ORT:
Schwalbach (MS). Vollkommen gegensätzliche Beurteilungen der Schwalbacher Finanzsituation traten am vergangenen Donnerstag bei der Debatte über den Haushalt 2025 in der Stadtverordnetenversammlung zu Tage. Während SPD und CDU die Lage für dramatisch halten, sehen Grüne und FDP keinen Grund, in Panik zu verfallen.
Der Dissenz hatte bereits im vergangenen Herbst dazu geführt, dass Kämmerer Thomas Milkowitsch (CDU) seinen Entwurf und das von ihm erdachte Haushaltssicherungskonzept erst im November durch den Magistrat brachte und die Stadtverordneten nun den Haushaltsplan für ein Jahr berieten, das bereits zu einem Viertel vorbei ist. Mit der Zustimmung zum Haushalt durch SPD und CDU ist nun der erste Schritt getan. Doch so lange Landrat Michael Cyriax (CDU) das Zahlenwerk nicht genehmigt hat, kann Schwalbach weiterhin nur das Nötigste ausgeben.
Thomas Milkowitsch kommt das entgegen. Schon 2024 hat er ein paar Millionen einsparen können, weil die Genehmigung aus Hofheim erst im Spätsommer kam und viele geplante Ausgaben schlichtweg liegen blieben.
Seinem Spardiktat unterwarf sich die Mehrheit der Stadtverordneten nur ungern. Die CDU war noch am ehesten bereit, „ihrem“ Kämmerer zu folgen, der mit einem Haushaltssicherungskonzept bis 2028 außerordentlich hart sparen will. Vor allem die geplante Reduzierung der freiwilligen Leistungen in Millionenhöhe dürfte beinahe für jeden Bürger und für jede Bürgerin deutlich spürbar werden. Doch weil die Gewerbesteuereinnahmen nun einmal von 27 Millionen Euro im Jahr 2024 auf neun Millionen Euro zusammengebrochen sind, hält die CDU die harten Maßnahmen für alternativlos. „Wir geben mehr aus als wir einnehmen, daher brauchen wir eine strikte Ausgabendisziplin“, sagt Fraktionsvorsitzende Katrin Behrens. Den Schlüssel zur Überwindung der Finanzkrise sieht sie aber nicht in Steuer- und Gebührenerhöhungen, sondern in einer Steigerung der Einnahmen durch gezielte Wirtschaftsförderung. „Da muss endlich etwas passieren“, mahnte sie und bedauerte, dass sich die CDU nicht durchsetzen konnte, die derzeit vakante Stelle des Wirtschaftsförderers künftig höher zu dotieren. „Geht man davon aus, dass die Einnahmen durch Nichtstun steigen?“, fragte Katrin Behrens. Insgesamt hätte sie sich bei den Haushaltsberatungen „mehr Weitsicht und Rationalität“ gewünscht, auch wenn die CDU dem Haushalt zustimme.
„Zeit zum Sparen ist gekommen“
Das tat auch die SPD, die dennoch auf Konfrontation mit ihrem ehemaligen Koalitionspartner ging. „Die Anträge der CDU waren eine Enttäuschung“, rief Fraktionsvorsitzender Eyke Grüning. Die Christdemokraten hätten in den Beratungen nur Allgemeinplätze vertreten. Kein einziger Vorschlag sei mit konkreten Zahlen oder konkreten Haushaltsstellen hinterlegt gewesen. Grundsätzlich war für Eyke Grüning klar: „Die Zeit ist gekommen, dass wir sparen müssen.“
Dennoch wollte auch seine Fraktion nicht allen Grausamkeiten folgen, die Thomas Milkowitsch aufgeschrieben hatte. Die drastische Reduzierung der freiwilligen Leistungen milderten die Sozialdemokraten ebenso ab wie die harten Einschnitte bei der Kulturkreis GmbH, die diese an den Rand der Existenz gebracht hätten. Insgesamt sprach Eyke Grüning von einem „echten Sparhaushalt“, der eigentlich von allen getragen werden könnte. „Der Haushalt verteilt die Einsparungen fair auf viele Schultern“, sagte er.
Das sah Stephanie Müller von „FDP und Freie Bürger“ ganz anders: „Die Umsetzung der Einsparungen ist kurzfristig und sozial unausgewogen. Das trifft das Rückrat des gesellschaftlichen Lebens“, erklärte sie. In den Augen der Liberalen fehlt jede Diskussion, wie die Verwaltung effizienter aufgestellt werden kann und wie Schwalbach systematisch mit den anderen Städten im östlichen Main-Taunus-Kreis zusammenarbeiten kann. Viele der Sparmaßnahmen wirken für Stephanie Müller „ideologisch geprägt“. Außerdem vermisst sie „Etatwahrheit und -klarheit“. „Ist die finanzielle Lage wirklich so dramatisch?“, zweifelte sie in Richtung Thomas Milkowitsch. Für „FDP und Freie Bürger“ sind die Zahlen jedenfalls nicht „vollständig nachzuvollziehen“.
„Das Schlechtreden hat System“
Ins gleiche Horn blies Thomas Nordmeyer für die Grünen. „Das Schlechtreden der Haushaltslage hat System und führt zu schlechten Entscheidungen“, erklärte er. Auch wenn jetzt Gewerbesteuer fehle, dürfe man nicht panisch entscheiden. „Selbstverständlich müssen wir bei den Ausgaben genau hinschauen, aber wir haben immer noch ein Sparvermögen von 70 Millionen Euro und jährliche Einnahmen von 50 Millionen Euro.“
Auch die Grünen sehen das Problem vor allem auf der Ausgabenseite. Allein die Idee Feuerwehr und Bauhof zusammen zu legen, koste zehn Millionen Euro zusätzlich. Auf 1.000 Einwohner gerechnet benötige Schwalbach in der Verwaltung zwei Mitarbeiter mehr als die Nachbarstädte. Aus Sicht der Grünen ist das Haushaltssicherungskonzept „nicht notwendig“. Stattdessen wäre es Aufgabe von Thomas Milkowitsch und Bürgermeister Alexander Immisch gewesen, einen „ordentlichen“ Haushalt aufzustellen.
Am Ende sprachen sich 13 Stadtverordnete der SPD und 9 Abgeordnete der CDU für den Haushaltsplan aus. Die Grünen und „FDP und Freie Bürger“ votierten mit elf Stimmen dagegen. Ähnlich sah es beim Haushaltssicherungskonzept aus. Unterm Strich weißt der beschlossene Haushalt eine Lücke von rund 19 Millionen Euro auf. Ob dieses Defizit am Ende tatsächlich realisiert wird, ist allerdings offen.
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