Freundschaft via Bildschirm

Videoübertragung im Bürgerhaus mit Sigrid Hilbig, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, im Vordergunrd links. Foto: HB

Steinbach (HB). Zwischen der Gemeinde im Vortaunus und der Loire-Kommune Saint Avertin liegen 870 Kilometer. Doch vergangene Woche überbrückte eine Videoschaltung die Distanz und erneuerte die Städtepartnerschaft via Internet. Eigentlich sollte im Steinbacher Bürgerhaus in drei Wochen mit einer rauschenen Ballnacht 40 Jahre Jumelage gefeiert werden, doch wegen Corona sind die Festtage auf das kommende Jahr verschoben worden. Solange wollte Sigrid Hilbig aber nicht warten. Die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins lud deshalb morgens um 10 Uhr die Aktivposten der Freundschaft mit der Weinbaugemeinde ins Bürgerhaus. Vorne saßen die Honoratioren, die sich mit dem Bürgermeister an der Spitze vor dem Bildschirm platzierten, auf den die Parallelveranstaltung im Rathaus von Avertin übertragen wurde. In Frankreich herrscht bei solchen Anlässen strikte Maskenpflicht. In Steinbach ging es ohne, aber mit Abstand.

Gelebte Partnerschaft

Es wird wohl Zeit, dass sich die Bürgermeister persönlich kennenlernen. Steffen Bonk und Laurent Raymond sind in dem Job „Newcomer“ und hoffen nunmehr auf den Weihnachtsmarkt, den der Magistrat fest im Visier hat. Jean-Claude Marcadie, der dem Jumelage-Komitee vorsteht, war in der Kirchgasse Stammgast und möchte Sigrid Hilbig dort bei einem trockenen Franzosen gerne wieder treffen. In den 40 Jahren sind zahlreiche Freundschaften enstanden – Beispiele für gelebte Partnerschaft, an deren Ursprung Klaus Döge erinnerte, als er mit dem Bürgermeister zum ersten Male nach Saint Avertin aufbrach. „Wir fahren nach Frankreich,“ gab Walter Herbst dem Vereinsring-Vorsitzenden am Telefon kund. Nach einer Irrfahrt durch Paris, erreichte die kleine Delegation tatsächlich das Ziel. Zuvor hatten Steinbacher Schüler der IGS Stierstadt über schöne Tage mit französischen Jugendlichen berichtet und damit den Anstoß für die Partnerschaft gegeben, die am 20. September 1980 besiegelt wurde.

Man sah im Bürgerhaus winkende Avertinianer, hörte bekennende Jumelage-Anhänger, vernahm lauter nette Botschaften über die lieben Steinbacher, und die antworteten – wie Heidrun Mühle – auch auf Französisch. Die stellvertretende Vorsitzende des Geschichtsvereins besuchte Avertin 1981 in Begleitung ihrer Tochter. Mittlerweile war sie zehn mal dort. Für Stadtrat Norber Möller ist eigens eine Dusche vergrößert worden, damit er bei alten Freunden übernachten kann. Sein Magistratskollege Lars Knobloch berichtete über ausgelassene Feste beim Besuch der Fußballer: „Wir haben mit Sektkübeln auf dem Kopf auf der Bühne getanzt.“ Er war damals 18. Sigrid Hilbig erzählte, sie habe 2012 den noch nicht fertigen Place de Steinbach besichtigt. Unterdessen hat sogar eine Steinbacher Kulturwoche die Bindung gestärkt. Es sei gut für Europa, wenn Deutsche und Franzosen „Seite an Seite marschieren“, meinte Bürgermeister Steffen Bonk. Kollege Raymond gab einem Jugendprojekt das Wort, um den „jungen Leuten Hoffnung zu geben.“ Daran wird gearbeitet und im nächsten Jahr werden wohl die Grundzüge festgezurrt, um 2022 ein erstes Treffen zu organisieren, das wahrscheinlich vor allem Sportler zusammenführen wird.

Stadtverordnetenvorsteher Manfred Gönsch brachte die Stimmung auf den Punkt. „Man fühlt sich in Saint Avertin Zuhause, man gehört zusammen.“ Wenn die beiden Abordnungen nächstes Jahr in Steinbach mehrere Biere sammen trinken, dann werden sie sich auch auf dem St. Avertin-Platz neben dem Bürgerhaus versammeln und auf der Boulebahn im Thüringer Park eine ruhige Kugel schieben. Dann weht in Steinbach die Tricolore, wie vergangene Woche vor dem Bürgerhaus. Hoffentlich.

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