen Abstand zwischen den Kunden anzuzeigen. „Wir sind jedenfalls gespannt, wie lange die Ausnahmesituation noch andauern wird. Und wir hoffen, dass das alles bald ein Ende finden wird!“

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