Klimaschutz ist kein lästiges Insekt, das man wegwedelt

Hochtaunus (ab). Mit diesem Beitrag endet die kurze Serie der Interviewzusammenfassungen. Es war eine spannende Sache, den Kontakt zu den sicher terminlich sehr eingespannten Kandidaten herzustellen und deren Positionen zum Klimaschutz zu erfragen. Sehr erfreulich, dass fast alle sich hierfür die Zeit genommen haben, zum Teil sehr ausführlich antworteten und auf weitere Quellen wie Wahlprogramme hinwiesen.

Zunächst einmal fällt auf, dass alle Befragten dem Klimaschutz auf Ebene des Europäischen Parlaments eine hohe Bedeutung beimessen und die Gefahren des Klimawandels sowohl im globalen wie auch im regionalen Kontext ernst nehmen. Interessant ist, mit welchen Abwägungen dann Handlungsansätze vorgeschlagen werden: wirtschaftsorientiert die einen, sozial ausgleichend die anderen, konsequent ökologisch wieder andere. Das macht deutlich: Die Bürger der EU haben am 26. Mai eine echte Auswahl. Neben Freien Wählern, Grünen, SPD, CDU und FDP stehen weitere 36 Parteien und Bündnisse auf den Wahlzetteln. Aufgrund der niedrigen Erfolgsschwelle von nur etwa 0,5 Prozent Stimmanteil bietet das Europäische Wahlrecht eine besonders günstige Ausgangslage für kleine Parteien – für die Wähler also durchaus eine Möglichkeit, neue Gesichter nach Brüssel zu schicken. Wettbewerb belebt ja bekanntlich das Geschäft…

Beim Klimaschutz gilt wie bei vielen anderen Themen einer globalisierten Welt: Kein Land kann die Lösung ganz allein bestimmen. Es ist unbestreitbar sinnvoll, mit den europäischen Nachbarn ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen und die damit verbundenen Lasten fair zu verteilen. Wer mit schriller Stimme einfache Lösungen präsentiert, wird sicherlich den Herausforderungen des Klimawandels nicht gerecht und auch sonst oft wenig Konstruktives in Brüssel bewerkstelligen. Aber auch anders herum gibt es einen aus Sicht des Klimas gefährlichen Populismus: Das ist die angestrengte Suche nach dem allerkleinsten und spätestmöglichen gemeinsamen Nenner. Mit der Parole „Nur wenn die anderen auch und mindestens genauso viel wie wir…“ ist klimapolitisch der Untergang vorprogrammiert – das ist eine physikalisch-politische Gewissheit. Es ist eine Binse, auf die seit Jahren hingewiesen wird: Eine Wirtschaftsweise, die global gesehen immer schneller immer mehr Ressourcen verschlingt, ist auf einer endlichen Welt nicht zu überleben. Die Wirtschaftspolitik lässt sich ändern, die physikalischen Naturgesetze aber nicht.

Hier eiern auch die meisten befragten Kandidaten herum – ich unterstelle mal, dass diese „unbequeme Wahrheit“ (Doku-Film mit Al Gore aus dem Jahr 2006) allen bekannt ist. Also ist das Wachsweiche vielleicht der Sorge vor dem Unwillen der Wählerschaft geschuldet: Wer unbequeme Wahrheiten ausspricht oder unbequeme Konsequenzen ankündigt, wurde bislang oft an der Wahlurne abgestraft. Als ginge es hier nicht um unsere Lebensgrundlagen, sondern um ein lästiges Insekt, das man wegwedelt. Wir als Wähler müssen wohl einsehen, dass dies keine Option für den 26. Mai ist. Und auch sonst bei keiner Wahl, egal ob in der Wahlkabine, im Supermarkt, im Reisebüro, im Autohaus oder vor dem Online-Shop. Wie sagt Erich Kästner? „Es gibt nichts Gutes, außer: man tut (wählt) es!“



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