„Es geht um Frieden und Freiheit am 26. Mai“

Nette Begrüßung für „TSG“ am Landgasthof Saalburg. Zum Empfangskomitee der SPD gehören die Kreisbeigeordnete Katrin Hechler, der Unterbezirksvorsitzende Stephan Wetzel (v. l.) und die Bad Homburger Landtagsabgeordnete Elke Barth. Foto: Streicher

Hochtaunus (js). Mit viel Applaus wurde er begrüßt, mit noch mehr Beifall verabschiedet. Thorsten Schäfer-Gümbel, Hoffnungsträger der hessischen SPD seit zehn Jahren mit unvollendeter Mission, war Ehrengast der SPD Hochtaunus und der SPD-Kreistagsfraktion bei deren traditionellem Jahresempfang auf der Saalburg am Muttertags-Sonntag. „TSG“, wie er gerne genannt wird, warb 45 Minuten aus dem Stegreif für ein freies, demokratisch gesteuertes Europa. Der SPD-Unterbezirksvorsitzende Stephan Wetzel bedankte sich beim SPD-Landesvorsitzenden für die „tolle Zeit“, im Hochtaunuskreis war er stets ein gern gesehener Gast.

Noch ist er in Amt und Würden, doch die Zeit der „Abschiedsreden“ hat begonnen. Ja, es werde wohl seine letzte Rede bei den Genossen im Hochtaunuskreis sein, „eine Herausforderung“, so Thorsten Schäfer-Gümbel zur Begrüßung der etwa 150 Gäste unterschiedlicher parteipolitischer Couleur beim Jahresempfang der SPD. Eine Herausforderung, der sich der scheidende Spitzenmann der hessischen SPD bis zum endgültigen Abschied im Oktober noch häufiger wird stellen müssen.

Zentrale Bedeutung

Persönliches zu Vergangenheit und Zukunft von „TSG“ wurde dennoch nur am Rand beim gemütlichen Teil besprochen. Im Mittelpunkt der Rede des Ehrengastes musste angesichts der bevorstehenden Wahl am 26. Mai das Thema Europa und die Welt stehen. Schäfer-Gümbel deutete mehrfach beim exakten Ansagen von Tagen, Stunden und Minuten bis zur Schließung der Wahllokale bei der Wahl von „zentraler Bedeutung“ an, wie wichtig jene 9. Wahl des Europaparlaments für die Zukunft des „europäischen Friedensprojektes“ ist. Mit einem Satz von Willy Brandt aus dem Jahr 1969 als Leitsatz: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, im Inneren und nach außen“.

Die „Wirkungsmacht“ jenes Satzes sei bedroht, so Schäfer-Gümbel, durch Rechtspopulismus und Nationalismus. Durch populistische Strömungen, die „Blockade-Mehrheiten“ in den kommenden fünf Jahren fördern könnten. Eindringlich rief er den Genossen zu: „Es geht um Frieden und Freiheit am 26. Mai. Mir fehlt noch die richtige Europawahl-Stimmung, es fehlt an politischer Reibung.“ An Reibung und an der Fähigkeit zum Kompromiss. Die Kompromissfähigkeit, die es brauche, Unterschiede in der Auffassung zur Gestaltung Europas zu vereinen, stehe angesichts der „Facebook-Logik“ mit Daumen hoch beziehungsweise Daumen runter in allen Lebenslagen „massiv unter Druck“, mahnte Schäfer-Gümbel. Ein Druck, dem sich die demokratischen Kräfte widersetzen müssten. „TSG“ zitierte den früheren hessischen Ministerpräsidenten und Parteifreund Georg-August Zinn: „Demokratie ist nicht nur Staatsform, sondern auch Lebenshaltung“.

Erinnerung an den Mauerfall

Und dann ließ „TSG“ die Genossen aus dem Hochtaunus teilhaben an seinem ganz persönlichen, vielleicht wichtigsten „Europaerlebnis“. An einem Ostertag 1990, als er sich 19-jährig mit ein paar Kumpels nach Berlin aufmachte, um mit mitgebrachtem „Hammer und Meißel“ als Mauerspecht ein Stückchen aus der fallenden Berliner Mauer zu schlagen. Wie sie erst von ebenso jungen NVA-Soldaten „rausgeschmissen“ wurden, dann lange im „Grenzgebiet“ diskutiert haben, bis am Abend „Wahnsinniges“ passiert sei. Denn dann sind sie gemeinsam im Wartburg-Jeep eine halbe Stunde durch den einstigen Todesstreifen gefahren und haben laut immer wieder das Wort „Freiheit“ gebrüllt.

„Europa ist nicht weit weg und nicht abstrakt. Es ist nah und es ist unsere Aufgabe“, sagte Schäfer-Gümbel zwischen Rückblick auf Mauerfall und dem düsteren Ausblick auf das Bestreben derer, die neue Mauern bauen wollten. „Es gibt noch viel zu tun.“ Den Sozialdemokraten im Taunus legte er die Mobilisierung aller Kräfte ans Herz, ihre Klientel von der Wichtigkeit der Wahl und einer hohen Wahlbeteiligung zu überzeugen. „Wir müssen Antworten geben und dazu beitragen, die Angst der Menschen zu lösen“, von der die rechtspopulistischen und nationalistischen Bewegungen profitierten.



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