Mit Schreiben und Malen durch die schwere Zeit

Hochtaunus (how). Kunst und Literatur beflügeln die Seele und können eine heilende Wirkung haben. Diese Erfahrung können Krebspatienten machen, die an zwei ungewöhnlichen Kreativ-Projekten des „Fördervereins Onkologie der Hochtaunus-Kliniken – Die Lebensqualität im Fokus“ (LIF) teilnehmen. Ein kleiner Lichtblick in schwierigen Zeiten, denn an Krebs erkrankte Menschen leiden immens unter den psychischen Folgen der monatelangen Isolation. Während die sportlichen Gruppen-Angebote des Vereins wie Bewegungstherapie, Onkowalking oder Yoga pandemiebedingt in den vergangenen Monaten ruhen mussten, stellte sich der Vorstand des im Herbst 2018 von Klinikärzten gegründeten Vereins die Frage: „Was können wir tun, um den Patienten trotz der Pandemie etwas anbieten zu können?“ Die Lösung: „Damit wir aktiv bleiben konnten, haben wir unsere Kunst-Therapie mit Einzel-Terminen an Bord behalten und mit der kreativen Schreibwerkstatt zudem um ein neues Projekt bereichern können“, schildert Vereinsvorsitzende Dagmar Giesecke.

Aus eigener Erfahrung weiß Sonja Marusczyk, dass Schreiben hilft, „Erlebtes zu verarbeiten“, erzählt die gebürtige Österreicherin im Gespräch. „In dem Moment, in dem man etwas niederschreibt, muss man es gedanklich sortieren und einordnen. Das erleichtert es, Erlebnisse emotional aufzuarbeiten und besser zu verstehen“, beschreibt sie das Prinzip ihres kreativen Schreibprojekts, das sie seit Anfang 2020 bei LIF anbietet. „Ich fing mitten in der Corona-Zeit an“, erinnert sie sich. Glücklicherweise ist Schreiben nicht an einen physischen Treffpunkt gebunden. „Man kann überall schreiben und überall lesen. Auf diese Weise funktioniert der Austausch mit den Teilnehmerinnen völlig unkompliziert.“

Drei Frauen sind es, die sie derzeit bei der Schreibtherapie begleitet. Sonja Marusczyk spricht bewusst von „begleiten: „Ich gebe die handwerklichen Tipps. Ob Prosa, Fiktives, Biografisches oder Lyrik – die kreative Umsetzung bleibt den Schreibenden überlassen“, ergänzt Marusczyk, die seit ihrer Kindheit Erlebnisse aufschreibt und sich zum Ziel gemacht hat, andere Menschen für das Schreiben zu begeistern. „Ich finde es sehr wichtig, dass die Damen schreiben, und hoffe, ein Meilenstein für deren Genesung zu sein, auch wenn das nicht vordergründig sichtbar ist. Ich spüre aber ihren Spaß und die Freude am Schreiben und den Lebensmut.“ Auch wenn es Zukunftsmusik ist, träumt sie davon, „irgendwann nach Corona-Zeiten eine Lesung in der Klinik auf die Beine stellen zu könnten. „Vielleicht könnte man das sogar mit einer Kunstausstellung verbinden.“ Die passenden Werke könnten die Teilnehmer der Kunsttherapie beisteuern. Die Frankfurter Künstlerin und Kunsttherapeutin Dana Zeisberger leitet dieses Projekt von LIF seit knapp zwei Jahren und ist froh, „dass ich in Einzelstunden auch während der Pandemie weitermachen konnte“.

Während beim Schreiben das Wort im Mittelpunkt steht, ist es bei der Kunsttherapie das Visuelle. „Gefühle, die man nicht verbal äußern kann, werden sichtbar. Das regt heilsame Prozesse im Fühlen, Denken und Handeln an. Ziel ist es, durch Malen und Zeichnen neue, andere Sichtweisen zu erproben“, sagt Dana Zeisberger. Wie und mit welchen Materialien sie kreativ werden, entscheiden die Teilnehmer selbst: Auf diese Weise entstehen nicht nur Gemälde oder Zeichnungen, sondern auch Installationen oder Tonarbeiten. So unterschiedlich die Arbeitsweisen, so unterschiedlich sind auch die Motive: „Viele Bilder von Palliativpatienten wirken auf den Betrachter oft leer – wenn die Menschen keine Vorstellung von ihrer Zukunft haben. Man findet oft auch Segelboote, die den Aufbruch zu anderen Ufern symbolisieren.

Daneben spielen Blumen und Landschaften eine Rolle. Sie werden häufig mit Erinnerungen verknüpft“, erklärt Dana Zeisberger, die mehrere Jahre lang am Universitätsklinikum Marburg in der Psychosomatik sowie im palliativen Bereich gearbeitet hat. Die Idee einer gemeinsamen Ausstellung mit einer Lesung gefällt ihr gut. „Das hängt allerdings auch von Patienten ab.“ Konkret hat sie sich als Zukunftsprojekt vorgenommen, mit ihren Teilnehmern Weihnachtskarten zu gestalten.

Onkologie- und Palliativpatienten, die sich für die Kunsttherapie des Fördervereins LIF interessieren, können sich bei Dana Zeisberger melden, die per E-Mail an mail[at]kunsttherapie-danazeisberger[dot]de zu erreichen ist. Wer schreiben möchte, kann Sonja Marusczyk unter Telefon 0151-52450673 anrufen oder ihr eine E-Mail an sonja-marusczyk[at]t-online[dot]de senden.

Mit einer pandemiebedingten Verspätung von zwölf Monaten wird der Förderverein am Donnerstag, 15. Juli, seine Jahreshauptversammlung nachholen, bei der auch ein neuer Vorstand gewählt wird. Klinik-Seelsorgerin Christine Walter-Klix und der Neurochirurg Dr. Stephan Dützmann haben ihre Bewerbungen eingereicht. Beginn der Sitzung ist um 19.30 Uhr im Tanzsaal im EG der Homburger Turngemeinde 1846 am Niederstedter Weg 2.

Es wird um Anmeldung gebeten. Die Teilnehmer werden am Eingang aufgefordert, schriftlich mitzuteilen, ob Sie genesen, vollständig geimpft oder aktuell getestet sind. Der Einsatz der Luca App ist vorgesehen. Auch interessierte Sponsoren und Nicht-Mitglieder sind nach vorheriger Anmeldung willkommen.



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