Kirchenmusik in Pandemiezeiten – Im Gespräch mit der Dekanatskantorin

Katharina Bereiter Foto: A. Kern

Bad Soden. – Die Corona-Pandemie hat einen wichtigen Teil der Verkündigung erheblich beeinträchtigt – Kirchenmusik war nur mit starken Einschränkungen möglich. Im Gespräch berichtet Dekanatskantorin Katharina Bereiter von ihren Eindrücken und wie sie weiterhin versucht, mit ihrer Musik die Menschen zu erreichen.

Seit sehr langer Zeit ist jetzt erstmals wieder Gemeindegesang in Gottesdiensten erlaubt und auch Chorproben sind unter bestimmten Voraussetzungen wieder möglich. Instrumentalkreise konnten die ganze Zeit im kleinen Kreis üben – für Blasinstrumente gelten jedoch weiterhin besondere Vorschriften. „Kürzlich hatte ich die erste Chorprobe mit meinem Gospelchor seit März 2020. Wir haben im Freien geprobt. Wirklich schön ist das nicht, weil die Akustik dort ein Problem ist. Man hört sich gegenseitig nicht, weil man ja zusätzlich Abstand halten muss. Für Konzertproben ist das absolut nicht zielführend. Ich kann mich nur damit trösten, dass ich ihnen auf diese Weise die Möglichkeit gegeben habe, wieder zu singen“, erzählt Katharina Bereiter. Eine hohe Fluktuation aufgrund der langen Pause sieht sie bei ihren Chormitgliedern nicht. Viele hätten sehnsüchtig darauf gewartet, wieder singen zu dürfen.

In Innenräumen sind die Schutzmaßnahmen kompliziert und hängen von der Raumgröße ab – in vielen Gemeinden sind daher Proben größerer Gruppen noch gar nicht möglich. Zumal man mehr Abstand halten muss als im Gottesdienst. „Die Regeln ändern sich andauernd, was das Ganze noch schwieriger macht. In Gottesdiensten darf man zwar wieder singen, aber nur mit Maske. Bis zu sechs Sänger oder Musiker durften im Gottesdienst auftreten – allerdings mit Abstand und abhängig von der Raumgröße. Die meisten Kirchen im Dekanat sind so klein, dass nur eine Sängerin oder Orgelmusik möglich war“, erklärt sie. Die „Gewinner“ in dieser Situation seien die Posaunenchöre, da mit ihnen vieles möglich sei. „Seit Anfang des Jahres dürfen wieder bis zu sechs Bläser für Gottesdienste proben. Aufgrund der Pandemie haben viele Kirchengemeinden verstärkt auf Freiluftgottesdienste mit Begleitung von Posaunenchören gesetzt. Für die erste Freiluft-Probe meines Bläserkreises hier in Hofheim gab es sogar Applaus aus der Nachbarschaft. Inzwischen wechseln wir die Probenorte, damit wir nicht immer dieselben Menschen beschallen“, schmunzelt Katharina Bereiter.

Komplett zum Erliegen gekommen ist in ihren Hofheimer Gemeinden leider die Kinder-Chor-Arbeit. „Die Kinder dürfen auch in den Schulen noch nicht wieder singen. Für sie ist es schwierig, Abstand zu halten und sie sind ja auch nicht geimpft. Noch dazu werden in einem Chor immer mehrere Schulen und KiTas gemischt. Da verbietet es sich für mich“, so Bereiter. Da die großen Kinder aber naturgemäß jetzt nicht mehr dabei seien, müsse sie sowieso mit den übrig gebliebenen wieder neu beginnen und gleichzeitig neue KiTa-Kinder gewinnen, sobald das wieder möglich sei. Einen Schaden genommen habe ebenso das Jahr der Orgel, das eigentlich in diesem Jahr mit vielen Veranstaltungen und Konzerten gefeiert werden sollte. „Konzerte durften bisher noch nicht wieder stattfinden – die Orgelmusik ist daher leider allein auf Gottesdienste beschränkt. Auch der Orgelunterricht gestaltete sich durch die Abstands- und Hygieneregeln besonders für Anfänger schwierig“, ergänzt sie.

Ihre Arbeit als Dekanatskantorin gestaltete sich im vergangenen Jahr aus diesen Gründen ganz anders als sonst. Chorprojekte und Konzerte in Präsenz mussten ausfallen. Sie und andere Kirchenmusikerinnen und -musiker im Dekanat fanden jedoch andere, digitale Wege, um die Menschen weiterhin mit ihrer Musik zu erreichen. Ihre bekannte Veranstaltungsreihe „Psalmenwege“ verfilmte Katharina Bereiter kurzerhand und veröffentlichte sie im Internet. Mithilfe des interaktiven Online-Gottesdienst-Formats „sublanTV“ bietet sie seit mehr als einem Jahr außerdem gemeinsam mit ihrem Mann „Wohnzimmer-Wunschkonzerte“ aus ihrem Haus in Hofheim an. Interessierte können über das Internet nicht nur zuhören und -schauen, sondern auch aktiv Musikwünsche äußern. „Das ersetzt natürlich kein Live-Konzert. Gerade am Anfang ist es sehr ungewohnt, weil man die Reaktionen der Zuschauer ja nicht mitbekommt. Aber es war trotzdem eine schöne Erfahrung und die Rückmeldungen der Leute waren sehr positiv“, so Bereiter. In Zukunft werde sie diese Formate wahrscheinlich so nicht mehr umsetzen, da seien ihr richtige Konzerte doch wesentlich lieber. Ein weiteres Projekt, das sie während der Pandemie begonnen hat, ist das Aufzeichnen von Video-Portraits aller Orgeln im Dekanat. Auf diese Weise können sich Organisten ein Bild von den Eigenheiten der Orgeln machen, bevor sie darauf spielen.



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