Kampf ums Überleben – Hotels in der Krise

Seit fast zehn Monaten leben sie von der Hoffnung im „TaunusTagungsHotel“: Geschäftsführerin Reem Fayad und Peter Voss-Fels, Generalsekretär des Hessischen Bauernverbands.

Hochtaunus (js). Die Türen sind geöffnet, nur meist kommt keiner rein. Die Betten sind frisch gemacht, genutzt werden sie kaum. Es herrscht Stille statt lebendiger Betrieb in den Hotels im Taunus. Der Lockdown trifft die Branche erneut hart, alternative Konzepte sind kaum möglich. Wäre es in diesen Tagen angemessen, könnten Hoteldirektoren jeden einzelnen Gast persönlich mit Handschlag und einem kleinen Plausch begrüßen. Und doch bleibt noch Optimismus, zumindest für die Häuser in einem Konzern-Verbund oder etwa das „TaunusTagungsHotel“ in Friedrichsdorf, einst als Familien- und Freizeitstätte vom Hessischen Bauernverband gebaut.

Der Verbund im Hintergrund ist der Anker, der das Schiff im Ortsteil Dillingen noch rettet. „Die Nachfrage hat dramatisch nachgelassen, das ist ein ganz, ganz niedriges Niveau, unterirdisch.“ Peter Voss-Fels wählt klare Worte, der Generalsekretär des Hessischen Bauernverbands ist kein Mann für beschönigende Floskeln. Unterirdisches Niveau? Heißt eine Belegungsquote von um die zehn Prozent im Vergleich zum Normalbetrieb. Vor dem in den vergangenen Jahren immer weiter aufgepeppten Tagungshotel mit knapp 90 Betten aus dem Bereich Drei-Sterne-Plus direkt am Waldrand stehen nur vereinzelt Autos mit auswärtigen Kennzeichen. Einzelne Geschäftskunden, das Seminarleben ist tot, die Eventküche keimfrei gereinigt ohne scheppernde Töpfe, der Speiseraum verlassen. „Als Hotel allein könnten wir nicht leben, da wären wir schon isoliert gestorben“, sagt Voss-Fels. Zuletzt kamen nicht mal die Festkosten rein. „Noch leben wir durch den Rest des Verbundes.“ Seit fast zehn Monaten leben sie von der Hoffnung im TaunusTagungsHotel. Waren „sehr offen, sehr flexibel“, so Voss-Fels. Haben im Frühjahr sogar dem Hochtaunuskreis angeboten, Kranke und Schwerstkranke in Notbetten unterzubringen, ein wirkliches Interesse daran gab es nicht. Die Homeoffice-Idee für Gestrandete war im Gespräch, keine Resonanz auf Werbeversuche bei unterschiedlichen Portalen. Im Sommer der Versuch, Familienurlauber in den reizvollen Taunus zu ziehen, Fahrrad-Touristen, sogar einen Schuppen zum sicheren Parken haben sie da gebaut. Als die Hoffnung sich wieder auf das Kerngeschäft der Tagungen justierte und das Buchungsgeschäft wieder anlief, machten der Mini- und dann der zweite Lockdown alles zunichte. Die liebevoll gepackten kleinen Geschenktüten mit Wein, Honig, Wurst und Käse bekamen an Weihnachten und zu Jahresbeginn nur eine Handvoll unverzagter Gäste aus der Hand von Co-Geschäftsführerin Fayad Reem.

Hoffnung liegt auf Neustart

Verlassen, leer das Foyer, eine Dame an der Rezeption reicht in der Regel. Nicht viel los im Zimmersmühlenweg hinter der Glasfassade des Eingangsbereichs. Kürzlich war die gesamte Basketball-Nationalmannschaft da, das Männer- und das Frauenteam, kurze Quarantäne wegen eines Frankreich-Ausflugs. Eine paar vereinzelte Geschäftsleute, die beruflich im Ausland unterwegs sind, nach der Rückkehr kurz in selbst gewählte Quarantäne gehen, um ihre Familien zu schützen, ein paar so genannte Longstay-Gäste, auch mal einer, der sein Homeoffice verlegt, ansonsten Handwerker, Monteure, wenige nur. Mehr kann Hotel-Direktor Frank Metlicar derzeit kaum melden. Wenn das „The Rilano“ im Oberurseler Gewerbegebiet Süd neben der ausgestorbenen einstigen Thomas-Cook-Zentrale zu knapp 20 Prozent ausgelastet ist, ist der General Manager schon froh. Bis zum zweiten Lockdown noch ein paar Meetings, die stattfinden durften, kleine Parteitreffen oder Termine der IHK, das war’s dann.

