Schutzgemeinschaft Deutscher Wald fordert umfangreiche Waldrettungsmaßnahmen

Hessen (kb) – Nach den extrem trockenen und heißen Sommern 2018 und 2019 fehlten dem Wald nach Information des Landesverbandes der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) durchschnittlich mehr als 200 Liter/Quadratmeter Regen im Jahr (mancherorts bis zu 300 Liter!).

Waldzustand sehr schlecht

Bis Juni diesen Jahres waren laut SDW bundesweit rund 120.000 Hektar Wald flächig abgestorben. Auch in Hessen seien geschätzte 15.000 Hektar Wald tot – und diese Fläche nehme täglich zu. Doch auch in den geschlossenen Waldbeständen seien viele Bäume abgängig, wobei es sich nicht nur um Fichten handele. Auch Kiefern, Buchen und Eichen würden auf Grund des fehlenden lebensnotwendigen Wassers absterben. Besonders beängstigend ist nach Angaben der Schutzgemeinschaft die Geschwindigkeit, mit denen die Schäden zunehmen. Diese Entwicklung sei deutlich gravierender als zu Beginn des „Waldsterbens“ Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist es, so die Gemeinschaft von engagierten Waldschützern, dem Klimawandel entgegenzutreten, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Zum öffentlichen Ziel müsse daher erklärt werden, den Wald zu mehren und ihn so als Klimasenke (das Holz jeden Baumes ist ein kostenloser und extrem effizienter CO2-Speicher) zu nutzen. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) – Landesverband Hessen e.V. fordert ein umfassendes Neuaufforstungsprogramm für Klimawälder in Hessen. Neben den Tropen habe Mitteleuropa die besten und produktivsten Waldstandorte. Deshalb müssten auch hier bei uns neue Klimawälder gepflanzt werden.

1.000 Hektar Klimawälder

Der Wald brauche daher dringend Hilfe. Die SDW fordert deswegen vom Land ein umfangreiches Hilfsprogramm, das ausreichend finanziell ausgestattet ist und ein sehr schnelles Reagieren ermöglicht. Getragen wird das Notprogramm von den drei Zielsetzungen: Erhalt und Stabilisierung – Waldmehrung mit Klimawäldern – Vitalisierung durch Vermeidung von Stressfaktoren (insbesondere Wasserentzug).

15 Forderungen

Auflegung eines Sofortprogramms für die Wiederaufforstung aller durch die Katastrophenjahre 2018 und 2019 (und folgende Jahre) entwaldeten Flächen. Bereitstellung von umfangreichen finanziellen Hilfen hierfür – bis zur Sicherung der jungen Waldbestände.

Reaktivierung von Pflanzgärten zur forstlichen Pflanzenproduktion – Umfangreiche sofortige Ausweitung der Pflanzenproduktion insbesondere auch für sogenannte klimatolerante Baumarten.

Bereitstellung öffentlicher Flächen und Finanzmittel für Neuaufforstungen (Waldmehrung) und Übernahme der Kosten für die Neuaufforstungen dieser Klimawälder durch das Land.

Auflegung eines Aufforstungsprogrammes für Klimawälder auf privaten Flächen zur CO2-Bindung–Aufforstung von unproduktiven landwirtschaftlichen Standorten mit geringer Ertragsmesszahl. Diese Flächen sollten aus der Klassifizierung „landwirtschaftliche Vorrangfläche“ in der Regionalplanung entlassen werden – Abbau von anderen rechtlichen Hindernissen für Neuaufforstungen.

Neueinrichtung einer hessischen Aufforstungsagentur für Klimawälder: Flächenakquise, rechtliche Bereitstellung und Sicherung, Hilfe und Beratung bei der Förderung, Umsetzung durch Dienstleister (Grundeigentümer müssen nur die Flächen zur Verfügung stellen und erhalte gegebenenfalls Ertragsausfälle). Als seit Jahrzehnten bewährte Vorlage kann hier die vom Land Sachsen getragene Stiftung „Wald für Sachsen“ dienen.