Das „Rilano“ ist derzeit ein 220-Betten-Hotel auf minimaler Betriebstemperatur. Die Beschäftigten fast durchweg in Kurzarbeit, „viele haben das Hotel seit März nicht mehr gesehen“, so Metlicar. Der Mann, der im Glaspalast am Zimmersmühlenweg schon ausgebildet wurde und ab 2010 im Vorgänger-Projekt „Mövenpick“ bereits Hotel-Direktor war, aber denkt stets positiv, ist lieber Optimist und bereit, im Frühjahr wieder „hoffentlich gestärkt“ durchstarten zu können. Glaubt, dass es wieder so werden wird wie vorher. „Die Bücher sind voll, Schulungen, Weiterbildung, Seminare“, gebucht wird langfristig. Es gab auch zuletzt immer noch Leute, die dachten, sie könnten ein Weihnachtsessen mit 20 und mehr Gästen im Hotel buchen. Weihnachtsgänse standen trotz allem hoch im Kurs, an den Weihnachtstagen herrschte in der Küche Hochbetrieb, gebratene Gänse aber gab es nur im modernen „To-Go-Verfahren“.

Optimist Frank Metlicar sieht übrigens noch einen positiven Nebeneffekt der Krise. Die Auszubildenden, die immer im Haus sind und voll in der Verantwortung stehen, „lernen mehr als sie sonst jemals lernen würden“. Auf die jungen Frauen und Männer ist der Chef besonders stolz: „Die leisten tolle Arbeit, die haben das Hotel gerettet.“ Nebenbei würden kleinere Sanierungsarbeiten ausgeführt, das biete sich an. Metlicar sieht sein Haus innerlich gestärkt aus der Krise kommen. Darauf hoffen sie alle, auf neues Leben nach der Krise. Auch bei der Maritim-Hotelgesellschaft, die allein in Deutschland mehr als 32 Hotels betreibt. Das Haus in der Kurstadt Bad Homburg läuft gut, wenn kein Virus grassiert und die Geschäfte lähmt. Die Nähe zum Flughafen und zur Messe Frankfurt, das Label Kurstadt, dazu das direkt angeschlossene Kongresszentrum, alles Faktoren, die für hohe Buchungsfrequenz stehen, wenn kein Lockdown verfügt wird und die Grundlagen für ein Tagungshotel mit zusätzlichen touristischen Gästen entzogen sind. „Komplette Katastrophe“, heißt es hinter vorgehaltener Hand zur aktuellen Situation, dass das Geschäft nur „schleppend“ läuft, wie es die Vorsichtigen im Umfeld formulieren, ist spürbar, wenn man sich ein Weilchen im Anfahrtsbogen oder im Eingangsbereich mit Rezeption aufhält. Lähmende Stille, kein Betrieb, kein Hotelleben.

„Wir sind die Branche, die am härtesten getroffen ist“, sagt Harriet Eversmeyer, als Direktorin Public Relations für die Außendarstellung der Hotelgesellschaft mit Sitz in Bad Salzuflen zuständig und damit offizielle Stimme des Konzerns.

Die meisten der 148 Zimmer am Kurhaus-Vorplatz im Herz der Innenstadt stehen leer, Belegungszahl bisweilen im einstelligen Bereich. Mit den „sehr guten Tagungs- und Veranstaltungskapazitäten“ kann das Maritim derzeit nicht punkten, „Longstay-Angebote werden nicht nachgefragt“, so Eversmeyer. Viele der 60 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, die Auszubildenden müssen beschäftigt werden. Die Hoffnung richtet sich nach der verlorenen wichtigen Weihnachtsperiode mit Jahreswechsel und den dazugehörigen Stammgästen auf das neue Tagungsjahr.

Das „Rilano“ in Oberursel ist derzeit ein 220-Betten-Hotel auf minimaler Betriebstemperatur.

Die meisten der 148 Zimmer des Maritim-Hotels im Herzen der Bad Homburger Innenstadt stehen leer. Fotos: Streicher

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