Baumartenreiche Aufforstung mit mindestens 5, besser bis zu 10, verschiedenen Baumarten, um vielfältige und klimastabile Waldbestände zu erhalten (gilt für die 15.000 Hektar Schadensfläche sowie für die neuen Klimawälder). Fällt eine Baumart aus, bleibt der Wald dennoch stehen und bricht nicht – wie aktuell viele Fichtenreinbestände (Monokulturen) – zusammen. Ausreichende Berücksichtigung auch bisher nicht heimischer und klimastabiler Baumarten.

Landesweites Moratorium für alle Eingriffe in den Wald und alle Waldrodungen. Eingriffe in den Wald haben unmittelbare Auswirkungen auf den Klimaschutz, weil zusammenhängende Waldflächen zerschnitten und fragmentiert werden. Maßgabe: Erhalt der zusammenhängenden Waldgebiete ohne weitere Zerschneidungen und Verinselungen. Aussetzung aller Waldrodungen. Bau von Windenergieanlagen nur noch außerhalb des Waldes. Alternativenprüfung für alle bereits genehmigten, aber nicht ausgeführten Waldeingriffe unter besonderer Gewichtung der klimatischen Waldbedeutung. Hierfür Änderung des Raumordnungsgesetzes und gegebenenfalls anderer Gesetze.

Umfangreiches Regenrückhalteprogramm im Wald zur Vorsorge für Starkregenereignisse (Bau von kleinen Retentionsbecken an Gräben und Wegen). Nutzung aller Maßnahmen, um Wasser im Wald zu halten.

Prüfung aller bestehenden Wassergewinnungsanlagen im Wald und in Waldnähe auf ihre Verzichtbarkeit. Prüfung möglicher Alternativen (auf landwirtschaftlicher Fläche und ufernahe Gewinnung - sogenanntes Uferfiltrat). Ansonsten Schließung dieser Brunnen im Wald – insbesondere im Hessischen Ried. Wiedereinführung eines „Wasserpfennigs“ zur Finanzierung der Lebensraumrenaturierungen.

Verbrauchsortnahe Wassergewinnung außerhalb von Wäldern. Neubau von Wohngebieten nur wenn die Wasserversorgung vor Ort erfolgen kann (auch und gerade in den Ballungsräumen). Gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung von Brauchwassersystemen bei allen Neu- und Umbauten.

Erstellung einer Klimabilanz für alle öffentlichen Vorhaben. Überprüfung aller öffentlichen Ausgaben und Vorhaben auf ihre Klimaverträglichkeit und Darstellung ihrer Ausgleichbarkeit.

Erstellung einer Klimabilanz für alle öffentlichen Bauvorhaben inklusive einer Alternativenprüfung für das verbindliche Bauen mit Holz und Holzprodukten.

Klimabilanzierung von Flächenstilllegungen im Wald und Erstellung eines umfassenden Artenmonitorings auf diesen Flächen. Regelmäßige Kontrolle über den Erfolg derartiger Maßnahmen für Natur- und Artenschutz insbesondere unter dem Aspekt des Biodiversitätsverlustes durch den Klimawandel. Differenzierte Betrachtung wirklich geeigneter Waldstandorte. Pauschale Waldstilllegungen tragen nicht zum Klima- und Artenschutz bei.

Umfangreiche Personalaufstockungen bei HessenForst und allen öffentlichen Forstverwaltungen (inklusive Städte und Kommunen), um das zwingende öffentliche Interesse, den Wald zu erhalten, seinen Bestand zu stabilisieren und seine Fläche im Sinne des Klimaschutzes zu mehren, zu garantieren.

Die Landesverwaltung hilft dem hessischen Wald. Kurzfristige und zeitlich befristete Beauftragung von Beamten und Angestellten des Landes anderer Verwaltungszweige zur Übernahme von Aufgaben der Forstverwaltung und somit zur Entlastung von Förstern von waldfremden Aufgaben. Forstleute sollen sich verstärkt um die Aufgabe des Walderhalts und der Waldmehrung kümmern können.



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